Nach Angriff der Hamas auf Israel "In der Not vereint sich das ganze Volk"
Sie versorgen vorbeiziehende Soldaten mit Essen, sie trauern und versuchen, sich gegenseitig zu stärken: Die sonst so gespaltene israelische Bevölkerung hält in diesen Zeiten zusammen. Viele suchen noch immer nach Angehörigen.
Was klingt wie eine Party, ist in Wirklichkeit die reine Solidarität. Bet Kama ist nicht viel mehr als eine Tankstelle, etwa 20 Kilometer östlich vom Gazastreifen. Draußen fahren Schwertransporter mit Panzern vorbei, überall sind Soldaten. Chorim und seine Freunde haben hier etwas aufgebaut: "Grillen für die IDF" - das sind die israelischen Streitkräfte - steht auf seinem T-Shirt. Das riecht man auch.
"Hier ist der Sammelpunkt der Soldaten. Von hier ziehen sie los in den Kampf", erklärt Chorim. "Uns ist es wichtig, dass sie mit vollem Magen losziehen. In der Stunde der Not vereint sich das ganze Volk Israel, ganz gleich ob rechts oder links. Hier schauen wir nicht auf die Politik. Wir sehen unsere Brüder und sehen den Sieg des Staates Israel."
Freiwillige wollen den Soldaten Mut machen
360.000 Soldaten hat Israel rund um den Gazastreifen zusammengezogen. Ortschaften wurden evakuiert. Viele rechnen mit einem Einmarsch der Truppen. Davor wollen viele Freiwillige den Soldaten Mut machen. Hier an der Tankstelle verteilen sie T-Shirts, Hygieneartikel und Essen.
Auch Margalit steht an einem Stand, an dem sich die Soldaten bedienen, die Sachen wurden gespendet. "Das sind die Leute, die uns heute Spenden gebracht haben. Dort haben wir uns organisiert, wir haben Helfer zusammengebracht, die alle mit Essen verwöhnen. Gott sei gesegnet. So sind wir. Wir sind einfache Menschen, wir lieben alle", sagt Margalit.
Mehr als 100 Tote in einer Ortschaft
Nur wenige Kilometer entfernt ist das Grauen. Nicht weit von hier liegen die Ortschaften, in die die Terroristen der Hamas eingedrungen sind und Menschen abgeschlachtet haben. Mindestens 1.200 Israelis sind ums Leben gekommen. Mehr als 100 allein in der Ortschaft Be’eri.
Verzweifelte Suche nach Mutter einer Dreijährigen
Eine Wohnung in Tel Aviv - die dreijährige Geffen spielt mit ihren Onkeln und Tanten. Alle geben sich Mühe, dass die Stimmung nicht zu gedrückt ist. Doch in Gedanken sind hier alle bei einer, die nicht da ist: Yarden, Geffens Mutter.
Sie war mit Geffen und ihrem Mann Alon in Be’eri am vergangenen Freitag. Alons Familie lebt dort, es gab ein Essen. Am Morgen kamen dann die Terroristen der Hamas, drangen in das Haus ein, schleppten Yarden, Alon und Geffen in ein Auto und rasten los in Richtung Gazastreifen. Was dann passierte, beschreibt Levi, der Bruder von Yarden: "Sie hatten großes Glück, kamen aus dem Auto raus und rannten los. Und dann gab Yarden die kleine Geffen Alon, denn er kann schneller laufen. Und er kam weg, konnte sich verstecken. 24 Stunden mit einem dreijährigen Kind. Ohne Trinken und Essen. Aber wir wissen nicht, was mit Yarden passiert ist."
Kein Lebenszeichen, keine Spur
Sie haben eine private Suchaktion organisiert. Einige aus der Familie fahren jeden Tag in den Süden, um Yarden zu suchen. Auch ihr 70-jähriger Vater. Levi, der Bruder, sagt, sie hätten bisher noch keinen Anruf von einer offiziellen Stelle bekommen. Yarden hat die israelische und auch die deutsche Staatsbürgerschaft.
Die Chancen, dass sie sich verstecken konnte und überlebt hat, schwinden von Tag zu Tag. Die größte Hoffnung der Familie, so bitter das klingt, ist inzwischen, dass Yarden noch lebt und in den Gazastreifen als Geisel verschleppt wurde, wie rund 150 andere. Aber es gibt kein Lebenszeichen, keine Spur.
Und so versucht die Familie für Geffen und ihren Vater Alon wenigstens etwas Normalität zu bieten, sagt Levi. "Es ist hart, irgendeine Art von Routine zu haben. Wir spüren die große Frage über unserem Kopf. Und ich habe immer Angst vor dem Moment, wenn Geffen fragt: Wo ist Mama?"