Bio-Kraftstoffe und Wasserstoff Der lange Weg zum klimaneutralen Fliegen
Auf der Luftfahrtmesse Le Bourget in Paris jagt ein Großauftrag den nächsten. Doch die Flugzeugbauer stecken in einem Dilemma: Bis 2050 soll Fliegen klimaneutral werden. Dabei sind viele Fragen offen.
Der riesige A380 steht vollkommen entkernt auf einem abseits gelegenen Airbus-Hangar bei Toulouse. Kabelbahnen ziehen sich durch das, was einmal eine Passagierkabine war. Eine Versuchsstation mit zahlreichen Monitoren und Hebeln in der Mitte des Flugzeugs lässt nur erahnen, dass hier an der Zukunft geforscht wird. An der Zukunft des wasserstoffbetriebenen Fliegers.
In drei Jahren sollen die ersten Testflüge starten. "Eine Herausforderung ist die Kühlkette", erklärt der Airbus-Ingenieur Mathias Andriamisaina. "Zwischen Laster, Tankstation und den Wasserstoff-Reservoirs im Flugzeug darf die Temperatur nicht sinken, damit der Wasserstoff kryogen also tiefkalt-verflüssigt bleibt. Entsprechend müssen wir die Tanks bauen."
Branche setzt mittelfristig auf Bio-Kraftstoffe
Wasserstoff ist gewissermaßen das Langstreckenprojekt des deutsch-französischen Flugzeugbauers Airbus. Luftfahrtexperten schätzen, dass es noch 30 Jahre dauern wird, bis wasserstoffbetriebene Flieger wirklich Passagiere befördern können. Das Mittelstreckenprojekt sind daher Bio-Kraftstoffe. Und die sind auf der Luft- und Raumfahrtmesse in Le Bourget in aller Munde.
Mit ihnen, so hofft Airbus-Technik-Chefin Sabine Klauke, lässt sich der Verbrauch von klimaschädlichem Kerosin schon bald deutlich reduzieren. "Wir benutzen weltweit weniger als ein Prozent nachhaltige Flugkraftstoffe. Das hat natürlich auch was mit dem Preis zu tun." Die Technologien seien aber da, betont Klauke.
Produktionsstätte in Südfrankreich geplant
Es müssten nun Anreize zum Umrüsten gegeben werden, damit diese billiger und damit mehr genutzt würden. "Alle Airlines haben sich heute schon darauf verständigt, 2030 mehr als fünf Prozent dieser Biokraftstoffe beizumischen und wir tun es in unseren eigenen Flotten heute schon bis zu zehn Prozent", so die Technik-Chefin. "Aber es ist wirklich so ein Henne-und-Ei-Problem - wir müssen da jetzt industriell starten."
Im Süden Frankreichs in der Nähe von Pau soll eine Produktionsstätte für nachhaltige Kraftstoffe entstehen. Das hat Präsident Emmanuel Macron vergangene Woche angekündigt. Zwischen 2024 und 2030 will seine Regierung jährlich 300 Millionen Euro investieren. Das Ziel: Die Europäer sollen die Champions beim Bau verbrauchsarmer Flugzeuge werden. Denn die Konkurrenz schläft nicht: Auch der US-Flugzeugbauer Boeing forscht an einem klimaschonenderen Flieger, mit dem 30 Prozent Emissionen eingespart werden sollen.
Mega-Zahlen und Mega-Herausforderungen
Luftfahrtexperten wie Jerome Bouchard von der Consuslting Firma Oliver Wyman kritisieren allerdings, dass die Investitionen auch und gerade in nachhaltige Kraftstoffe - genannt SAF - noch viel zu gering seien: "Unserer Rechnung nach brauchen wir im Jahr 2050 rund 450 Millionen Tonnen dieser nachhaltigen Kraftstoffe." Um das zu erreichen, müssten in den nächsten 30 Jahren 900 Milliarden Euro investiert werden. "Bisher sind gerade mal 10 Milliarden investiert worden", so der Experte
Mega-Zahlen, Mega-Herausforderungen und ein Mega-Business: Obwohl die Luftfahrt nachweislich umweltschädlich ist, wächst die Branche rasant. In 20 Jahren werden rund doppelt so viele Flugzeuge unterwegs sein wie heute - so zumindest die Vorhersage.