Unbehandelte Beschwerden Wie Wechseljahre Frauen am Arbeitsplatz einschränken
In Deutschland sind aktuell etwa neun Millionen Frauen in den Wechseljahren, ein Drittel von ihnen hat mit starken Beschwerden zu kämpfen. Erste Firmen beginnen, die Frauen in dieser Phase zu unterstützen.
Schwitzen, nachts nicht schlafen können, Konzentrationsprobleme - diese Symptome machen Alexandra Just seit zwei Jahren im Alltag zu schaffen, aber nicht nur dort. Auch am Arbeitsplatz ist sie wegen ihrer Beschwerden weniger belastbar, ist dünnhäutig und emotional.
"Meine Kolleginnen und Kollegen haben mir schon recht früh gespiegelt, ich wäre gar nicht mehr ich. Das hat mich dann zu Tode beleidigt. Ich war gar nicht mehr kritikfähig", sagt die heute 52-Jährige. Was Just erlebt, sind massive Wechseljahresbeschwerden. Und wie sie schnell feststellt, ist sie damit nicht allein.
Wunsch nach frühzeitiger Rente
Acht von zehn Frauen haben laut der Deutschen Menopause Gesellschaft in den Wechseljahren Beschwerden. Etwa ein Drittel hat schwere Symptome, die ihre Lebensqualität und Funktionsfähigkeit in Beruf und Alltag stark einschränken. Das können depressive Verstimmungen sein, aber auch Gelenkschmerzen oder Hautveränderungen.
Bei Vodafone, seit mehr als zwanzig Jahren Arbeitgeber von Alexandra Just, sind rund 2.000 Mitarbeiterinnen in einem Alter, in dem sie in den Wechseljahren sein könnten. Es sind Mitarbeiterinnen, auf die das Unternehmen nicht verzichten kann, sagt Ute Brambrink, Pressesprecherin bei Vodafone. 2021 bekommt sie eine Studie auf den Tisch, die der britische Mutterkonzern in Auftrag gegeben hatte. Darin beschreiben Frauen, die in den Wechseljahren sind, wie sie sich damit am Arbeitsplatz fühlen und welche Unterstützung sie bräuchten.
Was für Brambrink eklatant war: "Viele Frauen haben gesagt, dass sie ihre Arbeitszeit reduzieren oder gegebenenfalls sogar kündigen oder frühzeitig in Rente gehen wollen. Die hatten so starke Symptome, dass sie gesagt haben: ich kann nicht mehr arbeiten." Für ein Unternehmen sei das fatal, so Brambrink.
Es ist ein Tabu-Thema
Welche Folgen es für die Volkswirtschaft hat, wenn Frauen unbehandelte Wechseljahresbeschwerden haben, war in Deutschland lange unerforscht. 2023 holte Andrea Rumler, Professorin für allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Marketing an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, das Thema aus der Tabu-Ecke. Sie führte die erste deutschlandweite Befragung von Frauen über Auswirkungen der Wechseljahre am Arbeitsplatz durch.
Fazit: Wenn Frauen mit ihren Beschwerden nicht richtig eingeordnet und behandelt werden, schränkt das ihre Arbeitsfähigkeit ein. Nach einer gemeinsamen Schätzung von ihr und Wirtschaftsforscher Till Strohsal könnte der volkswirtschaftliche Schaden, der dadurch entsteht, bei 9,4 Milliarden Euro pro Jahr liegen, so Rumler. "Letztlich sollten Firmen also aus eigenem Interesse schauen, wie sie die Frauen hier gut unterstützen können."
Was Frauen in den Wechseljahren brauchen
Andrea Rumlers Studie zeigt, dass Frauen mit Wechseljahresbeschwerden sich vor allem wünschen, dass Führungskräfte, Männer wie Frauen, für das Thema Menopause und Perimenopause - also die Zeit vor der letzten Monatsblutung, in der viele Frauen am meisten leiden - sensibilisiert sind. Außerdem wünschten sie sich mehr Flexibilität, um auch mal die Arbeitszeit verkürzen oder ins Homeoffice gehen zu können, wenn es ihnen nicht gut geht.
"Bei Frauen, die in der Produktion arbeiten, ist es wichtig, dass es ausreichend Toiletten gibt in der Nähe des Arbeitsplatzes oder auch Ruheräume, wo sie sich mal zurückziehen können", sagt Rumler. Unternehmen könnten auch durch Betriebsärzte und Maßnahmen im gesundheitlichen Betriebsmanagement unterstützen. In Großbritannien zum Beispiel gebe es in vielen Unternehmen bereits sogenannte Wechseljahresbeauftragte. "Viele Frauen sind tatsächlich unterversorgt mit Informationen, auch etwa zu Ärzten. Wenn sie auf der Arbeit einen Ansprechpartner haben, der sagt: Hier sind Informationen, dann ist den Frauen schon sehr geholfen", sagt Rumler.
Unterstützung vom Arbeitgeber
Bei Vodafone gibt es eine interne Wechseljahres-Broschüre und Informationsveranstaltungen. Zudem kann dort sehr flexibel gearbeitet werden, was Frauen, die Beschwerden haben, hilft. Vodafone-Pressesprecherin Ute Brambrink hält inzwischen auch bei anderen Firmen Vorträge zum Thema. "Die Frauen wollen ja arbeiten. Und wenn sie mit den Wechseljahren durch sind, dann sind sie im Schnitt auch noch zwölf bis 15 Jahre erwerbstätig und machen vielleicht auch noch einen Karriereschritt. Das sind sehr wertvolle Mitarbeiterinnen", betont Brambrink.
Es sind Frauen wie Alexandra Just, die für Vodafone in Hannover arbeitet und für die Mobilfunkverträge der Mitarbeitenden zuständig ist. Sie ist froh, sich mit dem "Tabu-Thema" Menopause in ihrem Team geöffnet zu haben. Just hat inzwischen Wege gefunden, besser mit ihren Symptomen umzugehen dank einer Hormonbehandlung, und wird inzwischen auch von anderen Frauen mit ähnlichen Beschwerden kontaktiert.