Auf der Zinswelle Rekordgewinn bei der Commerzbank
Die Commerzbank hat schwierige Jahre hinter sich. Sie hat in den letzten Jahren Tausende Stellen abgebaut. Doch das Blatt scheint sich zu wenden. Die Bank blickt auf das beste Ergebnis ihrer Geschichte.
Unter dem Strich lag der Gewinn nach Steuern im vergangenen Jahr bei rund 2,2 Milliarden Euro. Das war über die Hälfte mehr als im Jahr davor. Dazu hieß es von der Commerzbank, das sei das beste Ergebnis seit etwa 15 Jahren, seit der Fusion mit der Dresdner Bank. Mit den Jahreszahlen davor lohne sich kein Vergleich, weil da noch jedes Institut für sich gewirtschaftet habe.
Die Frankfurter Großbank hat wie viele andere massiv von den steigenden Zinsen profitiert. Deshalb hat der DAX-Konzern etwa mit Krediten für Privatleute und Firmenkunden wieder mehr Geld verdient. Und die Kredite scheinen vergleichsweise solide, so dass die Bank weniger Geld zu deren Absicherung zurücklegen musste.
Sparzinsen für Kunden teilweise mager
Das Geld ihrer Kunden konnte die Commerzbank auch attraktiv anlegen, bei der Europäischen Zentralbank. Dort hat sie für von ihr deponierte Guthaben stattliche Zinsen kassiert. Doch das wird nicht ewig so bleiben, meint Volker Brühl, der Geschäftsführer des Center for Financial Studies in Frankfurt: "Vermutlich dürfte die EZB beginnen, die Zinsen im Laufe des Jahres wieder abzusenken."
Dagegen sehen die Kunden der Commerzbank geringe Sparzinsen. Zwar winken Neukunden bei der Commerzbank-Tochter Comdirect auf das Tagesgeldkonto 3,75 Prozent pro Jahr, aber die Aktion ist auf sechs Monate begrenzt. Andere Zinssätze fallen deutlich niedriger aus. Aufs Sparkonto der Commerzbank gibt es zum Beispiel nur 0,5 Prozent pro Jahr, selbst die Zeit der Strafzinsen ist noch nicht völlig vorbei.
Allerdings dürften die Banken aufgrund des Wettbewerbs gezwungen sein, bald höhere Sparzinsen weiterzugeben, sagt Florian Heider, der Direktor des Leibniz-Instituts SAFE in Frankfurt. Das dürfte ihre Gewinne wieder schmälern.
Wermutstropfen: die polnische Tochter
Und selbst das Ergebnis für das vergangene Jahr hätte bei der Commerzbank noch besser ausfallen können, wäre da nicht ihre polnische Tochter mBank. Dort gibt es seit Jahren Probleme im Zusammenhang mit Schweizer-Franken-Krediten. Es drohen weitere kostspielige Rechtsstreitigkeiten, für die die Commerzbank allein im vergangenen Jahr mehr als eine Milliarde Euro zur Seite legen musste.
Trotz allem hat die Commerzbank 2023 immer noch ein Rekordergebnis erzielt und will ihre Aktionäre entsprechend beteiligen. Die Dividende für das abgelaufene Geschäftsjahr soll auf 35 Cent je Aktie steigen, nach 20 Cent je Papier im Jahr davor. Die Commerzbank ist mittlerweile wieder im DAX vertreten, nachdem sie die erste Börsenliga zwischenzeitlich verlassen musste.
Bank will Rekordergebnis noch mal steigern
Davon profitiert auch der Staat, der weiter mehr als 15 Prozent der Anteile an der Bank hält. Als sie sich an der kriselnden Dresdner Bank verhoben hatte und in Folge der Finanzkrise gerettet werden musste, sprang ihr der Bund zur Seite. Seitdem ist die Bank teilverstaatlicht und dürfte es bleiben. Beim Bundesfinanzministerium heißt es: "Ein Beschluss zur Beendigung der Beteiligung liegt aktuell nicht vor."
Mit Blick auf das laufende Jahr zeigt sich Bankchef Manfred Knof zuversichtlich, dass die Bank ihr gutes Konzernergebnis übertreffen kann. Zwar habe man bisher durch die gestiegenen Zinsen Rückenwind gehabt, aber davon wolle man unabhängiger werden. Deshalb will die Bank zum Beispiel das Geschäft mit Firmenkunden ausbauen und ihnen etwa neue digitale Bezahlprodukte anbieten, um mobiles Bezahlen ohne separates Kartenlesegerät zu akzeptieren. Außerdem will sie durch Provisionen im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften ihre Einnahmen steigern.
Kehrtwende bei Personalstrategie
Auch der jahrelange Sparkurs scheint zu greifen, die Commerzbank habe ihre Kosten dadurch deutlich senken können, meint Bankenexperte Brühl. Nur zum Vergleich: Seit der Fusion mit der Dresdner Bank schrumpfte die Zahl der Filialen von einst 1.200 auf mittlerweile 400. Von den in Spitze knapp 60.000 Vollzeitkräften damals noch beider Banken sind im Commerzbank-Konzern gerade noch 38.000 übrig.
Der Stellenabbau sei unvermeidbar gewesen, heißt es bei der Bank. Aber nun wird sie gewissermaßen vom demografischen Wandel überrollt. Immer weniger jungen Arbeitskräften stünden eine Vielzahl offener Stellen gegenüber. Dazu käme die natürliche Fluktuation, dass also Mitarbeiter die Bank von sich aus verlassen würden. Deshalb will die Bank nun kein Personal mehr abbauen, sondern im Gegenteil gezielt anheuern. Bis 2034 sollen annähernd 20.000 Mitarbeiter dazu kommen.
"Stimmung bei vielen schlecht"
In den sozialen Medien loben top motivierte und enthusiastische Commerzbank-Mitarbeiter ihren Arbeitgeber in höchsten Tönen. Locken Mitarbeiter weitere Mitarbeiter oder Nachwuchskräfte in die Bank, winken Geldprämien und hochwertige Smartphones. Dadurch habe man bereits erste Arbeitnehmer einstellen können, heißt es bei der Bank. Dazu sei man auf Nachwuchsmessen, an Hochschulen und sogar Schulen aktiv.
Natürlich würden sich langjährige Beschäftigte freuen, dass sie nun durch neue Mitarbeiter entlastet würden, meint Stefan Wittmann, der für die Gewerkschaft ver.di im Aufsichtsrat der Bank sitzt: "Andererseits ist die Stimmung bei vielen schlecht, weil sie wissen, dass viele tausende Beschäftigte abgebaut wurden, die an allen Ecken und Enden fehlen."
Aus Betriebsratskreisen heißt es, die Bank hätte in letzten Jahren weniger Stellen streichen sollen. Denn nun käme es teilweise zu absurden Situationen, dass ehemalige Kollegen wiedereingestellt würden, die vor nicht allzu langer Zeit mit Abfindung gegangen seien.