Fragen und Antworten zur Wirtschaftskrise Was bedeutet die Rezession für Ihr Konto?
Die Bundesregierung erwartet 2009 die schwerste Rezession seit Gründung der Bundesrepublik. Was bedeutet das für Renten, Löhne und Krankenkassenbeiträge? tagesschau.de beantwortet wichtige Fragen zu den Folgen der Rezession.
Wie viele Menschen werden ihren Job verlieren?
Das lässt sich nur schätzen. Die großen Institute für Wirtschaftsforschung erwarten, dass die Arbeitslosenzahl bis Ende 2010 auf knapp fünf Millionen steigt. Im Jahresdurchschnitt 2010 gehen sie von 4,7 Millionen aus. Schon in diesem Jahr wird demnach die Zahl der Arbeitslosen gegenüber 2008 um 450.000 auf durchschnittlich rund 3,7 Millionen klettern und im Herbst die Vier-Millionen-Marke überspringen. Ein Teil der gefährdeten Stellen wird derzeit noch über Kurzarbeit gesichert.
Was bedeutet die Rezession für die Löhne?
Arbeits- und Tarifverträge sichern im Prinzip die vereinbarten Löhne. Wenn eine Insolvenz oder Massenentlassungen drohen, sind viele Arbeitnehmer aber zu Lohneinbußen bereit, um Jobs zu retten. Für einige Unternehmen gelten bereits solche Absprachen. In der Metall- und Elektroindustrie wollen viele Firmen die vereinbarte Anhebung der Tariflöhne verschieben. Sie berufen sich dabei auf eine Klausel des Tarifvertrags.
Die Wirtschaftskrise beeinflusst auch die diesjährige Tarifrunde vieler Branchen. Arbeitgeber lehnen deutliche Lohnerhöhungen mit Hinweis auf die Rezession ab. Gewerkschaften argumentieren, dass höhere Einkommen zu mehr Konsum führen und die Wirtschaft ankurbeln.
Sinken die Renten?
Nein. Ursprünglich wäre das möglich gewesen. Denn die Formel zur Anpassung der Renten orientiert sich an der Lohnentwicklung. Wenn die durchschnittlichen Bruttolöhne und -gehälter steigen, werden im folgenden Jahr normalerweise auch die Renten erhöht. Falls die Lohnsumme pro Arbeitnehmer aber sinkt, hätten auch Rentner nach der alten Gesetzeslage prinzipiell mit weniger Geld rechnen müssen. Um das künftig zu verhindern, beschloss der Bundestag im Juni 2009 mit den Stimmen von CDU, CSU und SPD eine Schutzklausel. Damit ist gesetzlich festgelegt, dass Renten nicht sinken dürfen.
Steigen wegen der Rezession die Krankenkassenbeiträge?
Nein. Wenn die Arbeitslosigkeit steigt, sinken zwar die Einnahmen der Krankenkassen aus den Beiträgen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Der Staat gleicht diesen Rückgang aber mit Steuermitteln aus und garantiert den Krankenkassen in diesem Jahr ein Budget von 167 Milliarden Euro. Einen Teil davon gewährt der Bund ohnehin als Zuschuss. Wenn die Beitragseinnahmen infolge der Rezession sinken, bekommen die Kassen die fehlenden Milliarden in Form eines staatlichen Darlehens, das sie erst 2011 zurückzahlen müssen.
Zusätzlich nutzt die Große Koalition die Höhe der Beitragssätze, um das Wirtschaftswachstum zu unterstützen. Mit dem Konjunkturpaket II beschloss der Bundestag, den einheitlichen Beitragssatz für die Krankenversicherung zum 1. Juli von 15,5 auf 14,9 Prozent zu senken. Das soll Bürger und Unternehmen entlasten.
Wie entwickeln sich die Preise?
Die Preise werden in den nächsten Monaten voraussichtlich stabil bleiben. Die führenden Institute für Wirtschaftsforschung erwarten 2009 in Deutschland eine Teuerung von 0,4 Prozent. Für 2010 ist sogar mit einer Inflationsrate von null Prozent zu rechnen. Das liegt vor allem daran, dass die Nachfrage wegen der Rezession sinkt.
Um ihre Produkte trotzdem zu verkaufen und die Lager zu räumen, locken Firmen und Händler potenzielle Kunden mit stabilen Preisen oder sogar mit deutlichen Nachlässen. Gleichzeitig versuchen Unternehmen, bei ihren Lieferanten niedrigere Einkaufspreise durchzusetzen.
Steigen die Steuern?
Der Staat braucht wegen der Rezession viel Geld. Konjunkturprogramme und Rettungspakete sind teuer, gleichzeitig gehen die Steuereinnahmen zurück. Im ersten Quartal 2009 nahmen Bund, Länder und Gemeinden bereits rund zwei Milliarden Euro weniger ein als ein Jahr zuvor. Für das Gesamtjahr 2009 erwarten die Steuerschätzer einen Rückgang der Steuereinnahmen um 34,1 Milliarden Euro gegenüber 2008. Den Schätzungen zufolge könnten die Steuereinnahmen 2010 sogar rund 51 Milliarden Euro unter dem Niveau von 2008 liegen.
Einschließlich der beiden Nachtragshaushalte beträgt die Neuverschuldung in diesem Jahr 47,6 Milliarden Euro - eine Rekordmarke. Mit den Lasten aus dem Bankenrettungsfonds SoFFin sowie dem Tilgungsfonds für das Konjunkturpaket II dürfte das Staatsdefizit insgesamt auf weit über 50 Milliarden Euro steigen. 2008 lag es bei lediglich 3,3 Milliarden Euro. 2010 dürfte die Neuverschuldung auf 86,1 Milliarden Euro emporschnellen. Für die Jahre 2011 - 2013 erwartet das Finanzministerium einen Fehlbetrag von beachtlichen 175,7 Milliarden Euro.
Wie der Staat diese Finanzierungslücke schließen kann, wird auch Thema des Bundestagswahlkampfs sein. Experten gehen aber davon aus, dass die Steuern in den nächsten Monaten nicht steigen, sondern der Staat vor allem neue Schulden macht.
Zusammengestellt von David Rose, tagesschau.de