Kritik an Herabstufungen S&P verteidigt sich, Schäuble legt nach
Standard & Poor's hat sich gegen Vorwürfe gewehrt, mit der Herabstufung von Euro-Ländern politische Interessen verfolgt zu haben. Es gebe keine politische Agenda, betonte Europachef Krämer. Die Kritik lässt aber nicht nach: Finanzminister Schäuble forderte weniger Macht der Agenturen.
Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) hat nach der Herabstufung von neun Euroländern die Kritik an ihrer Arbeitsweise zurückgewiesen. "Es handelt sich nicht um politische Einflussnahme, wir haben keine politische Agenda", sagte S&P-Europachef Moritz Krämer im Deutschlandfunk. Die Agentur erfülle lediglich ihren Auftrag. "Unsere Aufgabe ist es, Kreditrisiken zu analysieren und unsere Meinung zu veröffentlichen", fügte er hinzu.
Krämer wehrte sich auch gegen der Vorwurf S&P handele zu Gunsten der angelsächsischen Länder: Man habe schließlich auch den USA im vergangenen Herbst das Top-Rating AAA entzogen.
S&P hatte am Freitag die Kreditwürdigkeit von neun der 17 Eurostaaten herabgestuft. Frankreich und Österreich verloren dabei ihre S&P-Bestnote AAA. Daraufhin hatten Politiker erneut Kritik an Ratingagenturen geübt.
Schäuble: S&P hat unsere Maßnahmen nicht richtig begriffen
Die Kritik setzte sich heute fort: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble forderte, die Macht der Ratingagenturen zu beschränken: "Es besteht dringender Handlungsbedarf." Ziel dieser Regelungen sei es, dass die Agenturen "objektive Schiedsrichter und nicht Interessenbeteiligte" seien. Auf Bundesebene müsse darüber nachgedacht werden, die Rolle der Ratings in der Banken- und Versicherungsaufsicht zu beschränken. Zudem glaube er, dass es den Ratingagenturen angesichts des Wettbewerbes zwischen ihnen vor allem auch um "ein hohes Maß an Werbung" für sie selbst gehe.
Schäuble zweifelte auch das S&P-Urteil an: "Ich glaube nicht, dass Standard & Poor's wirklich begriffen hat, was wir in Europa schon auf den Weg gebracht haben", sagte er ebenfalls im Deutschlandfunk. Die Garantien der Euro-Staaten für den Rettungsschirm EFSF müssen nach Ansicht Schäubles nicht weiter angehoben werden. "Für das, was der EFSF in den nächsten Monaten an Aufgaben hat, reicht der Garantierahmen bei weitem aus." Allerdings bezweifeln Experten nach der Herabstufung Frankreichs durch Standard & Poor's, dass der Schirm ohne zusätzliche Maßnahmen selbst sein Top-Rating behalten kann.
EU: "Ratingagenturen sollten besser mitrechnen"
Die EU-Kommission warf Ratingagenturen schlechtes Timing und fehlendes Wissen vor. "Ich denke, die Ratingagenturen sollten die beispiellosen Maßnahmen der Regierungen besser miteinrechnen", kritisierte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier. Er sei erstaunt über das Timing von Standard & Poor's.
Ein Sprecher der EU-Kommission monierte, der Entzug der Bestnote sei zu einem "eigenartigen" Zeitpunkt erfolgt, da es in der vergangenen Woche gute Nachrichten gegeben habe. So seien die Zinsen für italienische und spanische Anleihen zuletzt gefallen. Zudem hätten viele Länder der Euro-Zone weitgehende Spar- und Reformschritte eingeleitet. Der Entzug der Bestnote sei daher ungerechtfertigt. "Die EU-Kommission hat mehr Informationen aus den Mitgliedsstaaten als Investoren oder Ratingagenturen"», betonte er - deshalb könne sie die Lage besser beurteilen als andere.
IWF fordert von Europa "entschlossene Maßnahmen"
Der Internationale Währungsfonds (IWF) forderte Europa nach dem S&P-Urteil zu raschem Handeln auf. Andernfalls drohe der Region eine Abwärtsspirale des Vertrauensverlustes, sagte der IWF-Vize David Lipton. Es sei zudem zu befürchten, dass die Konjunktur stagniere und Arbeitsplätze verloren gingen. "Doch mit entschlossenen Maßnahmen in Europa und weltweiter Unterstützung für Europa kann eine neue Phase der Krise verhindert werden."
Zur Ankurbelung des globalen Wirtschaftswachstums forderte Lipton Länder mit nachlassender Inflation auf, vorerst von einer strafferen Geldpolitik abzusehen.