Differenz von 25 Prozent Bürgergeld deckt Stromkosten nicht
Seit diesem Jahr erhalten Arbeitslose statt Hartz IV das neue Bürgergeld. Einer Analyse von Check24 zufolge reicht der für Energie vorgesehene Regelsatz aber nicht aus, die Stromrechnung zu bezahlen.
Das neue Bürgergeld deckt nach Berechnungen des Online-Portals Check24 die Stromkosten der Empfänger ebenso wenig wie zuvor Hartz IV. Im Posten für Wohnen und Energie - ohne Miete - sind im Bürgergeld-Regelsatz für Alleinstehende auf ein Jahr hochgerechnet knapp 511 Euro vorgesehen. Die durchschnittlichen Stromkosten für einen Ein-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 1500 Kilowattstunden beliefen sich trotz Strompreisbremse jedoch auf 641 Euro, teilte das Münchner Unternehmen heute mit.
"Damit liegen die Stromkosten 25 Prozent über der Pauschale", lautet das Fazit von Check24. Grundlage der Berechnung sind die Preise der Energieversorger, die über Vergleichsportal Strom verkaufen.
Strompreise steigen immer weiter
Die Sozialverbände VdK und der Paritätische teilen diese Einschätzung. "Der für die Stromkosten veranschlagte Betrag ist viel zu niedrig", kommentierte VdK-Präsidentin Verena Bentele. "Daran hat sich auch mit der Anpassung der Regelsätze nichts Grundsätzliches geändert." Das Problem habe sich mit dem starken Anstieg der Strompreise sogar eher noch vergrößert.
Der Regelsatz für einen alleinstehenden Erwachsenen ist mit der Umstellung von Hartz IV auf das Bürgergeld um 53 Euro auf 502 Euro im Monat gestiegen, das entspricht einer Erhöhung um knapp zwölf Prozent. Darüber hinaus übernimmt der Staat "angemessene" Kosten für Miete und Heizung. Die Stromrechnung muss aber aus dem Regelsatz bezahlt werden - und diese ist aktuell so hoch wie nie.
Im Dezember 2022 zahlte ein Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 5000 Kilowattstunden (kWh) nach Angaben von Check24 im Schnitt 2334 Euro jährlich. Das entspricht einem durchschnittlichen Preis von 46,7 Cent pro kWh. Zum Vergleich: Im Vorjahr zahlten die Verbraucher noch 1704 Euro und damit rund 37 Prozent weniger. Ein Ende der Steigerung ist nicht in Sicht: Im Januar 2023 gab es laut Check24 668 Fälle von Strompreiserhöhungen in der Grundversorgung. Betroffen davon sind rund 7,6 Millionen Haushalte. Die Erhöhungen betragen im Schnitt 60,2 Prozent.
Jobcenter haben "keinen Spielraum"
"Die Leistungen, die eigentlich ein menschenwürdiges Existenzminimum absichern sollen, reichen vorne und hinten nicht, um über den Monat zu kommen", kritisierte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Die explodierenden Strompreise verschärften die Not für die Menschen, die Grundsicherung beziehen. "Für Single-Haushalte waren die Kosten zuletzt fast doppelt so hoch wie das, was amtlich zugestanden wurde", sagte Schneider.
Zuständig für die Auszahlung des Bürgergelds sind die Jobcenter. "Die steigenden Heiz- und Stromkosten sind sehr herausfordernd", sagte eine Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg. Heizkosten würden von den Jobcentern regelmäßig in der angemessenen Höhe übernommen. "Anders ist es bei den Stromkosten: Haushaltsstrom ist Teil des Regelbedarfes, wird vom Gesetzgeber festgelegt und jährlich angepasst. Die Jobcenter haben keinen Spielraum, den Regelbedarf anzupassen."
Die Bundesagentur begrüße deshalb sehr, dass der Regelsatz zum 1. Januar so deutlich gestiegen sei. "Dennoch können steigende Stromkosten zu finanziellen Belastungen führen. Sollten Menschen in finanzielle Nöte kommen, können die Jobcenter zumindest ein Darlehen bewilligen."