Bitcoin & Co. Kryptobörse FTX vor der Abwicklung
Die Schieflage von FTX, einer großen Handelsplattform für Digitalwährungen, sorgt für Turbulenzen in der gesamten Branche. FTX steht jetzt kurz vor der Insolvenz, viele Kunden machen sich Sorgen um ihr Geld.
Die Hiobsbotschaften um die angeschlagene Kryptobörse FTX reißen nicht ab. Die Wertpapieraufsicht der Bahamas gab am Donnerstag (Ortszeit) bekannt, Vermögenswerte von FTX Digital Markets eingefroren zu haben. Als nächstes könnte ein Insolvenzverwalter die Abwicklung übernehmen. Einen entsprechenden Gerichtsantrag hat die Aufsichtsbehörde bereits gestellt.
FTX Digital Markets ist ein auf den Bahamas ansässiges Unternehmen aus dem Krypto-Imperium von US-Unternehmer Sam Bankman-Fried und betreibt die strauchelnde Kryptobörse FTX.com. Der Wertpapieraufsicht zufolge steht die Firma unter anderem unter Verdacht, Kundengelder veruntreut zu haben.
Kundenflucht und Mittelabzüge
Die Kryptoplattform war am vergangenen Sonntag in Zahlungsschwierigkeiten geraten, nachdem Zweifel an den Kapitalreserven zu einer Kundenflucht und Mittelabzügen im Milliardenvolumen geführt hatten. Mittlerweile werden auch FTX-Nutzer in den USA immer nervöser.
Eigentlich sind das internationale und das US-Geschäft von FTX getrennt. Bankman-Fried bemühte sich am Donnerstag bei Twitter, die Lage zu beruhigen und behauptete, FTX.us sei zu "100 Prozent liquide". Doch zugleich kündigte die Plattform an, den Handel womöglich für ein paar Tage auszusetzen. US-Medien berichteten zudem, dass Mitarbeiter in den USA in einer Art Notverkauf versuchten, Firmenteile zu Geld zu machen.
Unterdessen stoppte die Kryptobank BlockFi, die im Sommer von FTX übernommen werden sollte, vorerst sämtliche Abhebungen von Kundengeldern. Beim Brokerhaus Genesis stehen nach eigenen Angaben 175 Millionen Dollar im Feuer, die in Handelsgeschäften an der FTX stecken.
Insolvenz droht
Am Mittwoch hatte es zunächst so ausgesehen, als ob der Konkurrent Binance das Unternehmen übernehmen würde. Binance nahm nach einer umfassenden Betriebsprüfung jedoch Abstand von der geplanten Übernahme der Sparte FTX.com, hatte die weltgrößte Kryptobörse mitgeteilt. Mit dem Schritt sollte der Liquiditätsengpass beim Rivalen aufgefangen werden, der sich Branchenkreisen zufolge auf sieben Milliarden Dollar belaufen soll.
Es könnten auch mehr sein: FTX versuche von Investoren und Rivalen finanzielle Unterstützung im Volumen von rund 9,4 Milliarden Dollar zu erhalten, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters einen Insider. FTX-Chef Sam Bankman-Fried wolle mit dem Geld die Plattform retten, sagte die mit den Plänen vertraute Person. Es sei jedoch nicht klar, ob Bankman-Fried die Gelder bekommen werde. Bei FTX war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten, heißt es dazu von Reuters.
Regulatorische Konsequenzen?
Für Kunden und Investoren wird die Lage deshalb immer kritischer. Sollte es Bankman-Fried nicht gelingen, einige Milliarden Dollar aufzutreiben, dürfte zumindest FTX.com nicht mehr zu retten sein. Dabei hatte der 30-jährige Krypto-Unternehmer auch am vergangenen Dienstag noch versichert, dass alle Einlagen geschützt seien und voll ausgezahlt würden. Gerüchte über eine Geldnot hatte er als falsch zurückgewiesen.
Nicht nur für Kunden, die eventuell ihr Geld verlieren, selbst für die ganze Branche könnten die Turbulenzen Folgen haben: "Das jüngste Wirrwarr ähnelt dem Wilden Westen und dürfte regulatorische Konsequenzen nach sich ziehen. Somit forcieren die Entwicklungen nicht zuletzt auch den regulatorischen Druck rund um den Globus", sagte Bitcoin-Fachmann Timo Emden von Emden Research.
Tatsächlich werden in den USA Forderungen nach einer strengeren Regulierung des Sektors lauter. "Von den USA über Japan bis zu den Bahamas haben Regulierer bereits eingegriffen", sagte Kami Zeng, Chef-Analyst des auf Kryptowährungen spezialisierten Vermögensverwalters Fore Elite. "Da kommt noch mehr."
Bitcoin unter Druck
Die Unsicherheit über die Zukunft von FTX hinterlässt Spuren in den Kursen der Kryptowährungen. Am Mittwoch war die älteste Cyberdevise Bitcoin im Zuge der Turbulenzen erstmals seit 2020 unter die Marke von 16.000 Dollar gefallen. Nach den US-Inflationsdaten vom Donnerstag stieg der Kurs jedoch wieder über 17.000 Dollar. Der Bitcoin steht indes schon seit längerem unter Druck. In den vergangenen zwölf Monate verlor er rund 70 Prozent seines Werts.
"Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis Anleger die schwelenden Sorgen rund um den geplatzten Deal zwischen zwei Größen innerhalb der Branche wieder einholen, meint Emden. Es sei gut möglich, dass weitere Unternehmen bereits infiziert seien, die Symptome sich allerdings noch im Zaum hielten kommentiert der Analyst. "Die Ansteckungsrisiken und die Sorgen vor einer Liquiditätskrise bleiben akut", lautet Emdens Fazit.