Humanitäre Krise UN-Generalsekretär warnt vor Hungersnot im Sudan
Wegen der anhaltenden Kämpfe hat sich die humanitäre Lage im Sudan weiter verschlechtert. UN-Generalsekretär Guterres warnt jetzt vor einer Hungersnot. Ex-Präsident Baschir wurde unterdessen aus dem Gefängnis in ein Militärkrankenhaus verlegt.
Angesichts der Kämpfe im Sudan droht nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) in Teilen des nordostafrikanischen Landes eine Hungersnot. Im ganzen Land gebe es einen "Mangel an Nahrungsmitteln, Wasser, Medikamenten und Kraftstoff", hieß es in einem UN-Bericht. Die Situation sei "extrem akut, vor allem in Khartum und umliegenden Gebieten".
In manchen Teilen des Landes "ist humanitäre Hilfe das Einzige, was eine Hungersnot fernhält", erklärte UN-Generalsekretär António Guterres in New York.
Humanitäre Krise verschärft sich
Medienberichte und Schilderungen von Augenzeugen in sozialen Medien bestätigen die Einschätzung, dass sich die humanitäre Lage im Land weiter verschlechtert hat. Eine Korrespondentin des Senders Al-Dschasira berichtete laut Nachrichtenagentur epd aus Khartum, die Lage für die Bevölkerung sei zunehmend unerträglich.
Lebensmittel würden immer knapper. Die Reporterin sprach von einer brüchigen Waffenruhe. Viele Menschen könnten nicht aus der Stadt fliehen, weil ihnen das Geld dazu fehle. Auch Benzin werde zunehmend knapp.
WHO: Nur noch wenige Gesundheitseinrichtungen geöffnet
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind in der Hauptstadt Khartum nur 16 Prozent der medizinischen Einrichtungen offen, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus in Genf.
Die WHO prüfe zudem die Risiken, die durch die Besetzung eines staatlichen Medizinlabors entstanden sind. In dem Labor sollen Proben von teils tödlichen Krankheitserregern lagern. Noch ist unklar, welche der Konfliktparteien das Labor besetzt hält.
SOS-Kinderdorf angegriffen
Vor dem Hintergrund anhaltender Kämpfe soll auch das SOS-Kinderdorf in der Hauptstadt Khartum von Bewaffneten angegriffen worden sein. Wie die Organisation mitteilte, mussten die betreuten Kinder und Jugendlichen sowie die Mitarbeiter in Sicherheit gebracht werden.
Insgesamt seien 68 Kinder und 19 Angestellte in angemieteten Wohnungen in anderen Vierteln Khartums untergebracht worden. "Wir fordern beide Seiten auf, sich bedingungslos an die internationalen humanitären Gesetze und Prinzipien zu halten", sagte die Leiterin der SOS-Kinderdörfer im östlichen und südlichen Afrika, Senait Gebregziabher.
Flüchtlingskommissar mahnt zu schneller Hilfe
UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi appellierte an die Nachbarstaaten, die Grenzen zum Sudan offenzuhalten. Die Hilfsorganisation UNHCR verstärke die Unterstützung für die Regierungen, die sich auf größere Zahlen von Flüchtlingen vorbereiteten, erklärte Grandi in Genf. Eine völlige Katastrophe könne vermieden werden, aber die Uhr ticke schnell, sagte Grandi.
Nach UN-Angaben sind bereits mindestens 20.000 Sudanesen in den westlich angrenzenden Tschad geflohen, der bei knappen Ressourcen schon rund 600.000 Flüchtlinge beherbergt. Tausende Menschen hatten in den vergangenen Tagen Khartum Richtung Ägypten verlassen. Der ägyptische Rote Halbmond hat nach eigenen Angaben erste Hilfsangebote eingerichtet. Mehr als 10.000 Menschen hätten die Grenze bereits überquert, erklärte das ägyptische Verkehrsministerium.
Im Sudan selbst halten sich 1,1 Millionen Flüchtlinge aus anderen Ländern auf; 3,7 Millionen leben dort als Binnenvertriebene.
Sudans Ex-Präsident Omar al-Baschir wurde aus dem Gefängnis in ein Krankenhaus verlegt.
Ehemaliger Präsident Baschir ins Krankenhaus verlegt
Währenddessen wurde bekannt, dass der vor vier Jahren gestürzte sudanesische Langzeitherrscher Omar al-Baschir nach Angaben der Armee noch vor Beginn der aktuellen Kämpfe aus dem Kober-Gefängnis in Khartum in ein Krankenhaus gebracht worden ist.
Den Angaben zufolge waren Baschir, der ehemalige Verteidigungsminister Abdel-Rahim Mohammed Hussein und andere ehemalige Offizielle "aufgrund ihres Gesundheitszustands" in das vom Militär geführte Alijaa-Krankenhaus verlegt worden. Dort stünden sie unter Polizeibewachung. Gegen Baschir liegt von Seiten des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag seit Jahren ein Haftbefehl vor.
Ex-Regierungsmitglieder aus Gefängnis geflohen
Am späten Dienstagabend war bekannt geworden, dass Mitgliedern von Baschirs gestürzter Regierung die Flucht aus dem Kober-Gefängnis gelungen war.
Unter den Geflohenen ist auch der mutmaßliche Kriegsverbrecher Ahmed Harun, Leiter der berüchtigten Militäraktionen gegen Aufständische in der westlichen Region Darfur in den 2000er-Jahren. Gegen ihn liegt ebenfalls ein Haftbefehl des IStGH wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Darfur in 51 Fällen vor.
Es ist der dritte bekannte gewordene Gefängnisausbruch seit Beginn der Kämpfe zwischen Armeeeinheiten unter dem Kommando des Generals Abdel Fattah al-Burhan und der von Mohamed Hamdan Daglo angeführten paramilitärische RSF-Miliz vor knapp zwei Wochen. Bei den Kämpfen wurden nach UN-Angaben bisher mehr als 450 Menschen getötet und mehr als 4000 verletzt.