Bilanz des Konzerns Warum die Deutsche Bahn Verluste schreibt
Verspätungen, jede Menge Streiks und dann auch noch ein dickes Minus: Die Deutsche Bahn hat Milliarden Euro an Verlusten eingefahren. Wie kann das sein?
Ein kurzer Clip soll zeigen, worum es bei der Bahn die nächsten Jahre geht: "Bahnsinn Riedbahn" heißt das Video, das Konzernchef Richard Lutz auf der Bilanzpressekonferenz in Berlin vorgestellt hat. Die Riedbahn-Strecke zwischen Frankfurt am Main und Mannheim ist Pilotprojekt und Generalprobe zugleich für die Deutsche Bahn. Der Film zeigt die verschiedenen Menschen und Gewerke hinter der anstehenden Kraftanstrengung, die ab dem Sommer die Generalsanierungen im Schienennetz bis 2030 einleitet.
Doch selbst bei diesem Pilotprojekt hat die Deutsche Bahn Verspätung. Auf der Riedbahn-Strecke führte der Konzern im Januar Vorbereitungsarbeiten durch und die Wiederinbetriebnahme verzögerte sich um eine Woche: Wegen zweier GDL-Streiks und eines ungewöhnlich heftigen Wintereinbruchs, so der Konzern.
Umfassendes Investitionsprogramm
Großbaustellen und Verspätungen - die zwei Dauerthemen bei der Deutschen Bahn. Und nun auch noch ein Verlust von 2,4 Milliarden Euro für das vergangene Jahr. Zum Vergleich: 2022 waren es "nur" 227 Millionen Euro. Der Konzern erklärte das unter anderem so: Man habe sehr viel investiert, nämlich 7,6 Milliarden Euro, sei für den Bund in Vorleistung gegangen. Man habe "so viel gebaut wie noch nie, denn die Sanierung und Modernisierung der Infrastruktur duldet keinen Aufschub", so Konzernchef Lutz.
2023 markiere eine Zeitenwende für die Eisenbahn in Deutschland, so Lutz weiter. Im Schulterschluss mit Bund, Bahn- und Bauindustrie habe man das umfassendste Investitionsprogramm für Schienen und Bahnhöfe seit der Bahnreform von 1994 auf den Weg gebracht.
Das über Jahrzehnte unterfinanzierte und marode Schienennetz ist der Hauptgrund für schlechte Werte auch bei der Pünktlichkeit: 64 Prozent der Fernverkehrszüge waren 2023 ohne Verspätung, 2022 waren es noch 65,2 Prozent. Auch im Güterverkehr ging die Quote zurück - von 91,8 Prozent pünktlicher Züge 2022 auf 91,0.
Die großen Baustellen kommen erst noch
Die notwendigen Generalsanierungen kommen jetzt. Und damit erstmal neue Verspätungen wegen Vollsperrungen auf den betroffen Abschnitten. Schienen, Weichen, Stellwerke, Brücken und Oberleitungen sollen in einem Durchgang gleichzeitig erneuert werden und nicht mehr wie bisher Stück für Stück. 40 Streckenabschnitte will die Deutsche Bahn so bis 2030 von Grund auf überholen.
Auf der Riedbahn geht es ab dem Sommer los. Sie ist mit etwa 300 Zügen pro Tag im Fern-, Nah- und Güterverkehr eine der meistbefahrenen Strecken in Deutschland. Ursprünglich hatte der Konzern für die Generalsanierungen allein bis 2027 rund 45 Milliarden Euro zusätzlich veranschlagt, 40 Milliarden sollten vom Bund kommen. Doch dann kam Ende 2023 das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts. Jetzt sind es nur noch 30 Milliarden. Was das für die Generalsanierung heißt? Dazu heute kein Wort.
Krisen, Inflation, weniger Güterverkehr und Streiks
Geopolitische Krisen, die Inflation, gestiegener Personalaufwand, ein rückläufiger Güterverkehr infolge negativer Entwicklungen vor allem in der Stahl- und Chemiebranche sowie Gewinneinbrüche bei der Logistiktochter Schenker - die Herausforderungen für die Bahn sind auch so schon vielfältig.
Hinzu kamen vergangenes Jahr Streiks mit "negativen Effekten" in Höhe von fast 200 Millionen Euro und Tarifabschlüsse, die die Kosten stark hätten steigen lassen, so DB-Finanzvorstand Levin Holle. "Angefangen in der Verwaltung werden wir nach und nach im gesamten Systemverbund Bahn deutlich mehr automatisieren, standardisieren und digitalisieren", so Holle, man habe "keine andere Wahl".
Aber mehr Fahrgäste
Es gibt aber auch Positives in dieser Jahresbilanz: Die Fahrgastzahlen etwa sind um 5,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen - auf 1,8 Milliarden. Deshalb habe man pro Monat durchschnittlich etwa drei neue ICE auf die Schienen gestellt, so der Konzern, die Fernverkehrsverbindungen seien "erheblich" erweitert worden.
Mit Blick auf die Riedbahn und die Generalsanierung dort ab dem Sommer heißt es bei der Deutschen Bahn, man werde ausreichend Puffer für unvorhersehbare Ereignisse einplanen. Und auch finanziell gibt die Deutsche Bahn sich zuversichtlich. Schon 2024 will man im operativen Geschäft wieder in den grünen Bereich fahren: Mit Gewinnen aus einer wohl weiter steigenden Nachfrage im Personenverkehr, mit Effizienzmaßnahmen und mit Ausgleichzahlungen vom Bund für die Vorleistungen bei der Infrastruktursanierung im vergangenen Jahr.