Boeing-Werk in Renton, Washington

US-Flugzeugbauer in der Krise Rund 30.000 Boeing-Mitarbeiter wollen streiken

Stand: 13.09.2024 10:57 Uhr

25 Prozent mehr Lohn - das bot Boeing den Beschäftigten im Tarifstreit an. Die Arbeiter votierten jetzt mit überwältigender Mehrheit dagegen. Erstmals seit 16 Jahren dürfte in dem US-Konzern gestreikt werden.

Dem kriselnden US-Flugzeugbauer Boeing ist es nicht gelungen, einen Streik seiner größten Gewerkschaft abzuwenden. Am Donnerstag entschieden sich die rund 30.000 Arbeiter mit einer überwältigenden Mehrheit von 96 Prozent für einen Streik. Damit lehnten sie das Angebot des Flugzeugbauers von 25 Prozent Lohnsteigerungen gestreckt auf vier Jahre ab.

"Unsere Mitglieder haben heute Abend laut und klar gesprochen", sagte der Bezirksvorsitzende der Gewerkschaft IAM, Jon Holden, bei der Bekanntgabe. Ab Mitternacht - also heute früh mitteleuropäischer Zeit - werde die Arbeit niedergelegt.

Gewerkschaft hatte Einigung empfohlen

Es ist der erste Streik seit 16 Jahren bei Boeing. Nach Gewerkschaftsangaben soll die Produktion des meistverkauften Jets 737 MAX und anderer Flugzeuge in den Werken rund um Seattle und Portland zum Erliegen kommen.

Die Gewerkschaft hatte den Beschäftigten zuvor empfohlen, das Lohnangebot des Konzerns anzunehmen. Es sei nicht ausgemacht, dass durch Streiks noch mehr herausgeholt werden könne, hatte Gewerkschafter Holden erklärt.

Beschäftigte wollen 16 Jahre ausgleichen

In den vergangenen Tagen hatten sich jedoch die kritischen Kommentare gemehrt, nachdem die Gewerkschaft IAM am Sonntag die Einigung auf ihrer Facebookseite veröffentlicht hatte. Vielen ging das Erreichte nicht weit genug - sie wollen die ursprünglich von der Gewerkschaft verlangte 40-prozentige Lohnsteigerung. Der alte Tarifvertrag war seit 2008 in Kraft. Entsprechend hoch fielen die Forderungen der Beschäftigten-Vertreter aus.

Neben der Lohnerhöhung hatte Boeing weitere Verbesserungen wie eine zwölfwöchige Elternzeit versprochen. Außerdem stellte der US-Konzern hohe Investitionen in der Region in Aussicht: In Seattle und Umgebung soll ein neues Flugzeugmodell gebaut werden, was auf Jahre Arbeitsplätze sichern würde.

Boeing in tiefroten Zahlen

Boeing hatte betont, die angebotene Lohnerhöhung von 25 Prozent über vier Jahre sei so hoch wie nie zuvor. "Wir haben das Maximum gegeben", schrieb Boeing-Managerin Stephanie Pope in einer Mitteilung an die Beschäftigten. Der neue Boeing-Chef Kelly Ortberg warnte, ein Streik könne die Erholung des Unternehmens gefährden, das gerade "eine schwierige Zeit" durchmache.

Der US-Flugzeughersteller schrieb zuletzt tiefrote Zahlen und ist mit 60 Milliarden Dollar verschuldet. Die Führung steht zudem wegen einer Reihe von technischen Problemen unter Druck. Anfang des Jahres hatte sich in einer Boeing 737 MAX-9 von Alaska Airlines mit 171 Passagieren an Bord mitten im Flug ein Teil der Kabinenwand gelöst. Auch das Rüstungsgeschäft steckt in Schwierigkeiten; die Sparte verlor in den vergangenen beiden Jahren Milliarden. Der Konzern kämpft zudem mit chronischen Lieferverzögerungen und einem hohen Schuldenberg.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 13. September 2024 um 11:00 Uhr in den Nachrichten.