Russlands Krieg gegen die Ukraine Baerbock drängt China zu konstruktiver Rolle
Außenministerin Baerbock hat sich bei einem Besuch in Peking mit ihrem chinesischen Amtskollegen Wang getroffen. Ganz oben auf der Agenda der Ministerin stand dabei Chinas Rolle beim russischen Angriffskrieg auf die Ukraine.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat China bei ihrem Besuch in Peking zu einer konstruktiven Rolle bei der Beendigung des Ukraine-Kriegs gedrängt. "Drohnen aus chinesischen Fabriken und nordkoreanische Truppen, die den Frieden mitten in Europa angreifen, verletzen unsere europäischen Kern-Sicherheitsinteressen", sagte Baerbock vor Journalisten nach einem Treffen mit ihrem chinesischen Amtskollegen Wang Yi. Mit diesem sprach die deutsche Außenministerin nach eigenen Angaben mehr als drei Stunden lang.
Baerbock sagte in ihrer Pressekonferenz an China gerichtet, ein ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats dürfe "Konflikte, die unser aller Sicherheit bedrohen, nicht mit Unterstützung noch weiter befeuern".
Baerbock: Putin zieht Asien in Krieg hinein
Der russische Präsident Wladimir Putin zerstöre nicht nur die europäische Friedensordnung durch seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine, sondern ziehe nun "über Nordkorea auch Asien mit hinein", sagte Baerbock. Mit Wang habe sie "intensiv" darüber gesprochen, dass dies auch nicht im Interesse Chinas sein könne. Nordkorea hatte zuletzt Truppen zur Unterstützung Russlands entsandt.
Während westliche Staaten China eine Unterstützung des im Februar 2022 begonnenen russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vorwerfen, beteuert China stets, neutral zu sein. Baerbock sagte in Peking, sie habe Wang "in diesem Sinne viele Fragen gestellt" und ergänzte, in Zeiten von Angriffen und Opfern bedeute Neutralität im Zweifel auch, man unterstütze den Aggressor.
Baerbock warb weiterhin nach eigenen Angaben im Gespräch mit Wang für einem "gerechten Friedensprozess" zur Beendigung des Ukraine-Kriegs. Sie habe dies gerade deshalb getan, weil Deutschland und China "aus unterschiedlichen Perspektiven und Rollen kommen". Es brauche "einen gerechten Friedensprozess dringender denn je zuvor". "Die Sicherheit Europas und Asiens sind unteilbar miteinander verbunden", sagte Baerbock zudem.
Wang sagte nach Angaben des chinesischen Außenamtes bei dem Treffen, China sei eine Macht für Frieden, Wachstum und Stabilität in der Welt. Seine Strategie und politische Richtung seien offen und transparent. Pekings Politik gegenüber Deutschland bleibe außerdem stabil, und China erachte Deutschland als wichtigen Kooperationspartner seit dem Beginn der diplomatischen Beziehungen vor 52 Jahren. Baerbock rief Wang zu "Dialog und Zusammenarbeit" auf.
Berlin wirft China Drohnen-Hilfe für Russland vor
Hintergrund von Baerbocks Kritik an China ist unter anderem die Annahme der Bundesregierung, Moskau erhalte von China Hilfe durch Drohnen oder Drohnenteile. Auch US-Außenminister Antony Blinken wirft China vor, Russland dabei zu helfen, die Kriegsmaschinerie aufrechtzuerhalten. Baerbock hatte Peking zuvor gewarnt, dass dies Konsequenzen haben werde.
Die Unterstützung eines "brutalen Angriffskrieges" wäre eine Verletzung des Völkerrechtes, sagte sie nun. Sie habe unterstrichen, um welche Fälle es sich handle. Nun liefen die Beratungen in der Europäischen Union, sagte sie.
Näher auf mögliche Sanktionen ging sie nicht ein. In der EU wird ein 15. Sanktionspaket gegen Russland vorbereitet. Geplant ist dabei auch, Unternehmen mit Sitz in China ins Visier zu nehmen, die an der Herstellung von Drohnen für den russischen Krieg gegen die Ukraine beteiligt sind.
"Wir wollen Fair Play statt Foulspiel"
Baerbock sprach außerdem angesichts drohender Handelsstreitigkeiten und Extrazölle der EU auf chinesische E-Autos über die Wirtschaftsbeziehungen der zweitgrößten und drittgrößten Volkswirtschaft der Welt.
Deutschland und China hätten eigentlich ähnliche Interessen, aber das funktioniere nur, wenn sich alle an die Regeln hielten, sagte sie und betonte: "Wir wollen Fair Play statt Foulspiel". Deutschland wolle sich nicht von China entkoppeln, "aber wir sind auch nicht naiv", so Baerbock. "Wenn also jetzt hochsubventionierte E-Autos auf den europäischen Markt schwemmten, dann müssen wir darauf reagieren." Es gehe um fairen Wettbewerb, aber auch den Schutz europäischer und deutscher Arbeitsplätze.
Das Gespräch zwischen Baerbock und ihrem chinesischen Amtskollegen Wang (rechts gegenüber) dauerte laut Angaben der deutschen Außenministerin mehr als drei Stunden lang.
Die chinesische Seite bekräftigte hingegen ihre scharfe Kritik an den EU-Aufschlägen. Wang habe gegenüber Baerbock verdeutlicht, dass Brüssel "gegen die Grundsätze des fairen Wettbewerbs und des freien Handels" verstoße, erklärte das Außenministerium. Er rief demnach dazu auf, die Beziehungen zwischen Deutschland und China "als Großmächte in einer turbulenten internationalen Situation" zu intensivieren.
Die EU wirft Peking Wettbewerbsverzerrung durch Subventionen vor und beschloss im Oktober Extrazölle von bis zu 35,3 Prozent auf chinesische Elektroautos. China prüft Gegenmaßnahmen, von denen auch deutsche Autobauer betroffen sein könnten.
Baerbock: Deutsch-chinesisches Dialogforum fortsetzen
Beim Besuch der deutschen Außenministerin waren auch Menschenrechte einmal mehr Thema. Deren Einhaltung seien stark mit wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit verbunden, wie der Fall des VW-Werks in Xinjiang gezeigt habe, erklärte Baerbock. "Ich habe betont, dass es für uns wichtig wäre, dass das deutsch-chinesische Dialogforum ebenso wie der Menschenrechtsdialog wieder aufgenommen werden."
China werden in Xinjiang immer wieder Menschenrechtsverletzungen wie Zwangsarbeit vorgeworfen. In der nordwestchinesischen Provinz leben viele Menschen der muslimischen Minderheit der Uiguren. China bestreitet die Vorwürfe meist.