Internationale Fledermausnacht Worüber reden Fledermäuse?
Mit Hilfe ihrer Ultraschall-Rufe und der zurückgeworfenen Echos können sich Fledermäuse orientieren. Diese Echo-Ortung ist aber für die Tiere längst nicht der einzige Grund zu rufen.
Am letzten August-Wochenende ist Internationale Fledermausnacht, die Batnight. Eigentlich sind es sogar mehrere Nächte. Fast 40 Länder weltweit beteiligen sich, in Deutschland wird die Batnight vom Naturschutzbund NABU organisiert.
An vielen Orten gibt es Nachtwanderungen, um Fledermäuse zu beobachten und zu belauschen - mit kleinen Geräten, sogenannten Fledermaus- oder Bat-Detektoren. Die meisten Laute der heimischen Fledermäuse sind nämlich so hoch, dass Menschen sie nicht hören können. Der Bat-Detektor wandelt die Ultraschall-Rufe in für uns hörbare Laute um.
Je nach Technik klingt es mal knatterig, mal sogar melodiös. Bei der Batnight kann man die Tiere zum Beispiel auf dem Flug ins Jagdgebiet hören oder bei der Jagd selbst. Wasserfledermäuse etwa jagen Insekten dicht über der Oberfläche von stillen Gewässern.
Fledermäuse können fast so laut sein wie ein startender Düsenjet
Auch wenn die Laute aus dem Bat-Detektor das nicht ahnen lassen: Fledermäuse schreien, gerade bei der Echo-Ortung, erklärt Fledermaus-Expertin Mirjam Knörnschild, Wissenschaftlerin am Museum für Naturkunde und an der Humboldt-Uni Berlin. "Das liegt daran, dass sie im Ultraschall-Bereich rufen und hohe Töne sehr schnell abgeschwächt werden. Das heißt, sie haben keine besonders große Reichweite. Wenn sie über eine größere Distanz Dinge erfassen möchten, müssen sie sehr, sehr laut rufen. So etwas wie 110 oder 120 dB ist keine Seltenheit bei Fledermäusen, und das ist wirklich nahe am startenden Düsenjet." Aber weil es Ultraschall-Gebrüll ist, bleibt es von Menschen unbemerkt.
Fledermäuse unterhalten sich auch. So gibt es auch bei ihnen ein 'Hallo' zur Begrüßung.
Auch Fledermäuse sagen "hallo"
Fledermäuse verständigen sich auch untereinander, erzählt die Biologin. Die Stimme sei so etwas wie die Superkraft der Tiere. Fledermäuse haben eine unglaublich gute Kontrolle über ihre Stimme, ihren Kehlkopf, ihre Zunge und auch darüber, wie die Laute, die sie produzieren und die Echos, die dann zurückgeworfen werden, im Gehirn weiterverarbeitet werden. Diese gute Kontrolle wird dann auch zur sozialen Kommunikation genutzt.
"Bei Fledermäusen gibt es ganz verschiedene Arten von 'hallo', so wie bei Menschen auch", erläutert Knörnschild. "Es gibt das Hallo zwischen Eltern und Kindern zur Begrüßung. Es gibt das Hallo zwischen Arbeitskollegen, die vielleicht gemeinsam auf die Arbeit gehen. Bei Fledermäusen wäre das dann eine Gruppe von Tieren, die miteinander jagen. Und dann kann man sich vielleicht noch das Hallo an der Bar vorstellen. Das wäre dann ein Männchen in einem Paarungsquartier, das versucht, ein Weibchen anzulocken."
Dabei hätten Fledermäuse zum Teil ähnliche Themen wie Menschen auch. Sie wollen sich fortpflanzen, brauchen einen sicheren Ort zum Leben, sie wollen sich ernähren und mit ihren Freunden Zeit verbringen. Mit bloßem Ohr können Menschen nur die tieffrequenten Sozialrufe von Fledermäusen hören, vor allem Zetern, wenn Fledermäuse sich streiten. Auch Fledermaus-Gesang können Menschen manchmal als feines Zirpen wahrnehmen.
Durch Beobachtung zum "Wörterbuch" für Fledermaus-Rufe
Welche Rufe was bedeuten, finden die Forschenden heraus, indem sie das Verhalten von Fledermäusen beobachten. Sie verbringen viel Zeit mit den Tieren im Freiland. "Wir haben sie in der Regel individuell markiert, so dass wir die einzelnen Individuen auch in größerer Entfernung voneinander unterscheiden können", berichtet Knörnschild.
"Wir beobachten sie entweder am Tag in ihren Quartieren oder nachts mit Hilfe spezieller Technik, Wärmebild zum Beispiel oder Infrarot, damit wir sie gut sehen können. Dann nehmen wir ihre Kommunikationslaute auf und überlegen, was das jetzt für eine Situation war und was dieser Ruf bedeuten könnte." Bei sogenannten Playback-Experimenten spielen die Forschenden den Fledermäusen die Laute wieder vor. Wenn die Reaktion der Tiere zur vermuteten Bedeutung der Rufe passt, weiß das Team: es hat einen Treffer gelandet.
Gibt es auch bei Fledermäusen eine Grammatik?
Ob die Fledermaus-Sprache auch eine eigene Grammatik hat, ist unklar. Die Forschenden wissen nur: Bei verschiedenen Lautäußerungen, die aus Einzelsilben zusammengesetzt sind, ist die Reihenfolge der Silben wichtig und darf nicht durcheinandergebracht werden.
"Aber um wirklich Grammatik zu haben, müsste man beweisen können, dass eine Bedeutung sich ändert, sich zum Beispiel dreht, wenn man eine Wortstellung ändert, wie das in unserer Sprache ja ist", so die Wissenschaftlerin. "Das ist bei Fledermäusen bisher noch nicht gezeigt worden. Es kann sein, dass sie das haben, aber wir wissen es bisher nicht."
Von maulfaulen und wortgewandten Spezies
In den Tropen gibt es einige Fledermaus-Arten, die überwiegend alleine leben und sich nur zur Paarungszeit kurz treffen. Das Lautrepertoire dieser Arten ist entsprechend kleiner. Die Fledermaus-Arten in Deutschland dagegen leben alle zumindest während der Zeit der Aufzucht der Jungtiere sozial in sogenannten Wochenstuben zusammen. Weibchen kommen in der Regel an den Ort ihrer Geburt zurück, bringen dort ihr Jungtier zur Welt und ziehen es auf.
"So eine Wochenstube ist ein sehr geschwätziger Haufen", lacht Knörnschild. "Da wird geschubst und gedrängelt und über den richtigen Platz verhandelt. Mütter suchen ihre Jungtiere. Jungtiere sind vielleicht runtergefallen und möchten von ihren Müttern wieder aufgehoben werden. Da wird sehr viel kommuniziert."
Wer Glück hat, kann auch bei der Batnight erleben, wie sich Fledermäuse miteinander unterhalten. Das können unter anderem kleine Streitigkeiten sein. Wenn etwa Zwergfledermäuse um eine Straßenlaterne Insekten jagen, kann es sein, dass ein Tier das andere vertreibt. "Hey, das ist meins, ich war zuerst hier", klingt nach der Umwandlung für unsere Ohren wie kurze Triller. Da die Batnight im August stattfindet, kann man dabei auch Fledermäuse singen hören.
Manche Fledermäuse singen wie Vögel
Fledermäuse singen, um ein Revier zu verteidigen oder um Weibchen anzulocken. Im August beginnt für die meisten heimischen Arten die Paarungszeit, etwa für den Großen Abendsegler. "Die haben einen ganz langen, wunderschönen Gesang", schwärmt Knörnschild. "Die Großen Abendsegler singen sowohl im Flug als auch von sogenannten Singwarten aus. Da sitzen sie dann an Bäumen, wo ihre Paarungsquartiere drin sind, in der Nähe der Einflugsöffnungen und werben damit um die Gunst der Weibchen."
Warum Fledermäuse Schutz brauchen
Etliche Fledermausarten in Deutschland sind bedroht, klagt die Biologin. Die aktuelle Rote Liste der Säugetiere Deutschlands führt drei Arten als vom Aussterben bedroht auf, darunter die Große Hufeisennase. Vier Arten gelten als stark gefährdet, etwa die Wimpernfledermaus und die Bechsteinfledermaus, und drei weitere als gefährdet. Der Große Abendsegler steht auf der Vorwarnliste.
Die Fledermäuse litten zum Beispiel unter dem Insektensterben und dem menschengemachten Klimawandel, erklärt Knörnschild. Und die Tiere finden immer weniger alte Bäume oder Keller und Dachböden, in denen sie schlafen können. Die Forscherin hofft, dass die Batnight möglichst vielen Menschen Lust macht, etwas für die Tiere zu tun. Der NABU bietet zum Beispiel eine Bauanleitung für einen Fledermauskasten an.
Den eigenen Garten kann man laut NABU fledermausfreundlich gestalten, indem man nektarreiche, nachtblühende Pflanzen setzt, ohne Gift gärtnert, einen Teich anlegt und alte Obstbäume stehen lässt.