Fabrik des deutschen Zahnrad- und Getriebeteherstellers "IMS Gear" in  Taicang, China

Trotz Warnungen aus Berlin Deutsche Wirtschaft investiert stärker in China

Stand: 13.08.2024 16:43 Uhr

Die deutschen Direktinvestitionen in China sind seit Jahresbeginn kräftig gestiegen - trotz Warnungen der Bundesregierung vor einer zu hohen Abhängigkeit von dem asiatischen Markt. Die steigt nun weiter.

Diversifizierung oder "De-Risking" sind längst feste Schlagworte, wenn es um deutsche Wirtschaftsbeziehungen zu China geht. Jüngste Zahlen zu den Direktinvestitionen der deutschen Wirtschaft in China deuten allerdings auf einen anderen Trend.

Deutsche Unternehmen haben im zweiten Quartal insgesamt 4,8 Milliarden Euro in China investiert, nach 2,48 Milliarden Euro im Auftaktquartal dieses Jahres, wie aus statistischen Daten der Bundesbank hervorgeht. Die "Financial Times" berichtete zuerst darüber. Im ersten Halbjahr summierten sich die Direktinvestitionen der deutschen Wirtschaft in China damit auf 7,3 Milliarden Euro. Das liegt bereits über dem Wert des gesamten vergangenen Jahres von 6,5 Milliarden Euro.

Deutsche Autobauer bei China-Investitionen führend

Viele Unternehmen ignorieren offensichtlich die Warnungen der Bundesregierung vor den wachsenden geopolitischen Risiken, die mit dem chinesischen Markt verbunden sind - insbesondere die deutschen Autobauer, auf die das Gros der Investitionen entfällt. Die Ampel-Koalition hatte 2023 eine neue China-Strategie beschlossen, die weniger Abhängigkeiten von China als Ziel hat. Der Strategie zufolge sind deutsche Unternehmen aufgefordert, ihre Lieferketten und Exportmärkte weg von China zu diversifizieren und so die Anfälligkeit des Landes für externe Schocks zu verringern.

Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat wiederholt an europäische Unternehmen appelliert, ihre Verflechtungen mit Asiens größter Volkswirtschaft zu verringern.

"In China für China"-Strategie birgt eigene Risiken

Eine Motivation deutscher Konzerne wie Volkswagen, direkt in China zu investieren, ist aber auch eine Verkürzung der Lieferketten. "Die Unternehmen haben gesehen, wie sich während der Pandemie und der Blockade des Suezkanals viele Engpässe gebildet haben", sagte Friedolin Strack, China-Experte beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der "Financial Times". "Sie sind entschlossen, alle Risiken in ihren Lieferketten zu reduzieren, indem sie sie auf regionaler Basis durch Lokalisierung neu organisieren. Das passiert vor allem oft in China."

Zugleich verlagern diese Unternehmen ihre Produktion damit direkt in einen ihrer wichtigsten Absatzmärkte. Diese "In China für China"-Strategie reduziert zwar die Abhängigkeit von den Lieferketten aus China, erhöht aber die Abhängigkeit Deutschlands von diesem Absatzmarkt weiter.

Experten befürchten, dass etwa eine Eskalation der geopolitischen Spannungen in der Taiwan-Straße für die vielen deutschen Unternehmen mit umfangreichen Verbindungen zu China katastrophal sein könnte. Insbesondere für die deutsche Autobranche hätte ein Zusammenbruch der Wirtschaftsbeziehungen wie im Fall Russlands nach der Invasion in die Ukraine verheerende Folgen.