Bilanz des Einzelhandels Schlussspurt beim Weihnachtsgeschäft
Nach enttäuschenden Dezemberwochen hat laut Handelsverband das Weihnachtsgeschäft in der letzten Adventswoche Fahrt aufgenommen. Jedes vierte Unternehmen ist zufrieden, viele Verbraucher sind weiterhin zurückhaltend.
Die Tüten von Lina Brinkschneider sind bis oben hin voll. Die junge Frau schiebt sich kurz vor dem Weihnachtsfest durch die Siegburger Innenstadt. "Ich habe noch für meinen Freund und meine Familie eingekauft. Auch Geschenke für einige Freundinnen sind wie jedes Jahr Pflicht", sagt Brinkschneider.
An beiden Armen baumeln Geschenke aus verschiedenen Läden. "Kosmetik, Kopfhörer, ein Gesellschaftsspiel und einen guten Wein habe ich gekauft." Natürlich würden sie die Kriege auf der Welt beschäftigen, das Geld sitze nicht mehr so locker wie früher. "Auch wenn ich wieder kurz vor knapp einkaufe, achte ich dieses Jahr auf Rabatte und reduzierte Ware", sagt Brinkschneider.
Verbraucher nur kurz in Kauflaune
Dieses Verhalten deckt sich mit den Beobachtungen vom Handelsverband Deutschland. "Die Verbraucherstimmung in Deutschland ist anhaltend verhalten", sagt HDE-Geschäftsführer Stefan Genth. "Geopolitische Krisen und die innenpolitische Situation schlagen seit einiger Zeit auf die Konsumlaune der Verbraucherinnen und Verbraucher. Bei ihnen überwiegt die Verunsicherung, was eine grundsätzliche Kaufzurückhaltung zur Folge hat." Im Jahr 2024 habe sich die Verbraucherstimmung nicht nachhaltig erholt. "Es fehlt das Vertrauen in die Zukunft, und auch die Sorge um den Arbeitsplatz ist ein Thema bei den Verbrauchern", so Genth.
Trotzdem habe sich in der letzten Adventswoche das Weihnachtsgeschäft überdurchschnittlich gut entwickelt, gerade in den Bereichen Unterhaltungselektronik, Spielwaren, Uhren und Schmuck. Der Verband befragt in einer Umfrage 300 Handelsunternehmen, um einen Überblick über das Weihnachtsgeschäft zu bekommen. "Nach zunächst enttäuschenden Dezemberwochen hat das Weihnachtsgeschäft in der letzten Adventswoche etwas Fahrt aufgenommen", sagt Genth. "Mehr als jedes vierte befragte Unternehmen ist mit der Woche zufrieden."
Stationärer und Online-Handel wachsen zusammen
Der Einzelhandel schaue nun verhalten optimistisch auf die Zeit bis zum Jahreswechsel. Die Verkaufstage zwischen den Jahren sorgen in der Regel für einen umsatzstarken Jahresendspurt mit zahlreichen Besuchen in den Geschäften, denn unter vielen Weihnachtsbäumen liegen Bargeldgeschenke und Gutscheine.
Für einen Gutschein hat sich Lina Brinkschneider bewusst nicht entschieden. "Bevor ich einen unpersönlichen Gutschein verschenke, gestalte ich lieber ein Geschenk und bastele etwas persönliches, mit Fotos zum Beispiel. Das schont auch mein Budget nochmal deutlich", sagt die junge Frau aus Siegburg. Die meisten Geschenke hätte sie in der Stadt gekauft, aber natürlich auch im Netz.
"Der stationäre Handel und der Online-Handel sind in den vergangenen Jahren immer mehr miteinander verschmolzen", sagt Stefan Genth vom Handelsverband. "Viele Händlerinnen und Händler sind inzwischen kanalübergreifend präsent, haben ein Geschäft vor Ort und sind gleichzeitig mit einem eigenen Online-Shop oder auf digitalen Marktplätzen vertreten." Das Zusammenspiel aus stationärem und digitalem Angebot gehöre zu einem gelungenen Einkaufserlebnis.
Kritik an Drittstaatenhändler wie Temu
Genth kritisiert große Anbieter im Netz: "Eine Gefahr für den Einzelhandel in Deutschland und Europa sind allerdings die Wettbewerbsverzerrungen im internationalen Online-Handel, insbesondere mit Blick auf Drittstaatenhändler wie Temu. Wenn Online-Anbieter aus Drittstaaten weiterhin außerhalb bestehender europäischer Regelungen agieren, geht das auf Kosten des Wettbewerbs und auf Kosten der Verbraucherinnen und Verbraucher", sagt Stefan Genth.
Durch die Innenstadt von Siegburg kreuzen die Menschen von Geschäft zu Geschäft - auf der Suche nach dem fehlenden, letzten Geschenk. Trotzdem ist der Handel insgesamt mit dem Weihnachtsgeschäft nicht zufrieden. "Traditionell ist das jetzt gerade eine Zeit, in der unsere Händlerinnen und Händler den meisten Jahresumsatz machen", sagt Genth. "Von daher bleibt das eine sehr ernüchternde Bilanz, die wir dieses Jahr ziehen müssen."