Robert Habeck stellt die Konjunkturprognose vor

Deutsche Wirtschaft schrumpft Regierung rechnet auch 2024 mit Rezession

Stand: 09.10.2024 15:51 Uhr

Die Bundesregierung hat ihre Konjunkturprognose deutlich nach unten korrigiert: Sie geht nun von einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent in diesem Jahr aus. Es wäre das zweite Rezessionsjahr in Deutschland.

Deutschland sei "ein Land voller Stärken und voller Stärke" - so begann Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck heute die Vorstellung der Herbstprojektion in Berlin, die dann allerdings erstmal die Schwächen der deutschen Wirtschaft hervorhob. Denn die Bundesregierung rechnet für dieses Jahr mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent. Damit korrigiert sie ihre Frühjahrsprognose zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts deutlich nach unten. Im Frühjahr war die Regierung noch von einem leichten Plus von 0,3 Prozent ausgegangen. 

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seien im Moment nicht zufriedenstellend, sagte Habeck. Fehlende Innovationsbereitschaft sei das größte Problem für die deutsche Wirtschaft.

Damit steckt die deutsche Wirtschaft in der Konjunkturkrise fest: Bereits im vergangenen Jahr war die Wirtschaftsleistung preisbereinigt um 0,3 Prozent zurückgegangen. Zwei Rezessionsjahre in Folge gab es für die deutsche Wirtschaft zuletzt 2002 und 2003. Als Reaktion führte die damals regierende rot-grüne Regierung umfassende Arbeitsmarktreformen durch, die Experten zufolge die Wende einleiteten.

Tina Handel, ARD Berlin, zur Herbstprognose der Bundesregierung

tagesschau24, 09.10.2024 15:00 Uhr

Hilft das Wachstumspaket?

Ein wichtiges Instrument, um Deutschland aus der aktuellen Krise zu führen, sei das Wachstumspaket der Ampel-Regierung mit Steuererleichterungen, Arbeitsanreizen und Strompreis-Vergünstigungen, sagte der Bundeswirtschaftsminister. "Wenn sie umgesetzt werden, und zwar vollständig, dann wird die Wirtschaft stärker wachsen, wieder mehr Menschen in Arbeit kommen", so Habeck. "Deshalb müssen die Maßnahmen der Wachstumsinitiative jetzt entschlossen von allen umgesetzt werden."

Außerdem schlägt der Wirtschaftsminister zusätzliche Maßnahmen vor: Eine deutliche Senkung der Netzentgelte und Bürokratieabbau zum Beispiel beim Datenschutz. "Maßgabe sollte sein: Nur was in der Praxis als Erleichterung ankommt, zählt", sagte Habeck.

Erholung wohl erst 2025

Mit diesen Maßnahmen soll die Wirtschaft aus der Krise geführt werden: Für das kommende Jahr ist die Bundesregierung etwas optimistischer und erwartet ein Plus von 1,1 Prozent.

Sie hofft, dass dann der private Konsum wieder anzieht und auch mehr Industrieprodukte im Ausland gekauft werden. Dann könnten sich die deutschen Firmen wieder mehr Investitionen zutrauen. 

Streit über die Schuldenbremse

Habeck sprach sich außerdem für eine Reform der Schuldenbremse aus. Das wirksamste und schnellste Instrument für mehr Wachstum seien Investitionsanreize, sagte der Grünen-Politiker. Hier setze die Schuldenbremse in den Landesverfassungen und im Bundeshaushalt jedoch Grenzen. "Wenn es dort mehr Spiel geben würde, würden wir als Volkswirtschaft wirklich einmal aus dem Quark kommen", so der Minister. 

Unterstützung kam vom Ökonomen Achim Truger, Mitglied im Sachverständigenrat Wirtschaft, den sogenannten "Wirtschaftsweisen": Die Bundesregierung solle "eine Notlage erklären und die Schuldenbremse aussetzen", sagte Truger den Sendern ntv und RTL. Dies sei angesichts der "dramatischen" konjunkturellen Lage gerechtfertigt. 

Dagegen positionierte sich die FDP. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte der Nachrichtenagentur dpa, es sei wichtig, mit der Illusion aufzuräumen, "maßlose Schulden könnten unsere Wirtschaft wiederbeleben". Auch FDP-Chef Christian Lindner forderte einen Kurswechsel in der deutschen Wirtschaftspolitik statt Änderungen an der Schuldenbremse: "Mit Bürokratie und Steuerlast, aber - offen gesagt - auch mit planwirtschaftlichem Klimaschutz und ansteigender Umverteilungspolitik wurde unsere Wirtschaft über Jahre gefesselt."

"Niedergang ist hausgemacht"

Kritik an Habeck kommt derweil aus der Wirtschaft. Der Verband der Familienunternehmer forderte eine Senkung der Unternehmenssteuern. Die Energiepolitik müsse neu aufgestellt werden, die Sozialversicherungen brauchten Reformen. "Keine andere Industrienation steckt in der Rezession fest, dieser Niedergang ist hausgemacht", sagte Verbands-Präsidentin Marie-Christine Ostermann.

Die Bilanz von Wirtschaftsminister Robert Habeck sei größtenteils desaströs. Er dürfe nicht schweigen zu der "Explosion der Lohnzusatzkosten", also steigenden Beitragssätzen in der Pflegeversicherung und für das Rentensystem.