Israeli vor durch Hisbollah-Beschuss beschädigtem Haus an der Grenze zu Libanon

Reaktionen in Israel "Eine Waffenruhe ist kein Frieden"

Stand: 27.11.2024 14:04 Uhr

Bislang hält die vereinbarte Waffenruhe zwischen Israel und Hisbollah. Doch in Israel bleiben die Menschen skeptisch. Manche sind sogar aufgebracht - wie die Angehörigen der Hamas-Geiseln im Gazastreifen.

In Tel Aviv herrscht am Morgen Alltag. Stunden, nachdem die Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz im Libanon in Kraft trat, könne man freier atmen, sagt Avi, der aus Haifa stammt. Dort sind die Menschen in den vergangenen Monaten mehrmals am Tag in Bunker geflüchtet.

Heute fühlen wir uns sicher. Alle Kinder sind zur Schule gegangen. Die Leute gehen zur Arbeit. Normales Leben. Aber ich traue der Hisbollah nicht. Ich glaube, die Waffenruhe hält nicht lange. Wir wollen Frieden für alle.

Doch 60 Tage - so lange soll die Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah zunächst dauern - seien nicht lange, fügt Avi hinzu. In dieser Zeit soll sich die Terrormiliz hinter den Litani-Fluss zurückziehen, 30 Kilometer von der Grenze Israels, während libanesische Soldaten gemeinsam mit UN-Friedenstruppen die Pufferzone schützen. Die israelische Armee soll sich ebenfalls zurückziehen.

Eine Front weniger - vorerst

Doch Barba Abin, die aus Deutschland stammt, aber seit 40 Jahren nahe Tel Aviv lebt, hat Zweifel. "Ich habe sehr gemischte Gefühle. Wenn wirklich die Hisbollah außerhalb der Litani-Grenze bleibt, dann ist es eine Erleichterung für mich, weil es eine Front weniger gibt", sagt sie.

Aber man sieht ja schon Kolonnen an Autos zurückkommen und ich bin mir sicher, dass das nicht nur die unschuldigen Zivilisten sind, sondern es sind auch sicher wieder die Hisbollah-Kämpfer und dann geht es halt wieder von Neuem los.

Am frühen Morgen hätten sich im Libanon Autokolonnen auf den Weg in den Süden gemacht, heißt es in den israelischen Medien. Die israelische Armee gab laut Berichten Warnschüsse auf Hisbollah-Terroristen ab, die sich am Grenzzaun aufgehalten haben sollen.

In Israels Norden bleibt die Unsicherheit

David Azoulay ist Bürgermeister der kleinen Gemeinde Metula, die direkt an der Grenze zum Libanon liegt und im Krieg stark beschädigt wurde. Am Morgen machte er folgende Beobachtung: Ein Motorrad und acht Autos seien ins Dorf Kile zurückgekehrt. "Das Dorf Kile ist ein schiitisches Dorf im Libanon mit 15.000 Einwohnern, von denen nach meinen Schätzungen 12.000 bis 14.000 zur Hisbollah gehören und in diesem Dorf wohnen", sagt er. "Heute früh sind zwölf Hisbollah-Terroristen mit ihren Motorrädern und Autos zu uns an den Zaun gekommen, um uns zu beobachten."

Azoulay habe seiner geflüchteten Gemeinde in Israel gesagt, dass es nicht sicher sei, zurückzukehren. Aus seiner Sicht könne sich der Hauptdrahtzieher des Krieges - der Iran und die von ihm unterstützte Hisbollah - jetzt neu bewaffnen.

Der Iran bleibt für die Israelis ein Problem

Viele der mehr als 60.000 aus dem Norden Israels Geflüchteten sähen das so, sagt Sarit Zehavy. Sie lebt an der Nordgrenze, leitet dort das Alma-Forschungszentrum, dass sich auf die Hisbollah spezialisiert hat.

"Solange die Ajatollahs des Iran Milizen im Nahen Osten mit Geld und Waffen unterstützen, werden wir keinen Frieden haben", sagt Zehavy. "Lasst hier erst gar kein Missverständnis aufkommen. Eine Waffenruhe ist kein Frieden. Das ist nicht das Gleiche." Damit Frieden herrsche, brauche es strukturelle Veränderungen im Libanon, sodass sich der Iran nicht mehr in der Region einmischen könne.

Aufgebrachte Geisel-Angehörige

Auch die Angehörigen der Geiseln sind aufgebracht. Bei einer Anhörung im israelischen Parlament, bei der es um Chancen für eine mögliche Waffenruhe parallel dazu in Gaza und um einen Deal zur Freilassung der Geiseln ging, ging die Mutter des entführten Matan Zangauker Israels rechtsextremen Minister für Nationale Sicherheit Itamar Ben Gvir an: "Herr Minister, Sie müssen einem Geiselabkommen und einem Stopp des Krieges zustimmen", schrie sie. "Es gibt Geiseln, die sich etliche Meter unterhalb der Erde befinden. Dass Sie Straßen und Außenposten im Gazastreifen bauen wollen, hat nichts mit jüdischen Werten zu tun."

Noch heute soll eine Delegation aus Ägypten in Israel eintreffen, um über die Wiederaufnahme der Gespräche zur Geisel-Freilassung zu diskutieren. Das Forum der Angehörigen der Geiselfamilien hatte gefordert, dass eine Waffenruhe mit der Hisbollah an eine Freilassung der Geiseln und auch an eine Waffenruhe in Gaza geknüpft werden solle.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR aktuell am 27. November 2024 um 14:06 Uhr.