Azubi-Speed-Dating Bewerber im Vorteil
Bei der Suche nach Ausbildungsplätzen haben Bewerber gerade gute Karten, weil Arbeitgeber dringend Personal suchen. Die neuen Kräfteverhältnisse werden zum Beispiel bei Speed-Dating-Veranstaltungen sichtbar.
Als sich Stefanie Beys und Laith Alkassar zum ersten Mal gegenübersitzen, ist gar nicht so klar, wer sich eigentlich bei wem bewirbt. Dabei ist die Ausgangslage im Grunde eindeutig: Sie ist die Personalerin eines Unternehmens für Haustechnik, er sucht einen Ausbildungsplatz als Fachkraft für Lagerlogistik. Tatsächlich aber weiß Stefanie Beys, dass auch sie einen guten Eindruck machen muss.
"Bewerber nicht an anderes Unternehmen verlieren"
20 Ausbildungsplätze hat ihr Unternehmen AMG-Haustechnik ab August zu besetzen, knapp die Hälfte davon ist noch frei. Während des Gesprächs mit Alkassar unterstreicht sie die Entwicklungschancen in ihrem Unternehmen, betont unter anderem, dass der Arbeitgeber seinen Azubis den Gabelstapler-Führerschein bezahlt.
"Ich möchte den jungen Menschen nicht an ein anderes Unternehmen verlieren, weil ich als Unternehmen nicht überzeugt habe", sagt Beys mit Blick auf die aktuelle Personallage.
Das Gespräch findet im Rahmen eines Azubi-Speed-Datings statt, das die Industrie- und Handelskammer im nordrhein-westfälischen Düren organisiert. Rund 50 Unternehmen stellen sich hier vor. Die Bewerberinnen und Bewerber entscheiden selbst, mit welchen Arbeitgebern sie sprechen wollen.
Ehrliche Kommunikation beim Kennenlernen
Laith Alkassar hat sich nur Unternehmen ausgesucht, die eine Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik anbieten. "Es ist eine Mischung aus dem handwerklichen und dem kaufmännischen Bereich", begründet er seine Berufswahl im Gespräch mit Ausbildungsleiterin Beys.
Sehr offen schildert der 19-Jährige dabei seinen bisherigen Werdegang. Nach dem Hauptschulabschluss begann er zunächst eine Ausbildung als Fahrzeuglackierer. Das handwerkliche Arbeiten sei aber "ein bisschen zu schwierig" gewesen, die Ausbildung brach er ab.
Danach holte er seinen Realabschluss nach und startete in eine neue Ausbildung als Kaufmann für Büromanagement. Doch auch diese brachte er nicht zu Ende. "Es lag daran, dass der Chef nicht mit mir zufrieden war", gibt er im Bewerbungsgespräch offen zu.
Personalerin: Motivation wichtiger als Noten
Diese ehrliche Kommunikation kommt bei der Ausbildungsleiterin gut an: "Mir ist nicht so wichtig, ob Sie den geraden Weg gegangen sind. Mir ist wichtig, dass Sie Lust darauf haben und engagiert sind", sagt sie dem Bewerber.
Auch auf die Schulnoten legt Personalerin Beys keinen so großen Wert: "Es ist meiner Meinung nach schwieriger, persönliche Eigenschaften auszubilden und Charaktereigenschaften zu formen als in Englisch, Mathe oder Deutsch Nachhilfe zu geben."
Bewerber begehrt, Arbeitgeber enttäuscht
Für Bewerber Alkassar läuft das Speed-Dating richtig gut. Die Gespräche hier seien keine Verhörsituationen, sondern einfach ein kurzes Kennenlernen mit den Arbeitgebern, sagt er. Alle fünf Unternehmen, mit denen er spricht, wollen in Kontakt mit ihm bleiben. "Es ist einfach ein schönes Gefühl und motivierend", freut er sich über das große Interesse an seiner Person.
Bei den Arbeitgebern ist die Stimmung weniger euphorisch. Die Veranstaltung ist eigentlich auf drei Stunden angesetzt, doch schon nach zwei Stunden sind kaum noch Bewerber im Raum. Die Haustechnik-Firma hatte insgesamt nur vier Gespräche, zwölf wären in der Zeit möglich gewesen.
Direkter Kontakt an Schulen?
Ausbildungsleiterin Beys packt deshalb noch vor Ende der Veranstaltung enttäuscht ihre Sachen und denkt schon über neue Wege nach, um mit jungen Menschen in Kontakt zu kommen: "Ich glaube, wir setzen künftig mehr drauf, an die Schulen zu gehen und da ein bisschen Werbung zu machen, das Berufsbild zu erläutern." Immerhin: Die Bewerber, die da waren, seien klasse gewesen, sagt sie.
Andere Arbeitgeber blicken etwas optimistischer auf die Zahl ihrer Speed-Dates. "Es hätte ja auch passieren können, dass gar keiner gekommen wäre", sagt Manuel Ramon, der den Konservenhersteller Stollenwerk beim Azubi-Speed-Dating vertreten hat. Fünf Gespräche konnte er führen. Angesichts des großen Bewerbermangels ist das aus seiner Sicht durchaus ein Erfolg.