Kämpfe im Sudan "Die Versorgungslage ist extrem schlecht"
Hunderte Tote, Tausende Verletzte: Die Kämpfe im Sudan nehmen kein Ende. Für die Menschen wird die Lage zunehmend unsicher. Vor Ort gibt es kaum Wasser und Strom - und wer einkaufen geht, riskiert sein Leben.
Trotz einer angekündigten Feuerpause dauern die heftigen Gefechte im Sudan an. Über den Mittwoch hinweg gingen die Kämpfe zwischen den Streitkräften des Landes und einer paramilitärischen Truppe in der Hauptstadt Khartum weiter, wie Augenzeugen auf Twitter schrieben.
Auch am späten Abend war in der Hauptstadt Artilleriebeschuss zu hören, wie eine Reporterin der Nachrichtenagentur dpa vor Ort berichtete. Zuvor hatte sich die paramilitärische Gruppe Rapid Support Forces (RSF) zu einer Waffenruhe ab 18 Uhr (Ortszeit/MESZ) bereit erklärt.
Trotz der Kämpfe wollen viele Hilfsorganisationen bleiben. "Der Ausgang des jetzigen Kriegs und die Folgen für die staatliche Struktur des Sudan sind noch nicht absehbar", sagte ein Sprecher von "Brot für die Welt" den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Man werde sich dieser Herausforderung aber stellen. "Wir wollen weiter im Sudan arbeiten."
Arbeit der Hilfsorganisationen stark eingeschränkt
Die Binnenflüchtlingshilfe UN-Habitat der Vereinten Nationen teilte ebenfalls mit: "Ja, das Team von UN-Habitat ist weiterhin im Sudan." Auch die Kinderflüchtlingshilfe UNICEF hat ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort weiterhin im Einsatz. Das Bundesentwicklungsministerium befürchtet allerdings, dass ein Großteil der Arbeit eingestellt werden muss.
Ein ähnliches Bild zeichnete auch Katharina von Schroeder von Save the Children im Gespräch mit den tagesthemen. Ursprünglich hätte die Organisation mit rund 500 Mitarbeitern in 14 der 18 sudanesischen Provinzen gearbeitet - aktuell seien es nur noch drei. Denn die Kämpfe seien nicht nur in der Hauptstadt, sagte sie, sie seien "fast überall".
"Die Leute trauen sich nicht, vor die Tür zu gehen"
Die Versorgung vor Ort sei derzeit stark gefährdet. "Die Versorgungslage ist extrem schlecht", sagte von Schroeder. Wegen zerstörter Wasserrohre gebe es in einigen Orten keine Wasserversorgung mehr, vielerorts gebe es keinen Strom mehr und Lebensmittelvorräte werden knapp. "Weil die Leute sich nicht trauen, vor die Tür zu gehen oder sie müssen ihr leben riskieren, um einkaufen zu gehen - wenn sie denn ein offenes Geschäft finden."
Hinzu komme, dass Krankenhäuser zum Teil bei den Kämpfen beschädigt wurden. Mittlerweile seien 39 Krankenhäuser nicht mehr aktiv, die Patienten wurden evakuiert, berichtete von Schroeder. "Also auch die gesundheitliche Versorgungslage ist extrem schlecht." Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind die Angriffe auf die Gesundheitsversorgung "ein eklatanter Verstoß gegen das Völkerrecht und das Recht auf Gesundheit".
Der kenianische Präsident William Ruto kritisierte scharf, dass bei den Kämpfen auch auf Diplomaten gezielt werde. Die Situation "entwickelt sich zu einer Bedrohung des regionalen und internationalen Friedens und der Sicherheit", sagte er. Es bilde sich ein Muster systematischer Verstöße gegen etablierte Normen und Prinzipien des humanitären Völkerrechts heraus. Die rivalisierenden Gruppen rief er dazu auf, Zugang zu humanitären Hilfen zu gewähren und die Kämpfe zu beenden.
Evakuierungsmission abgebrochen
Für die im Sudan lebenden Deutschen bleibt die Lage ungewiss. Die Bundesregierung hatte eine Evakuierungsmission deutscher Staatsbürger mit Bundeswehrmaschinen aus dem Sudan wegen der Sicherheitslage am Mittwochnachmittag zunächst abgebrochen. Dennoch fühlt sich von Schroeder nicht von der Bundesregierung im Stich gelassen. Sie stehe im ständigen Kontakt mit der deutschen Botschaft. "Ich habe das Gefühl, die deutsche Regierung tut wirklich ihr Bestes", sagte sie in den tagesthemen.
Laut WHO starben mittlerweile mindestens 296 Menschen, mehr als 3000 wurden verletzt. Tatsächlich dürften es aber viel mehr sein, denn Bewohner berichteten, dass zahlreiche Leichen auf den Straßen lägen und wegen der anhaltenden Gefechte nicht geborgen werden könnten.
Seit Samstag kämpfen im Sudan die zwei mächtigsten Generäle des Landes und ihre Einheiten um die Vorherrschaft. Die zwei Männer führten das Land im Nordosten Afrikas mit rund 46 Millionen Einwohnern seit einem gemeinsamen Militärcoup im Jahr 2021. De-Facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der Oberbefehlshaber der Armee ist, kämpft gegen seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo, den Anführer der mächtigen RSF.