Norwegische Kronen

Schwache Währung "Mysteriöser" Absturz der norwegischen Krone

Stand: 15.08.2024 13:19 Uhr

Die norwegische Krone ist gegenüber dem Dollar und dem Euro so wenig wert wie lange nicht mehr. Politiker schlagen schon unkonventionelle Maßnahmen vor, um den Absturz abzufedern. Doch wie erklärt er sich?

Deutsche Urlauber in Norwegen dürfte es freuen: Die norwegische Krone befindet sich derzeit auf dem tiefsten Stand seit der Corona-Krise. Im Juli war sie so günstig wie seit vier Jahren nicht mehr. Gegenüber dem Dollar verlor sie in den vergangenen drei Jahren 25 Prozent an Wert, gegenüber dem Euro in zwei Jahren mehr als 17 Prozent.

Ehemaliger Minister schlägt Bindung an den Euro vor

Mittlerweile ist der Verfall der norwegischen Währung so dramatisch, dass ein ehemaliger Minister der Regierung kürzlich sogar die Bindung der Krone an den Euro vorschlug. "Die dramatische Schwächung der Krone im Laufe der Zeit bedeutet, dass wir ernsthaft über unsere Optionen für die Zukunft nachdenken müssen", sagte Sveinung Rotevatn, ehemaliger Umweltminister und Abgeordneter der oppositionellen Liberalen Partei, der "Financial Times".

Der Politiker räumt zwar ein, dass die Festsetzung des Wechselkurses auch Nachteile mit sich bringe. Doch seien es drastische Zeiten für die Krone, die in diesem Jahr unter den zehn am häufigsten gehandelten Währungen am Devisenmarkt am schlechtesten abgeschnitten habe. Sie notiert aktuell sowohl gegenüber dem Dollar als auch gegenüber dem Euro nahe des Rekordtiefs - wenn man die Corona-Pandemie ausschließt, als der für Norwegen bedeutende Ölpreis kurzzeitig ins Bodenlose stürzte.

Für das nordeuropäische Land ist das ein Problem, weil es viele Güter importiert - und das wird teurer, wenn es für eine Krone weniger Gegenwert in Euro oder Dollar gibt. Aus diesem Grund sind Unternehmen gezwungen, die Preise der Importe zu erhöhen. "Die Schwäche der Krone macht alles teurer, da wir praktisch alle Konsumgüter importieren. Das führt zu einer Inflation, die wiederum zu hohen Zinsen führt", so Rotevatn. Die großen Verlierer seien letztlich die norwegischen Verbraucherinnen und Verbraucher.

Vielfältige Gründe für die Schwäche

Rotevatns Forderung nach einer Kopplung der Krone an den Euro stieß bei den anderen politischen Parteien auf wenig Unterstützung. Sein Vorschlag, eine "Kronen-Kommission" einzurichten, die sich mit der Entwicklung der norwegischen Währung befassen soll, wurde jedoch positiv aufgenommen. "Es ist ein Problem, weil wir immer ärmer werden", betonte Erna Solberg, die ehemalige Ministerpräsidentin und wichtigste Oppositionsführerin.

Warum die Krone anhaltend schwächelt, ist nicht ganz klar. Denn eigentlich gilt der Erdölproduzent Norwegen als eines der reichsten Länder in Europa. Es hat eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten und ist wirtschaftlich gut aufgestellt. "Es wird als ein Mysterium betrachtet, und es gibt nicht die eine Geschichte dazu", sagte Kjetil Olsen, Chefökonom der norwegischen Bank Nordea, gegenüber der "FT".

Dennoch haben Fachleute einige Gründe ausgemacht. So beklagen etwa Händler den Mangel an Liquidität der norwegischen Krone am Devisenmarkt. Trotz seines Reichtums ist Norwegen nur eine kleine Volkswirtschaft mit wenigen Vermögenswerten, die von Ausländern gekauft werden können. Das sorgt gerade in Zeiten der Marktunsicherheit für größere Schwankungen.

Weniger Geld aus dem In- und Ausland

Darüber hinaus begannen die US-Notenbank Federal Reserve und die Europäische Zentralbank (EZB) vor zwei Jahren, das Zinsniveau schneller zu erhöhen als das skandinavische Land. Dadurch stieg die Zinsdifferenz zwischen Norwegen und vielen anderen Staaten. Diese spielt im Devisenhandel eine wichtige Rolle: So verkaufen Marktteilnehmer häufig eine Währung mit geringem Zinssatz und kaufen dafür eine Währung mit einem höherem Zinsniveau. Aus der Differenz ergibt sich der Gewinn.

Für norwegische Anleger lohnt es sich also eher, im Ausland zu investieren. Und auch der norwegische Staatsfonds kann die Währung nicht stützen, indem er Kronen kauft. Laut seinen Anlagerichtlinien darf er nur im Ausland investieren, was Risiken minimieren und den heimischen Kapitalmarkt vor selbstverursachten Schwankungen schützen soll. Für seine umfangreichen Investments im Ausland muss der Fonds allerdings sogar Kronen verkaufen, um dann mit der ausländischen Währung zu investieren.

Gleichzeitig fließt auch aus dem Ausland weniger Geld nach Norwegen, weil sich andere Währungen stärker lohnen. So war die Krone Experten zufolge eines der Hauptopfer der diesjährigen Dollar-Rallye, die auf der Erwartung beruhte, dass die Fed mit der Senkung der Zinssätze länger warten würde als ursprünglich gedacht. Zudem nahmen die Verkäufe der norwegischen Devise im Juli noch einmal zu, nachdem ein überraschender Rückgang der Inflationsrate die Erwartung einer Zinssenkung im Dezember verstärkt hatte.

Straffe Geldpolitik der Notenbank

Derzeit verfolgt die norwegische Zentralbank allerdings noch einen straffen geldpolitischen Kurs. Denn mit Blick auf die hohen Preise will sie die Kreditkosten hoch halten, während die Währungshüter in anderen Ländern schon wieder beginnen, die Zinsen zu senken. Gerade heute beließ Norwegens Notenbank um Chefin Ida Wolden Bache den Leitzins bei 4,50 Prozent und damit auf dem höchsten Niveau seit 16 Jahren.

Zugleich gab es Hinweise, dass der Leitzins wahrscheinlich noch geraume Zeit auf dem derzeitigen Niveau bleiben muss. Denn die Inflationsrate lag zuletzt bei 3,3 Prozent und damit noch immer recht weit von der angestrebten Zielmarke der Teuerung von 2,0 Prozent entfernt.

Auch Investoren gehen davon aus, dass die Währungshüter in diesem Jahr nur eine Zinssenkung vornehmen. Analysten raten der norwegischen Zentralbank, geduldig zu bleiben. Wenn sie die Zinssätze beibehält, während andere wie Fed oder EZB in den kommenden Monaten die Zinsen senken, könne sich die norwegische Währung durchaus wieder erholen.

Mit Informationen von Till Bücker, tagesschau.de.