Berichte über Hilfsantrag Schlüpft Spanien unter den Rettungsschirm?
Spanien gibt offenbar dem internationalen Druck nach. Nachrichtenagenturen berichten, dass das Land heute Milliardenhilfen des Euro-Rettungsschirms beantragen werde, um die Banken des Landes zu stützen. Nach IWF-Berechnungen benötigt Spaniens Bankensektor mindestens 40 Milliarden Euro.
Nach der Herabstufung der Kreditwürdigkeit Spaniens durch die Ratingagentur Fitch wächst der Druck auf das hoch verschuldete Land. Die Nachrichtenagenturen Reuters und dpa berichteten übereinstimmend unter Berufung auf Regierungskreise, dass Spanien voraussichtlich heute Hilfen des Euro-Rettungsschirms EFSF beantragen werde. Es gehe dabei um Geld, das in die Unterstützung der Banken des Landes fließen solle. Vor der Bekanntgabe des Antrags sei eine Telefonkonferenz der Euro-Finanzminister geplant.
Nach IWF-Berechnungen sind mindestens 40 Milliarden Euro nötig
Nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) benötigt der spanische Bankensektor ein Sicherheitsnetz von mindestens 40 Milliarden Euro. Dieses Ergebnis eines Stresstests geht aus einem IWF-Bericht über die Stabilität des spanischen Finanzsystems hervor, der in Teilen in Washington veröffentlicht wurde. Der tatsächliche Kapitalbedarf sei wegen möglicher Kosten für Restrukturierungen und Kreditausfälle sogar bis zu doppelt so hoch, sagte eine IWF-Mitarbeiterin.
Nach IWF-Berechnungen braucht Spaniens Bankensektor etwa 40 Milliarden Euro.
Von Regierungsseite wurden die Berichte über einen bevorstehenden Hilfsantrag nicht bestätigt. Die spanische Haushaltsstaatssekretärin Marta Fernandez dementierte, dass Spanien gerettet werden müsse. Auch die Behauptung, dass die Euro-Finanzminister heute eine Telefonkonferenz planten, sei falsch.
"Es sind keine Entscheidungen getroffen worden"
Vizeregierungschefin Soraya Saenz de Santamaria erklärte lediglich, dass es keine Festlegung für oder gegen einen Hilfsantrag gebe. "Es sind keine Entscheidungen, in welche Richtung auch immer, getroffen worden", sagte sie. Ihr sei auch nichts von einem offiziellen Treffen auf europäischer Ebene wegen der spanischen Banken bekannt.
Bisher hatte die Regierung stets betont, sie wolle keine Hilfe beantragen - zumindest solange keine belastbaren Zahlen über den tatsächlichen Finanzbedarf der Banken vorlägen. Ein Plan zur Sanierung der Institute werde erst dann vorgelegt, wenn der IWF und die zwei beauftragten Beratungsfirmen ihren Bericht zur Lage der Geldhäuser vorgelegt hätten, sagte eine Regierungssprecherin. Der Bericht der beiden Beratungsunternehmen Roland Berger und Oliver Wyman wird für Mitte Juni erwartet.
EU: "Keine Neuigkeiten zu einer spanischen Anfrage"
Auch die EU-Kommission bestätigte die Berichte nicht. "Es gibt keine Neuigkeiten zu einer spanischen Anfrage", teilte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn. "Falls ein Antrag kommen sollte, stehen die passenden Instrumente bereit und können gemäß den vereinbarten Leitlinien eingesetzt werden", erklärte der Sprecher.
Der EFSF kann Kredite gewähren, die zur Unterstützung angeschlagener Banken eingesetzt werden dürfen. Allerdings muss der jeweilige Euro-Staat die Hilfsgelder beantragen und im Gegenzug Auflagen erfüllen. Spanien müsste voraussichtlich vor allem eine Sanierung und Reform des Bankensektors zusagen, käme aber voraussichtlich um strikte Vorgaben zur Sanierung des Staatshaushalts herum.
Merkel: "Wir drängen niemanden unter den Rettungsschirm"
Bundeskanzlerin Angela Merkel bekräftigte, dass die Bundesregierung kein Land der Eurozone unter den Rettungsschirm dränge. "Es ist immer klar, dass die Länder, die von der Solidarität partizipieren wollen, selber diesen Antrag stellen", sagte sie. Die Instrumente zur Stabilisierung der Eurozone stünden bereit. Die Entscheidung über einen Antrag für Hilfen liege aber allein bei den Regierungen der einzelnen Länder. "Das ist bisher nicht geschehen und deshalb wird Deutschland hier auch keinen Druck oder irgendetwas ausüben", sagte Merkel. Zuvor hatte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker mit Blick auf Spanien erklärt: "Wenn das Land Hilfe braucht, wird es Unterstützung bekommen."
Finanzierungsprobleme eingestanden
Spaniens Finanzminister Christobal Montoro hatte in dieser Woche zum ersten Mal offen Probleme seines Landes bei der Geldbeschaffung eingestanden und damit die Finanzmärkte stark verunsichert. Gestern lieh sich das Land zwar problemlos 2,1 Milliarden Euro an den Kapitalmärkten, musste für die Papiere aber erneut höhere Zinsen bieten. Der Kapitalbedarf der Regierung hängt stark mit den Problemen der Banken des Landes zusammen, die auf Unterstützung angewiesen sind. Wie viel Geld sie genau benötigen und wie viel Hilfe Spanien vor diesem Hintergrund beim EFSF beantragen könnte, ist derzeit unklar.