Testmodell der Trägerrakete Ariane 6 in der Abenddämmerung

Jahresrückblick Das war die Raumfahrt 2024

Stand: 27.12.2024 06:32 Uhr

Erstflug der Ariane 6, erste Landung des Starship und erstes Gestein von der Rückseite des Mondes: 2024 war ein wichtiges Jahr für die Raumfahrt - auch wenn nicht alles klappte wie geplant. Ein Rückblick auf die wichtigsten Missionen.

Von David Beck, SWR

Mehr als 240 erfolgreiche Raketenstarts weltweit - damit ist 2024 schon das vierte Rekordjahr in Folge. Mit 128 Starts gehen mehr als die Hälfte auf die Rechnung der Falcon 9 von SpaceX - das erste Mal, dass ein Raketentyp mehr als hundert mal in einem Jahr ins All gestartet ist.

Aber nicht nur Space-X verzeichnete dieses Jahr Erfolge. Mit der Ariane 6 hat Europa knapp ein Jahr nach dem letzten Flug der Ariane 5 wieder eine Schwerlastrakete. Am 9. Juli startete sie erfolgreich vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou. Während des Fluges kam es allerdings zu einem Problem mit dem Triebwerk der Oberstufe. Das sollte eigentlich bis zu fünf Mal wiederentzündbar sein, allerdings funktionierte das nur zwei Mal. Die Oberstufe blieb als Weltraumschrott im All, was eigentlich durch das neue Triebwerk hätte verhindert werden sollen.

Die europäische Rakete für kleinere Nutzlasten Vega startete im September das letzte Mal. Ihre Nachfolgerin, die Vega-C, startete im Dezember 2024 zum dritten Mal - zwei Jahre nach ihrem letzten Flug. Damals versagte die zweite Stufe und die Rakete stürzte mit zwei Satelliten an Bord ins Meer.

Gestein von der Rückseite des Mondes

Da sich der Mond genauso schnell um sich selbst dreht, wie er um die Erde kreist, sehen wir immer nur eine Seite. Das macht Manöver oder sogar Landungen auf der Rückseite des Mondes besonders schwierig, weil kein direkter Funkkontakt besteht.

Die chinesische Raumsonde Chang’e 6 landete im Juni 2024 erfolgreich auf der Rückseite des Mondes. Nicht nur das, nach zwei Tagen auf der Oberfläche kehrte die Sonde mit Gesteinsproben an Bord zurück in die Mondumlaufbahn zurück, übergab diese Proben ihrem "Mutterschiff", das sie zurück zur Erde brachte. Das erste Mal, dass Gestein von der Rückseite des Mondes auf die Erde gebracht wurde.

Dieses Bild einer Videoanimation des Pekinger Raumfahrtkontrollzentrums zeigt die Sonde "Chang'e-6"

Dieses Bild einer Videoanimation des Pekinger Raumfahrtkontrollzentrums zeigt die Sonde "Chang'e-6"

Die Rückkehr zum Mond erneut verschoben

Nicht nur China hat den Mond als Ziel für die Raumfahrt ins Auge gefasst. Im Februar landete mit der IM-1-Mission von Intuitive Machines das erste Mal ein privates Unternehmen erfolgreich auf dem Mond - zumindest fast. Die Sonde kippte nach der Landung um. Alle Instrumente an Bord waren aber weiter funktionsfähig. Die einzige Nutzlast, die ihre Mission nicht erfüllen konnte, war eine "Moon Phases" getaufte Skulptur, die auf dem Mond hätte platziert werden sollen, aber durch das Umkippen der Sonde blockiert war.

Auch wenn der Verkehr um den Mond zunimmt, eine astronautische Landung lässt noch auf sich warten. Im Dezember gab die NASA bekannt, dass sich das Artemis-Programm erneut verzögert. Die Artemis-2-Mission, mit der Menschen erstmals seit den 1970er-Jahren zum Mond fliegen sollen, findet frühestens 2026 statt. Die erste Landung seit Apollo frühestens 2027.

"Mechazilla" fängt Rekordrakete

Das Starship von SpaceX ist die größte jemals gebaute Rakete. Nach ihrem Jungfernflug 2023 folgten dieses Jahr weitere Tests, jeder etwas erfolgreicher als der Vorherige. Im Oktober konnte die zurückkehrende erste Stufe der Rakete mit den sogenannten "Mechazilla"-Armen der Startrampe aufgefangen werden. Dieser Teil der Rakete ist fast 70 Meter hoch und wiegt 275 Tonnen.

Das Starship stellte noch einen weiteren Rekord auf: Sie ist die lauteste Rakete jemals. Der Schallforscher Kent Gee der Brigham Young University in Provo, Utah, schätzt, dass von allen menschengemachten Dingen nur Atombomben lauter sind. Mit dem stetig zunehmenden Raumfahrtbetrieb wird auch die Diskussion um Lärmbelästigung durch Raketen immer wichtiger, glaubt Gee.

Kerzenwachs-Rakete "Light this Candle"

Als erstes Deutsches Raumfahrt-Startup startete HyImpulse aus Neuenstadt am Kocher eine eigene Rakete. Die Höhenforschungsrakete SR75 startete von Südaustralien aus in 50 bis 60 Kilometer Höhe - damit aber nach internationaler Definition noch nicht ins Weltall. Der Flug wurde "Light this Candle" getauft.

Hyimpulse: computeranimiertes Bild einer Trägerrakete

Hyimpulse: computeranimiertes Bild einer Trägerrakete

Eine Anspielung auf das Paraffin, also Kerzenwachs, das die Rakete als Antrieb nutzt und eine Hommage an den ersten US-amerikanischen Raumfahrer Alan Shepard. Bei seinem ersten Flug ins All am 5. Mai 1961 rief er nach mehreren Startverschiebungen und einigen Stunden Wartezeit irgendwann entnervt: "Why don’t you fix your little problem and light this candle?" – Warum könnt ihr nicht euer kleines Problem lösen und diese Kerze endlich anzünden?

Rocket Factory Augsburg weniger erfolgreich

Weniger erfolgreich war eines der anderen Deutschen Raumfahrt-Startups, die Rocket Factory Augsburg. Bei einem Test der ersten Stufe ihrer in der Entwicklung befindlichen Rakete RFA One auf dem schottischen Weltraumbahnhof Saxavord im August kam es zu einer Explosion. Die Raketenstufe wurde dabei völlig zerstört. Den ersten Start hat Rocket Factory Augsburg für das kommende Jahr geplant. Auch das dritte Deutsche Raumfahrt-Startup, Isar Aerospace, peilt einen Start in 2025 an.

Ingenuitys letzter Flug

Das erste Fluggerät auf einem fremden Planeten, der Mars-Helikopter Ingenuity, landete nach 72 Flügen das letzte Mal. Der kleine Hubschrauber kam im Februar 2021 gemeinsam mit dem Rover Perserverance auf dem Mars an. Ursprünglich waren fünf kurze Flüge in den ersten 30 Tagen der Mission geplant. Nachdem Ingenuity aber keine Anstalten machte, nicht mehr zu funktionieren, wurde er in die Mission eingebunden und flog drei Jahre lang Erkundungsflüge für Perserverance.

Mars-Hubschrauber Ingenuity Illustration

Animation des Mars-Hubschraubers Ingenuity

Nach insgesamt mehr als zwei Stunden Flugzeit brachen bei der letzten Landung alle Rotoren ab. Vermutlich musste Ginny notlanden, weil die Leistung der Batterie über die Jahre zu sehr abgenommen hatte, und zog sich durch eine harte Landung die Schäden zu. Aufgrund seiner deutlich länger als geplanten Laufzeit wurde Ingenuity auch "The Little Copter That Could" genannt, angelehnt an die amerikanische Kindergeschichte "The Little Engine That Could". Darin zieht eine kleine, anthropomorphisierte Dampflock einen scheinbar viel zu schweren Zug über einen Berg.

Aus acht Tagen mach neun Monate (oder noch mehr)

Der Test des Boeing Starliner war lange erwartet. Das Raumschiff startete im Juni zur Internationalen Raumstation ISS. Eigentlich sollten die beiden Astronauten Sunita Williams und Butch Wilmore nur acht Tage bleiben. Probleme während des Fluges zur ISS verzögerten allerdings ihre Abreise immer weiter. Am Ende fiel die Entscheidung: Der Starliner wird ohne die beiden Astronauten zur Erde zurückkehren und Williams und Wilmore werden in die aktuelle Crew der ISS integriert.

Boeing Crew Flight Astronauten Butch Wilmore und Suni Williams

Boeing Crew Flight Astronauten Butch Wilmore und Suni Williams

Der geplante Rückflug - mit einer Dragon-Kapsel des Boeing-Konkurrenten SpaceX - sollte eigentlich im Februar 2025 stattfinden, wurde aber nochmal um mindestens zwei Monate verschoben. Aus den geplanten acht Tagen werden also mindestens zehn Monate im All.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete "Space Night science" auf ARD alpha am 01. Dezember 2024 um 19:00 Uhr.