Fahrgäste laufen am Bahnhof Schwerin-Süd neben einem Regionalexpress.

Bilanz des 9-Euro-Tickets Etwas weniger Autos, viel mehr Zugverspätungen

Stand: 02.09.2024 13:11 Uhr

Das vor zwei Jahren befristet eingeführte 9-Euro-Ticket hat einer Studie zufolge seine Wirkung verfehlt. Der Autoverkehr habe kaum abgenommen, dafür seien vor allem im Regionalverkehr Züge viel häufiger zu spät gekommen.

Wirtschaftsforscher blicken skeptisch auf das 9-Euro-Ticket, das von Anfang Juni bis Ende August 2022 befristet galt. Es habe zu hohe Kosten verursacht, zu deutlich mehr verspäteten Zügen geführt und nur geringe Auswirkungen auf den Autoverkehr gehabt, heißt es in einer heute veröffentlichten Untersuchung des Münchner ifo-Instituts, der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg und der Universität Salzburg.

"Das 9-Euro-Ticket kostete den Bund 2,5 Milliarden Euro und reduzierte den Autoverkehr nur wenig", bilanzierte die Leiterin des Ludwig Erhard ifo Zentrums für Soziale Marktwirtschaft in Fürth, Sarah Necker. Das Sonderangebot habe den Autoverkehr nur um vier bis fünf Prozent verringert. "Damit war es eine teure und ineffiziente Klimaschutzmaßnahme", so Necker.

Mehr Zugfahrten in der Freizeit

Insgesamt fuhren der Studie zufolge durch das 9-Euro-Ticket fast 430.000 Personen pro Tag mehr mit dem Zug. "Zugfahrten haben zudem vor allem an Wochenenden zugenommen", sagte der Professor für Volkswirtschaftslehre an der FAU Nürnberg, Mario Liebensteiner. "Dies zeigt, dass die Menschen das 9-Euro-Ticket für zusätzliche Freizeitaktivitäten genutzt haben."

Das habe sich auch auf die Pünktlichkeit der Züge ausgewirkt: "Weil die Züge stärker ausgelastet waren, verspäteten sich Züge um 30 Prozent häufiger", so die Autoren der Studie: "Die Verkehrsbetriebe waren für den Ansturm auf den ÖPNV nicht gewappnet." Das habe vor allem den Regionalverkehr getroffen, indirekt jedoch auch Fernzüge.

Nur wenige Pendler stiegen um

Hingegen sei bei den klassischen Pendelzeiten unter der Woche der Rückgang der Autofahrten gering ausgefallen. Zugleich betonen die Autoren mögliche Verzerrungen, die sich durch die gleichzeitige Einführung des Tankrabatts ergeben könnten: Ohne die Senkung der Kraftstoffpreise hätte das 9-Euro-Ticket mehr Anreize haben können, das Auto stehen zu lassen. Nach Auslaufen des Tickets sank die Zahl der Zugfahrten der Studie zufolge wieder auf das Ausgangsniveau ab, in der Tendenz sogar leicht darunter.

Die Autorinnen und Autoren der Studie gehen davon aus, dass das seit März 2023 gültige Deutschlandticket einen ähnlichen Effekt haben dürfte wie das 9-Euro-Ticket. Das deutlich teurere Deutschlandticket dürfte den Autoverkehr "vermutlich noch weniger reduzieren, selbst wenn es länger verfügbar ist", sagte Necker. Es sei davon auszugehen, dass das Deutschlandticket denjenigen zugutekomme, die schon vorher regelmäßig den öffentlichen Nahverkehr genutzt haben und dies nun zu einem günstigeren Preis tun können.