Aus einem Schornstein tritt Qualm aus

Deutschland bei Klimakonferenz Geschwächt nach Baku?

Stand: 11.11.2024 14:24 Uhr

Die Bundesregierung hofft bei der COP29 auf ein Bekenntnis zum Ausstieg aus fossilen Energien. Doch die Öl- und Gaslobby ist stark. Und die Opposition sieht Deutschland infolge der Regierungskrise geschwächt.

Von Jan Zimmermann, ARD-Hauptstadtstudio

Nach dem Aus der Ampelkoalition hat Bundeskanzler Olaf Scholz seine Teilnahme zum Start der Weltklimakonferenz in Aserbaidschan abgesagt. Die zuständigen Fachminister, Außenministerin Annalena Baerbock, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke werden stattdessen am Verhandlungstisch sitzen - zumindest an bestimmten Tagen. Grünen-Politikerin Lemke hofft, das Ende von Öl, Gas und Kohle auf dieser Konferenz besiegeln zu können. Sie erwarte, dass es ein klares Bekenntnis zum Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energien gebe, so die Ministerin im Vorfeld der Konferenz.

Widerstand aus den USA und von Golfstaaten erwartet

Doch der Widerstand ist groß. Die Golfstaaten etwa verdienen mit fossiler Energie viel Geld und sperren sich gegen einen Ausstieg. Auch die USA werden unter dem künftigen Präsidenten Donald Trump dagegen stimmen.

Anton Hofreiter von den Grünen reist ebenfalls zur Klimakonferenz und ist nicht so zuversichtlich wie seine Parteikollegin Lemke: "Ob es bei dieser COP bereits gelingt, den Ausstieg zu beschließen, ist eine offene Frage", glaubt Hofreiter. "Es ist auch wieder ein Erdöl- und Erdgas-Land, das die COP ausrichtet. Aber es wird immer drängender, dass es passiert, denn immer mehr Menschen sterben", sagt der Bundestagsabgeordnete mit Blick auf die Flutkatastrophe in Spanien.

Steht Deutschlands Finanzzusage?

Neben dem Ausstieg aus fossiler Energie geht es bei der Weltklimakonferenz um Finanzierungsfragen. Die Industrieländer haben sich vor Jahren darauf verständigt, hundert Milliarden Dollar jährlich für Investitionen in Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen zur Verfügung zu stellen.

Erst im vergangenen Jahr ist diese Summe zum ersten Mal erreicht worden. Deutschland hat versprochen, sechs Milliarden Euro beizusteuern. Doch es gibt Zweifel, ob sich die Bundesregierung an ihr Versprechen hält, meint Viviane Raddatz von der Umweltschutzorganisation WWF: "Die Bundesrepublik hat ihre Finanzierungszusage von sechs Milliarden in diesem Jahr aufgrund der Haushaltslage noch nicht bestätigen können", mahnt Raddatz. "Wir erwarten ganz klar von der Bundesregierung, dass diese Zusage zu den sechs Milliarden steht."

Bisher versucht Deutschland, derartige Zweifel vor der Konferenz zu zerstreuen. Umweltministerin Lemke betont, das Bekenntnis zu den sechs Milliarden Euro stehe. Alle anderen Verhandlungen würden bei der COP geführt.

Denn dort auf der Weltklimakonferenz geht es dieses Jahr um deutlich mehr als um die schon vor Jahren vereinbarten Summen. Der Weltklimarat, Wissenschaftler und Umweltschutzorganisationen fordern mehr Geld für Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen, auch Viviane Raddatz vom WWF: "Aus unserer Sicht müsste dieser öffentliche Finanzierungskern insgesamt eine Billion Euro betragen. Je mehr wir heute in Klimaschutz investieren, desto weniger müssen wir später in Anpassung und Verluste investieren."

Eine Billion - eine Summe, die von Mitgliedern der Bundesregierung als utopisch angesehen wird. Was sich aber ändern soll: In Zukunft sollen nicht nur überwiegend die Industriestaaten die Finanzierung stemmen, sondern deutlich mehr Länder, heißt es aus dem Kanzleramt. Und der Grünen-Abgeordnete Hofreiter erklärt: "Entscheidend ist, dass da zukünftig auch große Verschmutzer wie China oder die reichen Golfstaaten einzahlen. Und entscheidend ist, dass es insbesondere auch gelingt, die großen Unternehmen, die großen Konzerne, die viel Geld verdienen mit der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen, endlich dazu zu bringen, dass sie bei der Beseitigung der Schäden mitzahlen."

Opposition sieht deutsche Rolle geschwächt

Doch um das zu erreichen, wird es viel Verhandlungsgeschick brauchen. Der CDU-Klimapolitiker Andreas Jung meint, Deutschland nehme geschwächt an der Konferenz teil - vor allem, aber nicht nur wegen des Bruchs der Regierungskoalition. Dabei müsse Deutschland doch eigentlich eine Vorbildrolle einnehmen, sagt Jung: "Wenn andere auf Deutschland schauen, dann müssen die doch sagen: Mensch, so wie die das machen, ist es gut. Die erreichen Klimaziele, die haben eine starke Wirtschaft, die haben die soziale Akzeptanz, die setzte auf Technologien und die wollen wir mit denen gemeinsam entwickeln und global voranbringen. Da passiert zu wenig."

Welchen Einfluss Deutschland tatsächlich in Aserbaidschan haben wird, bleibt abzuwarten. Klar ist aber: Es werden schwierige Verhandlungen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 11. November 2024 um 14:27 Uhr.