Biobanken für medizinische Forschung Hoffnung aus der Kälte
Um neue Therapien - etwa gegen Krebs - zu entwickeln, ist medizinische Forschung auf menschliche Proben angewiesen. Eine wichtige Quelle dafür sind Biobanken. Sie sollen deshalb ausgebaut werden.
Menschliches Blut, Körperflüssigkeiten und Gewebe - bei bis zu minus 180 Grad lagern mehr als 800.000 kleine Proben in der Biobank am Würzburger Universitätsklinikum. Die Kälte versetzt die Zellen in eine Starre, vergleichbar mit einem tiefen Schlaf. Für die Forschung können sie jederzeit wieder zu Leben erweckt werden.
Proben von 5000 Würzburgern
Krebs, Herzinsuffizienz oder eine seltene Erkrankung: Um neue Therapien zu entwickeln, ist die Forschung auf menschliche Proben angewiesen. So werden in Würzburg beispielsweise Ursachen und Behandlung der Herzinsuffizienz untersucht. 5000 Einwohner wurden ausgewählt. Seit 2017 werden regelmäßig Blutproben entnommen und in der Biobank gelagert. Eine Würzburger Forschergruppe beobachtet den Krankheitsverlauf.
Dabei wurde festgestellt, dass ungewöhnlich viele junge Frauen Vorzeichen der Herzschwäche aufzeigen. Nun werden die Ursachen ergründet und Empfehlungen für Vorsorgeuntersuchungen erarbeitet.
Ausbau geplant
Auch für die Corona-Forschung werden die Bioproben gebraucht, erklärt Roland Jahns, Leiter der Biobank: "Wir konnten nach den ersten Coronafällen sofort reagieren und viele Proben von Patienten einlagern. Sie sind wertvoll für die Forschung. Wir wollen wissen, warum die Verläufe der Betroffenen so unterschiedlich sind und inwieweit das mit Vorerkrankungen zusammenhängt. Der Bedarf ist groß. Deshalb werden wir in den kommenden zwei Jahren die Würzburger Biobank ausbauen."
Datenschutz und Ethik
Nur wenn Patientinnen und Patienten zustimmen, werden Proben eingelagert. Deren Daten werden verschlüsselt. Lediglich ein Zahlencode wird mit Angaben zu Größe, Geschlecht und Krankheitsbild versehen. Die Experten sprechen von einer Pseudonymisierung.
In Ausnahmefällen können Datenschützer jedoch eine Probe einem Patienten wieder zuordnen, wenn sie beispielsweise auf eine Krankheit stoßen. Alle Vorgänge an der Biobank überwacht eine Ethikkommission. Sie entscheidet auch, für welche Forschungen Proben herausgegeben werden.
International vernetzt
2013 ging die Würzburger Biobank in Betrieb, als eine der ersten fünf vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten akademischen Biobanken. Nach dem Würzburger Modell sind weitere Biobanken entstanden. Heute sind 17 dieser Einrichtungen in Deutschland zu einem Netzwerk zusammengeschlossen.
Die Bioproben stehen auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der ganzen Welt grundsätzlich zur Verfügung. So konnte damit eine europaweite Darmkrebsstudie unterstützt werden. Dazu stellte die Biobank Würzburg dem internationalen Forscherteam 600 Proben zur Verfügung. Die Ergebnisse der Studie stehen noch aus.
Gut gesichert
Schon vor Einführung zentraler Biobanken sammelten Wissenschaftler Proben und lagerten sie in Kühlschränken. Doch die Kühlketten wurden oft unterbrochen und dadurch auch Forschungsergebnisse verfälscht. Die Würzburger Biobank ist mehrfach gegen Stromausfälle abgesichert.
Selbst wenn diese Aggregate ausfallen würden, könnten die Kühltürme mit Stickstoff gefüllt werden. Der Bedarf an Proben ist groß, deshalb wird die Lagerkapazität am Standort Würzburg verdoppelt - auf rund zwei Millionen Bioproben.