Studie der Direktbank ING Eigentümer bei energetischer Sanierung zurückhaltend
Fast jeder dritte Eigentümer will seine Immobilie einer Umfrage zufolge nur bei einer gesetzlichen Pflicht energetisch sanieren. Dabei steigern die Verbesserungen die Kaufpreise und Mieten deutlich.
Viele Immobilieneigentümer in Deutschland sind einer Umfrage bei energetischen Sanierungen zurückhaltend. Gut 30 Prozent der etwa 1.000 Befragten gaben in einer Studie der Direktbank ING an, sie würden ihre Immobilie zur Steigerung der Energieeffizienz nur sanieren, wenn sie gesetzlich dazu verpflichtet wären. Bei einer Befragung im Vorjahr hatten sich nur rund zwölf Prozent entsprechend geäußert.
Aussichten auf sinkende Kosten überzeugen nicht
Weitere rund 18 Prozent erklärten nun, sie wären bereit, zu sanieren, wenn es finanzielle Unterstützung - etwa Zuschüsse oder Steuererleichterungen - gebe, die komplett die Kosten deckten. Knapp neun Prozent machen Sanierungen von Hilfen abhängig, die zumindest teilweise die Kosten ausgleichen.
"Die grüne Wende am Wohnimmobilienmarkt ist unter deutschen Verbrauchern kein Herzensprojekt und wird vermutlich auch keines werden", schreiben die Autoren der Studie. Aufklärungsarbeit allein werde für einen umweltfreundlichen Umbau des Gebäudesektors nicht reichen, der für 30 Prozent aller Treibhausgasemissionen verantwortlich sei und nach dem Willen der EU umweltfreundlicher werden soll.
Befragte haben offenbar Überblick bei Förderprogrammen verloren
Offenbar hätten die Befragten "im Hin und Her um gestoppte und dann wieder aufgenommene Förderprogramme den Überblick verloren", schreibt die ING in ihrer Studie. Denn es gebe durchaus Förderungen - sowohl für den klimafreundlichen Neubau als auch für Sanierung und Modernisierung bestehender Gebäude.
Die Förderprogramme des Bundes für Wohnungsbau sollen auch ohne einen beschlossenen Haushalt im kommenden Jahr weiterlaufen, wie Bauministerin Klara Geywitz (SPD) ankündigte. Sie habe sich mit dem Finanzministerium abgestimmt, dass die Förderprogramme aus ihrem Ressort auch unter einer vorläufigen Haushaltsführung fortgesetzt werden.
Kosten für Sanierungen sind massiv gestiegen
Dennoch sind Sanierungen teuer: Die Kosten für Dachdeckungs-, Klempner- und Verglasungsarbeiten, Wärmedämm-Verbundsysteme oder Heiz- und zentrale Wassererwärmungsanlagen liegen der Studie zufolge jeweils um rund 50 Prozent höher als 2019. Helfen werde wohl nur eine Mischung aus Anreizen und gesetzlicher Verpflichtung, meint die ING mit Blick auf kommende EU-Regeln. "Die Devise für die vor uns liegenden Jahre wird wohl eher Fordern und Fördern, Zuckerbrot und Peitsche lauten."
Nach dem Willen des Europaparlaments müssen viele Gebäude in der EU umweltfreundlicher werden, der Energieverbrauch soll mittelfristig deutlich sinken.
Höhere Mieten und Verkaufspreise durch energetische Sanierung
Die energetische Sanierung von Gebäuden schlägt sich indes in deutlich höheren Verkaufspreisen und Mieten nieder. Eine Eigentumswohnung mit der Energieeffizienzklasse A+/A ist rund 650 Euro pro Quadratmeter teurer als eine vergleichbare Wohnung der niedrigeren Klasse D/E, wie aus einer gestern veröffentlichten Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) hervorgeht. Bei Monatsmieten beträgt der Preisaufschlag rund 0,85 Euro pro Quadratmeter. Dieser gilt demnach aber nur, wenn die Energieeffizienz mit dem sogenannten Bedarfsausweis nachgewiesen wird.
Beim sogenannten Verbrauchsausweis - der auf dem Energieverbrauch der vergangenen Jahre und daher auch vom individuellen Heizverhalten abhängt - sei er deutlich niedriger. "Marktteilnehmer sind bereit, für eine energetische Sanierung einen angemessenen Preisaufschlag zu bezahlen - aber nur, wenn die nötigen Informationen darüber transparent sind", sagt IfW-Experte Steffen Zetzmann. "Dies ist entscheidend zur Bekämpfung des Klimawandels, da Gebäude für etwa 30 Prozent der deutschen CO2-Emissionen verantwortlich sind."
Der Studie zufolge können die Preisaufschläge bei Verkaufspreisen und Mieten ziemlich genau die Kosten einer energetischen Sanierung und die dadurch erzielten Kosteneinsparungen abbilden. Voraussetzung dafür sei, dass der energetische Gebäudezustand durch den sogenannten Bedarfsausweis nachgewiesen wird, der auf der Analyse eines unabhängigen Experten beruht. Um die Energieeffizienzklasse von D/E auf A+/A zu verbessern, fallen der Studie zufolge Kosten von durchschnittlich rund 700 Euro pro Quadratmeter an. Nicht berücksichtigt seien dabei staatliche Zulagen für die Sanierung.
Hoher Wertverlust bei unsanierten Häusern
Nicht sanierte Immobilien, also Häuser mit Öl- oder Gasheizung, werden sich nach Einschätzung von Ökonomen, Maklern und Immobilienfachleuten dagegen in den kommenden Jahren nur noch mit wachsenden Preisabschlägen verkaufen lassen. Schon derzeit sind nicht sanierte Häuser und Wohnungen zwar günstiger als energieeffiziente Wohnimmobilien, das Preisgefälle wird sich nach verbreiteter Einschätzung in der Branche aber weiter vergrößern.
Das bedeutet, dass die überlieferte Lehrmeinung, wonach der Preis einer Wohnimmobilie hauptsächlich von deren Lage abhängt, nicht mehr in gewohnter Weise gilt: "Die Preise schwanken abhängig vom Alter, der Lage und zunehmend auch der Energieeffizienzklasse der Immobilie", erklärte Oliver Adler, der Immobilienexperte der Bausparkasse Schwäbisch Hall. "Bei energetisch unsanierten Immobilien mit einer Energieeffizienzklasse von D oder schlechter ist mittel- bis langfristig mit Preisabschlägen von 20 bis 30 Prozent zu rechnen."