Siemens im Umbruch Von der Industrie-Ikone zum Tech-Konzern
Siemens gilt als Industrie-Ikone in Deutschland. Längst befindet sich der DAX-Konzern aber im Umbruch. In Zukunft möchte Siemens als Technologie-Konzern noch mehr Geld mit Software verdienen.
Mit dem Zeigertelegraphen fing 1847 alles an. Werner von Siemens schrieb Industriegeschichte und entwickelte sein Unternehmen zu einer Größe in der Elektrotechnik. Jahrzehnte später produzierte Siemens Turbinen, Straßenbahnen und sogar Haushaltsgeräte. Schnell stieg der Konzern zu einem Global Player auf und gehört sogar zu den Gründungsmitgliedern des DAX.
Beim Mobilfunk-Geschäft den Anschluss verpasst
Selbst im Mobilfunkgeschäft mischte Siemens um die Jahrtausendwende mit. Bei vielen Deutschen klingelte kein Nokia-, sondern ein Siemens-Handy. Doch zu umkämpft war der Markt, zu mittelmäßig das Design, zu ineffizient die Produktion. Am Ende bekam Siemens die Verluste seiner Mobilfunksparte nicht in den Griff. Auch der neue Eigentümer BenQ aus Taiwan brachte kein Glück. Der Siemens-Aktienkurs sackte ab.
Eine klare Strategie für den Konzern musste her. Es folgte eine Zeit des Konzernumbaus, erklärt Ascan Iredi, Leiter des Portfolio-Managements beim Vermögensverwalter Plutos: "Es war ein langer, langer Umbau, man kann gar nicht sagen, dass es von heute auf morgen geschehen ist." Mehrere Vorstände waren damit beschäftigt, es gab Proteste und Stellenabbau.
Am Ende habe den ganz großen Wechsel Joe Kaeser gebracht, so Ascan Iredi: "Joe Kaeser war der Mann mit der Vision." Kaeser war von 2013 bis 2021 Chef bei Siemens und trennte die Bereiche Medizintechnik sowie die Windkraft- und Energietechnik vom Konzern. Beide Sparten wurden als Siemens Healthineers und Siemens Energy an die Börse gebracht.
Der Weg zum Software-Giganten
Die Zukunft sieht Siemens mittlerweile in der Digitalisierung. Software spielt eine immer größere Rolle. Eine richtige Entscheidung, meint Daniela Bergdolt, Vize-Präsidentin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW): "Wenn wir sehen, wie das Unternehmen heute dasteht, dann muss man sagen, dass es hohe Gewinne und hohe Margen macht."
Zuletzt hat der Konzern seinen Wandel zum Technologiekonzern mit einer milliardenschweren Übernahme beschleunigt. Für zehn Milliarden US-Dollar schluckte Siemens die US-Softwarefirma Altair. Es ist die zweitgrößte Übernahme in der Konzerngeschichte und ein großer Deal für Siemens-Chef Roland Busch. Seit drei Jahren steuert er den Traditionskonzern.
Künstliche Intelligenz im Fokus
Womit will Siemens in Zukunft Geld verdienen? Geht es nach Busch, soll Siemens helfen, intelligente Fabriken zu erschaffen, in der Maschinen miteinander kommunizieren und selbst Prozesse optimieren. Reale Fabriken werden dabei in die digitale Welt übertragen.
Immer wichtiger werde auch Künstliche Intelligenz, erklärte Busch bei der letzten Hauptversammlung vor Aktionären: "KI setzen wir schon lange ein, aber jetzt bringen wir sie gemeinsam mit unseren Kunden im großen Stil in Fabriken, Stromnetze, Krankenhäuser, Züge." An der Börse beflügelt die Fantasie um KI seit längerem die Kurse.
Die Börse ist noch skeptisch
Geholfen hat das der Siemens-Aktie aber nicht. Seit Jahresanfang liegt das Plus bei gerade einmal sechs Prozent. Konkurrenten stehen besser dar, meint Daniela Bergdolt von der DSW. Ihr Kritikpunkt: Der Markt habe immer noch nicht verstanden, wofür Siemens inzwischen stehe, so Bergdolt. "Vielleicht muss Herr Busch nicht nur intern viel arbeiten und gute strategische Entscheidungen treffen, sondern mehr die Trommel für Siemens rühren."
Vielleicht ändert sich dann auch die Bewertung von Börsenprofis. Momentan liegt sie längst nicht so hoch wie bei Firmen aus der Softwarebranche. Wenn Siemens zu einem Softwarekonzern werden will, müssen sich die Münchner auch mit den SAP & Co. messen lassen.