Menschen im Gazastreifen Tausende auf der Flucht im "Höllenloch"
Tausende Menschen in Gaza sind auf der Flucht vor einer erwarteten israelischen Bodenoffensive. Unklar ist, wie viel Zeit sie haben. Die UN sprechen von einem "Höllenloch" und warnen vor einer Katastrophe.
Israel hat mehr als eine Million Palästinenser im Gazastreifen zur Evakuierung aufgefordert. Das könnte darauf hindeuten, dass eine israelische Bodenoffensive als Reaktion auf die Angriffe der Terrororganisation Hamas kurz bevorstehen könnte.
"Das Militär ruft alle Zivilisten von Gaza-Stadt auf, ihre Häuser zu ihrer eigenen Sicherheit und zu ihrem Schutz Richtung Süden zu verlassen", sagte Armee-Sprecher Jonathan Conricus. Die Menschen sollten sich in ein Gebiet südlich des Wadis Gaza begeben, der etwa in der Mitte des nur 40 Kilometer langen Gebiets liegt. Mehr als eine Million Palästinenser sind von der Aufforderung betroffen.
Flucht mit Eselskarren
Tausende Palästinenser flüchten nun Richtung Süden. Im Fernsehen war zu sehen, wie Menschen in Autos, auf Lastwagen, mit Eselskarren und zu Fuß auf der einzigen Hauptstraße des Gazastreifens Richtung Süden unterwegs waren. Augenzeugen berichteten von Panik unter der Bevölkerung.
Auch der ARD-Korrespondent Christian Limpert berichtet von chaotischen Zuständen. "Die Menschen wissen einfach gar nicht, wo sie Schutz suchen sollen." Es sei völlig unklar, wie diese Anzahl an Menschen so schnell in den Süden gebracht werden könne.
UN-Sprecher warnt vor "katastrophaler Situation"
Das UN-Hilfswerk für Palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) warnte, der Küstenstreifen werde angesichts der massiven Luftangriffe und der Abriegelung zu einem "Höllenloch und steht am Rande des Zusammenbruchs".
Die Vereinten Nationen forderten Israel auf, die Anweisung zur Evakuierung zu widerrufen. Es drohe eine "katastrophale Situation", sagte ein UN-Sprecher. Es ist völlig unklar, wo die vielen Menschen im Süden des Gazastreifens bleiben und versorgt werden sollten.
WHO: "Todesurteil" für Kranke und Verletzte
Unklar ist auch, wie viel Zeit die Flüchtenden haben. Die UN-Angabe, Israel habe für die Evakuierung eine Frist von 24 Stunden gesetzt, wurde von der Armee nicht bestätigt. Deren Mitteilung enthielt keine Zeitangabe. Armeesprecher Conricus sagte nur: "Uns ist klar, dass das Zeit in Anspruch nimmt, das ist keine einfache Aktion." Militärsprecher Daniel Hagari sagte, es sei Israel klar, dass eine Evakuierung mehr als 24 Stunden dauern würde. Er nannte aber keinen klaren Zeitrahmen.
Ein Sprecher der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wies in Genf darauf hin, dass die Verlegung von schwer kranken und schwer verletzten Patienten aus dem nördlichen Gazastreifen unmöglich sei. "Solche Menschen zu transportieren, kommt einem Todesurteil gleich", sagte Sprecher Tarik Jasarevic.
Bei israelischen Gegenschlägen infolge der Hamas-Attacke starben bisher im Gazastreifen nach Angaben des Gesundheitsministeriums mindestens 1.799 Menschen, 7.388 wurden verletzt. Die Krankenhäuser, denen der Strom ausgeht, sind nach Angaben der Gesundheitsbehörden überfüllt. Medikamente würden ebenso wie Trinkwasser, Treibstoff und Nahrungsmittel wegen der Abriegelung durch Israel knapp.
Gebete für Palästinenser
In überwiegend islamisch geprägten Ländern wie Ägypten, Jordanien, dem Irak, Pakistan oder dem Jemen beteten Menschen derweil für die Palästinenser. So schwenkten bei landesweiten Kundgebungen Demonstranten in Pakistan palästinensische Flaggen und skandierten Protestslogans gegen Israel, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. Der Vorsitzende der einflussreichen islamistischen Partei Jamaat-e-Islami, Sirajul Haq, sagte vor aufgebrachten Anhängern in der Millionenstadt Lahore: "Wir sind zu jedem Opfer bereit und werden weiterhin die muslimischen Brüder und Schwestern in Palästina unterstützen."
Terroristen im Auftrag der im Gazastreifen herrschenden Islamistenorganisation Hamas hatten am Samstag ein Massaker in Israel angerichtet. Israel hat seit dem Großangriff mehr als 1.300 Tote zu beklagen, Tausende Menschen waren bei der Attacke verletzt worden.