US-Streamingdienst Warum Netflix in der Krise steckt
Die Zahl der Netflix-Abonnenten ist erstmals seit mehr als zehn Jahren gesunken. Wie konnte es dazu kommen - und wie kommt der Streamingdienst aus dieser Krise heraus?
Waren das noch schöne Zeiten für Netflix: Mit Serienhits wie "House of Cards", "Orange is the New Black" oder "The Crown" war der Streamingdienst in aller Munde. Das Abonnenten-Wachstum ging stetig nach oben. Doch nun scheint damit Schluss zu sei. Die Abo-Zahlen gingen jüngst um 200.000 Nutzer zurück. Das klingt wenig bei rund 222 Millionen Nutzern. Doch auch die Prognosen für die kommenden Monate sind schlecht: Netflix glaubt, noch mehr Menschen werden die Plattform verlassen.
Wachsender Konkurrenzdruck
Dafür gibt es nach Meinung der Experten vor allem drei Gründe. Erstens: Die Konkurrenz ist zu groß. Der bisherige Erfolg von Netflix ist gleichzeitig eine große Bürde, denn auf einmal wollten alle in den Streaming-Markt rein. "In der Vergangenheit haben Sender eigene Serien an Netflix verkauft, dort liefen dann auch Serien wie 'Friends' oder 'Big Bang Theory' - aber das hat Netflix auch populär gemacht und viele Zuschauer abgezogen", sagte Medienexperte Jury Woodruff bereits 2019 über die sogenannten Streaming Wars, also die Kriege der Streamingdienste. "Genau deswegen nehmen einige dieser Sender ihre Produkte wieder zurück und bauen eigene Streamingplattformen auf."
Konzerne wie Disney, Warner oder Apple etablierten eigene Streamingdienste. In den USA ist dies mittlerweile eine fast unüberschaubar große Zahl. Die Konkurrenten holten sich Serien und Filme von Netflix in ihre eigenen Bibliotheken zurück. Die Folge: Netflix musste noch mehr eigene Serien und Filme einkaufen oder in Auftrag geben. Das ist kostspielig.
Kunden müssen wegen Inflation sparen
Ein zweiter wichtiger Grund für die Entwicklung ist der Spardruck bei den Abonnenten und potenziellen Kunden angesichts der hohen Inflation. 7,99 Dollar - mit diesem Preis starten viele Netflix-Kunden in den USA. Das einfachste Paket kostet nun knapp zehn Dollar. Wer mehr Anmeldungen zulassen will, der zahlt in den USA mittlerweile bis zu 19,99 Dollar pro Monat.
Inflation, Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Benzin zwingen viele Amerikaner gerade dazu, ihre Budgets zu überdenken - etwa, indem sie sich von einem Streamingdienst verabschieden. Und die Konkurrenz ist oft günstiger: Apple TV+ kostet gerade mal fünf Dollar im Monat, Disney knapp acht Dollar.
Inhalte weniger zugkräftig
Ein dritter zentraler Grund für die Entwicklung beim Streamingsdienst ist die Attraktivität seiner Inhalte. Keine Frage: Netflix überrascht immer mal wieder - zuletzt mit der koreanischen Serie "Squid Game". Doch der Streaming-Gigant muss neue, frische und vor allem überraschende Inhalte liefern, wenn er seinem Image treu bleiben will.
Das wird aber schwieriger - offenbar auch, weil sich das Klima bei Netflix verändert hat. "Es ist viel mehr Geschäft geworden, und es geht weniger um die künstlerische Seite", sagt Marta Kauffman, Schöpferin der Netflix-Serie "Grace und Frankie", deren letzte Folge gerade lief, im Interview mit NPR.
Interne Rangeleien und auch finanzieller Druck haben nach Meinung von Branchenkennern in Hollywood dazu geführt, dass wichtige kreative Persönlichkeiten wie Cindy Holland das Unternehmen verlassen haben. Holland war verantwortlich für Erfolgsserien wie "House of Cards" oder "Stranger Things" - kostspielige Serien, die aber den Ruf von Netflix als kreatives Powerhaus gestärkt haben.
Netflix muss gegensteuern
Die Streamingblase scheint geplatzt zu sein, auch andere Plattformen wie Quibi und zuletzt auch CNN+ machten wieder dicht. Netflix muss gegensteuern. Als Folge sollen wohl einige weniger erfolgreiche Serien gestrichen werden, heißt es aus Hollywood Kreisen.
Und Nutzern soll es schwerer gemacht werden, Passwörter mit anderen Haushalten zu teilen. So gehe dem Unternehmen nämlich sehr viel Geld verloren, sagt Netflix-Chef Reed Hastings. Zudem könnte Netflix auch eine Option mit Werbung anbieten, die dann günstiger wäre.