Müll am Braamfontein Spruit in Johannesburg.

Private Müllinitiative Ein "Held der Flüsse" in Südafrika

Stand: 04.09.2024 15:50 Uhr

Ein Unternehmer in Johannesburg geht gegen den Müll in seiner Umgebung vor. Immer mehr Frauen und Männer schließen sich ihm an. Von den Behörden fühlen sie sich alleingelassen.

Es ist ein sonniger Samstagvormittag in Bryanston. Durch das gutbürgerliche Viertel im Nordwesten der Millionenmetropole Johannesburg schlängelt sich der Braamfontein Spruit. An den Ufern des Flüsschens sieht man Felsen, Büsche, einige Bäume und sehr viel Müll. Plastiktüten, Plastikflaschen, Plastikbecher, leere Dosen, Stofffetzen, Altpapier. 

"So sieht das aus, wenn man vor Ort ankommt. Plastik, Textilien, Abfälle, die flussabwärts geschwemmt oder von Menschen, die in der Gegend leben, direkt ins Wasser geworfen werden"sagt Noluthando Sawuka. Die junge Frau hat Gummistiefel an, bequeme Hosen und ein T-Shirt mit dem Logo von Hlanzekile.

Ehrenamtler kümmern sich um einen Fluss

Das Wort kommt aus der Sprache der Zulus und bedeutet übersetzt so viel wie "Aufräumen" oder "Saubermachen". Ein passender Name für eine bemerkenswerte Initiative. Hlanzekile kümmert sich nämlich um den Müll im Braamfontein Spruit.

Der Unternehmer Floyd Nyai hat die Organisation vor knapp einem Jahr gegründet. Er kommt aus der Reinigungsbranche und wohnt in der Gegend. "Auf dem Weg zur Arbeit überquere ich den Fluss jeden Tag und habe gesehen, wie verschmutzt er war. Darum habe ich beschlossen, mit einigen meiner Mitarbeitern zu helfen und die Abfälle zu beseitigen."

Floyd Nyai wird von Stephan Ueberbach interviewt.

Unternehmer Floyd Nyai hat die Müllsammel-Initiative in Johannesburg gegründet.

"Es gibt noch viel zu tun"

Zwölf Leute gehören inzwischen fest dazu. Die meisten machen ehrenamtlich mit, so wie die studierte Umweltwissenschaftlerin Noluthando Sawuka. Sie arbeitet hauptberuflich in einem Labor, das Wasserproben analysiert. Sie sagt: "Bei Hlanzekile bin ich dabei, weil ich nicht nur mein Fachwissen anwenden, sondern gleichzeitig etwas für die Gesellschaft tun kann."

Der Braamfontein Spruit ist knapp 15 Kilometer lang. Auf einer Strecke von etwa drei Kilometern sind die Ufer inzwischen schon gesäubert. Aber es gibt noch viel zu tun für den "Helden der Flüsse", wie Floyd Nyai in den örtlichen Medien genannt wird. Vor allem da, wo viele Bäume und Büsche am Ufer stehen, denn die wirken wie ein Kescher für den Plastikmüll - vor allem dann, wenn es Hochwasser gibt, was gerade in den regenreichen Sommermonaten immer wieder passiert.

Müll wird gesammelt und sortiert

Um ihre Helfer vor Verletzungen zu schützen, stellt die Initiative Werkzeug und Ausrüstung bereit. Greifzangen zum Beispiel, um die Abfälle aufzusammeln, ohne dabei die bloßen Hände benutzen zu müssen. Aber auch Anglerhosen und Gummistiefel, weil die ehrenamtlichen Umweltschützer an manchen Stellen bis zur Hüfte im Wasser stehen. Jeder Helfer ist mit einem großen, wiederverwendbaren Sack unterwegs, klaubt den Müll aus den Büschen, aus den Bäumen und aus dem Wasser.

Die gesammelten Abfälle werden zunächst auf eine große Plane geschüttet, dann sortiert und am Schluss gewogen. Ein Statistik erfasst, wie viel an Metallen, Elektronik, Textilien, Papier oder Plastik zusammengekommen ist. Die Abfälle gehen dann zur Aufbereitung an Recycling-Betriebe. Rund 150 Kilo holt die Initiative an einem durchschnittlichen Samstag aus dem Fluss.

Müll am Braamfontein Spruit in Johannesburg.

Der Plastikmüll soll in Zukunft wiederaufbereitet werden.

Bei den Anwohnern kommt die Aufräumaktion gut an. Von der Stadtverwaltung in Johannesburg fühlen sich die Bürgerinnen und Bürger nämlich schon lange im Stich gelassen. Zum Beispiel John, der gerade eine Fahrradtour durch Bryanston macht: "Die Führung der Stadt ist nicht existent. Ich glaube, sie konzentrieren sich nur aufs Plündern und Stehlen und kümmern sich nicht um die wertvollen Ressourcen. Dabei sind Flüsse doch so wichtig für die Artenvielfalt und die Tierwelt."

Initiator sucht Sponsoren für Müllsammler

Zwar wird Hlanzekile von einigen Privatleuten mit Geld oder mit Sachspenden unterstützt. Um aber weiter wachsen zu können, sucht die Initiative nach zahlungskräftigen Sponsoren, auch weil sie ihren Helfern aus sozial schwachen Gemeinden in Johannesburg zumindest etwas Geld anbieten will. Erste Kontakte zu möglichen Finanziers in der Privatwirtschaft sind schon geknüpft. Gespräche mit den örtlichen Behörden über eine mögliche Unterstützung gestalten sich allerdings zäh.

Für die Zukunft hat Floyd Nyai trotzdem große Pläne. Zum Beispiel will er den Plastikabfall künftig in Eigenregie zu hochwertigen Produkten weiterverarbeiten. "Wir überlegen etwa, Mülltonnen herzustellen, die wir in den von uns gereinigten Gegenden aufstellen können. Mülltonnen aus Plastik."

Müll am Braamfontein Spruit in Johannesburg.

Die Initiative will bei den Menschen ein Bewusstein für die Plastikverschmutzung schaffen

"Bildung ist der Schlüssel"

Außerdem geht es Hlanzekile um Aufklärung und Prävention. Damit die Menschen verantwortungsvoller mit der Umwelt umgehen und ihren Müll nicht in der Natur entsorgen - so wie es in Johannesburg ganz offensichtlich viele tun. Bildung ist der Schlüssel, davon ist Floyd Nyai überzeugt.

"Wir wollen deshalb die Menschen über die negativen Auswirkungen der Plastikverschmutzung auf die Umwelt aufklären. Damit sich die Leute der Tatsache bewusst werden, dass Plastik zum Klimawandel und zur globalen Erwärmung beiträgt."

"Ein Anfang ist gemacht"

Umweltwissenschaftlerin Noluthando Sawuka hat für die Achtlosigkeit vieler Menschen keine Erklärung - und kein Verständnis. "Wir haben so schöne Ökosysteme, die für viele verschiedene Zwecke nutzbar wären. Wenn diese Gegend hier sauber wäre, dann könnte man vielleicht "River Rafting" oder andere Aktivitäten anbieten. Aber so etwas ist leider nur begrenzt möglich, weil der Fluss und die Ufer so schmutzig sind."

Immerhin: Ein Anfang ist gemacht. Und noch gibt es Hoffnung, dass die Organisation das selbstgesteckte Ziel erreicht, so wie sie es in ihrem Motto "Let it be clean in Joburg" formuliert. Übersetzt heißt das: "Es soll sauber sein in Johannesburg.