Klimafinanzierung Wofür die Entwicklungsländer das Geld brauchen
Eine Billion US-Dollar jährlich - mindestens: So viel fordern die Entwicklungsländer auf der UN-Klimakonferenz von den Industrieländern für die Klimafinanzierung. Aber wofür genau? Und wo soll das Geld herkommen?
Mindestens 1.000 Milliarden US-Dollar an Hilfszahlungen pro Jahr - das fordern die Entwicklungsländer von den Industrieländern. Zur Einordnung: Das ist in etwa so viel, wie Bund, Länder und Kommunen insgesamt in Deutschland pro Jahr ausgeben.
Die Entwicklungsländer fordern Hilfe in drei Bereichen:
- Klimaschutz: Aufbau eines klimaneutralen Wirtschafts- und Energiesystems
- Klimaanpassung: Zum Beispiel höhere Deiche, Hitzeschutz, Züchtung von hitzeresilienten Pflanzen, Forschung an neuen Anbaumethoden
- Klimakatastrophen-Nothilfe: schneller Akuthilfe-Fonds für klimabedingte Überschwemmungen, Dürren usw.
Bislang kaum Geld für Klimaschäden
Aktuell fließen global pro Jahr schon etwa 100 Milliarden US-Dollar an Klima-Geldern. Der mit Abstand größte Teil, rund zwei Drittel, allerdings in den Klimaschutz. Dabei hatten sich die Länder im Pariser Klimaabkommen 2015 eigentlich darauf geeinigt, das bereitgestellte Geld zur Hälfte für Klimaschutz und zur Hälfte für Klimaanpassung bereitzustellen.
Und für die dritte Säule der Klimafinanzierung, die Klimakatastrophen-Nothilfe, kommt global bisher pro Jahr weniger als eine Milliarde zusammen. Das sind Gelder für "Schäden und Verluste", englisch "Loss and Damage" genannt. Dabei war die Einrichtung eines offiziellen "Loss and Damage"-Fonds einer der Erfolge der Klimakonferenz in Dubai im vergangenen Jahr.
Vierzig Mal weniger Tote durch Zyklone
Klimaschutz- und Menschenrechtsorganisationen stellen klar: Aus ihrer Sicht braucht es deutlich mehr Unterstützung vor allem bei der Katastrophenhilfe und bei der Klimaanpassung. Dabei gehe es ganz konkret um Menschenleben.
Laura Schäfer, Expertin für Internationale Klimapolitik bei der Klimaschutzorganisation Germanwatch, nennt ein Positiv-Beispiel: Bangladesch habe mithilfe von Klimaanpassungsgeldern in den vergangenen Jahren in Zyklon-Schutzräume und Zyklon-Frühwarnsysteme investiert. Dadurch stürben inzwischen 40-mal weniger Menschen bei Zyklonen. "Klimafinanzierung wirkt", sagt Schäfer. Aber es brauche ein Vielfaches an Mitteln.
Klimaschädliche Subventionen umfunktionieren
Aber woher soll das Geld kommen in Zeiten zahlreicher anderer Krisen und Kriege weltweit? Dazu stellt Sabine Minninger von der Organisation Brot für die Welt zwei Dinge klar. Erstens: Länder wie Deutschland müssten zwar aus Haushaltsmitteln noch mehr in die Klimafinanzierung einzahlen, aber es gehe eben nicht, "dass man jetzt höhere Steuern auf die hart arbeitende Bevölkerung abwälzt oder Geld wegnimmt von Bildung oder Grundsicherung".
Stattdessen müssten die 65 Milliarden an bestehenden direkten oder indirekten Subventionen für fossile Energien umgenutzt werden, die es in Deutschland immer noch gebe. Von denen profitierten vor allem die Wohlhabenden, etwa durch das Dienstwagenprivileg.
Und zweitens: Zu argumentieren, Klimaschutz und Klimaanpassung seien angesichts anderer Krisen aktuell nicht finanzierbar, sei "unfassbar kurzsichtig". Die Klimaerwärmung drohe schließlich am Ende militärische Krisen zu triggern, zum Beispiel durch Kämpfe um knappes Trinkwasser.
Vorschlag: Globale Milliardärssteuer
Klimaexperten und Nichtregierungsorganisationen, aber auch Politikerinnen wie die deutsche Entwicklungsministerin Svenja Schulze und Staatenlenker wie der brasilianische Präsident Luiz Inacio Lula da Silva, bringen nun zusätzlich neue mögliche Finanzierungsquellen ins Spiel, etwa eine globale Mindeststeuer für Milliardäre. Bei einer Pflichtabgabe von zwei Prozent auf das Vermögen der rund 3.000 Milliardäre weltweit kämen jährlich 250 Milliarden Euro zusammen, sagte Schulze in der ARD-Radiosendung "Mitreden! Deutschland diskutiert".