Wiedereröffnung der Riedbahn Die Züge sollen wieder rollen
Ab Sonntag soll zwischen Mannheim und Frankfurt der Zugverkehr wieder beginnen - nach fünf Monaten Vollsperrung. Die Arbeiten dort sind nicht ganz beendet. Insgesamt steht die Bahnsanierung noch am Anfang.
Nach fünf Monaten Bauzeit ist die Riedbahn zwischen Mannheim und Frankfurt ab Sonntag wieder für Güter- und Personenzüge befahrbar. In den vergangenen Monaten wurden Gleise, Weichen, Signale, Schallschutzwände, Oberleitungen und alle Bahnsteige umgebaut. Bauarbeiten, die laut Bahn Jahre gedauert hätten, wären sie unter dem laufenden Betrieb gemacht worden.
"Alles ist fertig und wir sind froh, dass die Züge jetzt wieder rollen können," sagt Gerd-Dietrich Bolte, Leiter der Infrastrukturprojekte der Bahn in der Region Mitte. "Die Baustelle war wirklich gut geplant. Das ist auch ein Resümee, dass es möglich ist, eine solche Menge Material in so kurzer Zeit zu verbauen. Wir hatten bis zu 138 Baufahrzeuge gleichzeitig und 800 Bauarbeiter im Einsatz."
Weniger Verspätungen nach der Generalsanierung?
Die Riedbahn gilt als eine der meistgenutzten Hauptstrecken der Bahn in Deutschland. Pro Tag fahren hier üblicherweise etwa 300 Züge. Aufgrund der maroden Infrastruktur kam es gehäuft zu Ausfällen und damit zu Zugverspätungen, die teilweise Einfluss auf das gesamte Bundesgebiet hatten.
Die jetzige Generalsanierung soll der Bahn zufolge zu 80 Prozent weniger Ausfällen und Verspätungen führen und eine Sanierungsfreiheit für mindestens fünf Jahre gewährleisten. Durch die Digitalisierung der Strecke und dem damit verbauten Zugsteuerungssystem ETCS ("European Train Control System") sollen die Züge außerdem künftig statt wie bisher 160 km/h bis zu 200 km/h fahren.
Hunderte Busfahrer mussten einspringen
Für Pendler und Reisende zwischen Frankfurt und Mannheim hieß das in den vergangenen Monaten: Sie mussten Umwege und Schienenersatzverkehre in Kauf nehmen. Die Fernverkehre wurden umgeleitet, für den Regionalverkehr und die Verbindung Mannheim-Frankfurt Flughafen wurden Busse eingesetzt.
Dafür holte die Bahn 400 Busfahrerinnen und Busfahrer aus 14 Ländern und setzte insgesamt 150 Busse ein. "Es war alles pünktlich mit den Bussen, nicht so wie zuvor mit der Bahn mit den Verspätungen, das kam hier gar nicht vor", sagt Lisa Wolf aus Lampertheim. Die Verkäuferin pendelt jeden Tag nach Mannheim.
Dem kommenden Montag schaue sie sorgenvoll entgegen, wenn der Schienenersatzverkehr endet und sie wieder mit der Bahn fahren muss. "Ich hoffe wirklich, dass es jetzt besser läuft nach der Sanierung". Diese Hoffnung haben viele Pendler auf dem Weg nach Mannheim. Sie haben sich an die Busse, die hier durchschnittlich alle zehn Minuten gefahren sind, gewöhnt.
Weitere Einschränkungen im Nah- und Güterverkehr bis Januar
Ab Montag werden noch nicht alle Nahverkehrszüge auf der Riedbahn fahren können, teilt die Bahn mit. Auf zwei S-Bahn-Linien im südlichen Streckenabschnitt sind zunächst noch Ersatzbusse im Einsatz, heißt es. Mitte Januar sollen dann alle Nahverkehrszüge wieder nach regulärem Fahrplan fahren.
Im Güterverkehr gibt es laut Bahn bis zum 23. Dezember noch Einschränkungen. Im Fernverkehr werden laut Bahn alle Züge nach Fahrplan über die Riedbahn fahren. ICE und Regionalzüge allerdings wie bisher mit maximal Tempo 160, da noch nicht in allen Abschnitten das moderne Zugsteuerungssystem ETCS installiert worden ist.
Weil im Zuge der Sanierungen ein bestehendes Steuerungssystem abgebaut wurde, muss in einigen Streckenabschnitten sogar langsamer gefahren werden als bisher. Deshalb brauchen die Züge einige Minuten länger für die 70 Kilometer lange Strecke von Mannheim nach Frankfurt. Erst ab Sommer 2025 soll dann auch dieses Problem behoben sein.
Riedbahn als Modell-Sanierung?
Die Riedbahn-Sanierung ist ein Prestige-Projekt für die Deutsche Bahn. Denn nach diesem Vorbild sollen in den kommenden Jahren bis 2031 über 40 weitere Hauptstrecken deutschlandweit von Grund auf saniert werden. Als eine der nächsten Strecken ist Hamburg-Berlin dran. Für Kritiker ist die Strategie der Bahn durchschaubar, aber nachvollziehbar.
"Das war nicht so schwierig hier. Die Strecke hat kaum Brücken, da werden andere Generalsanierungen ganz andere Herausforderungen haben", sagt Felix Berschin, Eisenbahnexperte und Berater in der Bahnbranche. Die anderen Strecken, die jetzt dran sind, wären komplexer und deshalb auch nicht an den Anfang der Sanierungen gestellt worden.
Für Christian Böttger von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin ist es deshalb unverständlich, dass die Bauarbeiten bis zum Wochenende auch nicht in Gänze fertig gestellt werden konnten. "Mehrere Linien können noch nicht in Betrieb genommen werden, und gemessen daran, dass es das Vorzeigeprojekt der Bahn gewesen ist, wo man Geld ohne Ende reingebuttert hat, ist das sehr unerfreulich."
Probleme bei kleinen Unternehmen und Güterbahnen
Ein weiterer Kritikpunkt an den Plänen der Bahn, diverse Hochleistungsstrecken für teilweise mehrere Monate voll zu sperren, kommt vom Fahrgastverband Pro Bahn. "Man muss dafür sorgen, dass die kleinen Unternehmen nicht Bankrott gehen, dafür bedarf es eventuell auch finanzieller Entschädigungen", sagt Karl Peter Naumann von Pro Bahn.
Aktuell müssen kleinere Bahnunternehmen und Güterverkehrsunternehmen die "Kröte" der Vollsperrung einfach schlucken, ohne dafür entschädigt zu werden. Für die Riedbahn sei das noch einigermaßen erträglich, da ausreichend Ersatzrouten zur Verfügung stünden, für andere Strecken, wie Hamburg-Berlin kämen hohe Zusatzkosten auf die Unternehmen zu. Der Fahrgastverband und auch der Verband der Güterbahnen fordern deshalb mehr Unterstützung vom Bund.
Der Auftakt der Generalsanierung: laut Bahn ist er geglückt. Doch es ist nur ein Teilerfolg auf dem Weg zur Ertüchtigung der maroden Bahn-Infrastruktur in Deutschland. In den kommenden Jahren muss die Bahn beweisen, dass sie auch weitere Bahnstrecken in diesem Tempo fit machen kann.