Folgen des Klimawandels für Winzer Ohne Regen schmeckt der Wein nach Konfitüre
Französische Winzer sehen sich durch den Klimawandel in ihrer Existenz bedroht. "Der Himmel fällt uns auf den Kopf", klagen sie. Die wachsende Trockenheit erschwert den Weinanbau. Die besseren Tropfen könnten bald aus Großbritannien kommen.
Von Angela Ulrich, SR-Hörfunkstudio Paris
Séverine Bourrier zuckt ein wenig hilflos mit den Achseln. Die junge Winzerin aus dem Roussillon blickt nicht gerade fröhlich in die Zukunft. "Wir müssten zaubern können", sagt sie,"sonst gibt es wenig Möglichkeiten. Oder vielleicht Regentänze aufführen? Die Lage wird delikat!"
Trockenheit und steigende Temperaturen machen den Weinbauern im Süden Frankreichs zu schaffen. Bourrier führt seit elf Jahren mit ihrem Mann Philippe das Weingut Chateau de l'Ou in Montescot südlich von Perpignan. Ou, das heißt Ei im katalanischen Dialekt, und ein solches Ei schmückt auch die Etiketten ihrer Weine. "Denn früher hatten wir noch ein bisschen Wasser. Es gab eine Quelle in Eiform, die bei uns aus dem Boden kam", erzählt Bourrier. "Das hat dem Ort seinen Namen gegeben. Aber jetzt ist diese Quelle versiegt, wegen der Trockenheit."
Französische Winzer fürchten Qualitätsverluste ihrer Weine durch den Klimawandel.
Im Süden regnet es kaum noch
Denn es regnet so gut wie gar nicht mehr im Roussillon, der südlichsten Gegend Frankreichs am Mittelmeer. Und wenn, dann gibt es Unwetter und viel Wind. Das kommt vom Klimawandel, ist die Winzerin überzeugt. Das macht ihrem Wein zu schaffen, in Sachen Alkoholgehalt und Geschmack: "Wir brauchen ein Gleichgewicht von Frische und Fruchtigkeit", sagt Bourrier. "Unsere Kunden wollen keine Weine mit bis zu 18 Prozent Alkohol. Das droht aber: Dass die Weine nach überreifer Frucht schmecken, eher wie eine Konfitüre als ein guter Wein!"
Britischer Chardonnay bald so gut wie französischer
Beim Branchentreffen der unabhängigen Winzer vor kurzem in Paris konnten auch Bourriers Kollegen ein Lied davon singen. Die Folgen der Erderwärmung veränderten nicht nur den Geschmack des Weines, sagt Verbandspräsident Michel Issaly. Die Anbaugebiete verschöben sich. Am Mittelmeer werde es zu heiß und zu trocken. Stattdessen werden Issaly zufolge die Briten bald gute Weinbaubedingungen haben: "Historisch gesehen ging bisher nichts in einer Zone klar nördlich von Frankreich. Aber heute kann man sogar in England Wein anbauen. Die Briten sagen, in zehn bis 15 Jahren sei ihr Chardonnay genauso gut wie französischer!"
Für Issaly ist das ein Unding. Manche sensible Rebsorten wie der Pinot noir im Burgund könnten ganz verschwinden. Issaly und seine Kollegen versuchen, ihre Arbeitsbedingungen anzupassen und die Gärprozesse zu verkürzen, damit sich nicht zu hohe Alkoholkonzentrationen entwickeln. "Doch alleine schaffen wir es nicht", sagt der Winzerpräsident. "Wir sehen, wie der Himmel uns auf den Kopf fällt. Wir brauchen unsere Regierungen, wir brauchen am Ende der Klimakonferenz von Kopenhagen Beschlüsse. Es ist Zeit zu handeln, aber wir können das nicht allein tun!"
Frankreichs Winzer verkürzen die Gärprozesse, damit sich nicht zu hohe Alkoholkonzentrationen entwickeln.
"Es ist paradox"
Doch manchmal fühlt sich Issaly auch wie ein einsamer Rufer in der Wüste. Denn trotz aller Zeichen sei der Leidensdruck noch nicht hoch genug, sagt der weißhaarige Winzer mit den zerfurchten Händen. Frankreich hat sich nämlich gerade von Italien wieder den Platz als größter Weinproduzent weltweit zurückerobert. "Es ist paradox", sagt Issaly. "Manche Zonen sind schwer betroffen vom Klimawandel, andere profitieren hingegen von der Erwärmung, weil sie rundere Weine machen können. Aber diese Periode wird nicht andauern! Der Himmel fällt uns auf den Kopf."