Ein Kampfjet der israelischen Luftwaffe (Archiv)
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Israel attackiert Iran Was über die Angriffe bekannt ist

Stand: 26.10.2024 19:25 Uhr

Welche Ziele hat Israel im Iran angegriffen? Wie reagieren Teheran und die USA auf die Militärschläge? Und was ist der Hintergrund der Vergeltungsaktion? Was über die Angriffe bislang bekannt ist.

Was ist passiert?

Nach Angaben des israelischen Militärs haben in der Nacht Dutzende Kampfflugzeuge Anlagen zur Herstellung von Raketen im rund 1.500 Kilometer entfernten Iran angegriffen. Auch Boden-Luft-Raketenstellungen sowie weitere iranische Luftabwehrsysteme seien attackiert worden. Hunderte Kampfflugzeuge und Flugkörper waren laut israelischen Medien beteiligt.

Iranische Medien berichteten von "begrenzten Schäden" an Militärstützpunkten. Wie die Nachrichtenagentur Tasnim meldete, wurde die Luftabwehr unter anderem in der Hauptstadt Teheran und den Provinzen Chusestan sowie Ilam aktiviert. Genauere Informationen gibt es bislang nicht.

Am Morgen erklärte das iranische Militär, dass zwei iranische Armeeangehörige getötet worden seien. Am Abend gab die Armee an, dass insgesamt vier Soldaten getötet worden sein sollen. Sie seien im Rahmen der Verteidigung gefallen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur IRNA unter Berufung auf eine Mitteilung der Armee. 

Die israelische Mission unter dem Namen "Tage der Umkehr" begann in der Nacht zum Samstag während des jüdischen Ruhetags Sabbat. Die hohen jüdischen Feiertage waren am Donnerstagabend zu Ende gegangen. Nach etwa fünf Stunden erklärte die israelische Armee am Morgen die Aktion für beendet. 

Wie reagiert Teheran?

Das Mullah-Regime verurteilte die israelischen Angriffe. Der Iran habe "das Recht und die Pflicht, sich gegen ausländische Aggressionen zu verteidigen", erklärte das Außenministerium. Es verwies dabei auf das in Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen festgeschriebene Recht auf Selbstverteidigung.

Zuvor hatten iranische Medien einen Regierungvertreter mit den Worten zitiert: "Es besteht kein Zweifel daran, dass Israel auf jede Aktion eine angemessene Antwort erhalten wird." Das berichtet die iranische Nachrichtenagentur Tasnim, die als als Sprachrohr der Revolutionsgarden, Irans Elitestreitmacht, gilt.

Noch ist aber unklar, ob und wie die Islamische Republik militärisch reagieren wird. Israels Armeesprecher Daniel Hagari warnte den Iran bereits vor einer weiteren Eskalation. "Sollte das Regime im Iran den Fehler begehen, eine neue Eskalationsrunde einzuleiten, sind wir verpflichtet, darauf zu reagieren", sagte er.

Welche weiteren Reaktionen gibt es?

Zahlreiche Staaten riefen zu Zurückhaltung auf. Die USA waren über die Angriffe vorab informiert, aber nicht daran beteiligt. Washington hatte laut Medienberichten zuvor von möglichen Angriffen auf Atom- und Ölanlagen im Iran abgeraten.

Verteidigungsminister Lloyd Austin sagte in einem Telefonat mit seinem israelischen Kollegen Yoav Gallant, die USA hätte ihre Streitkräfte verstärkt, um das US-Personal in der Region, Israel und seine Partner im Nahen Osten zu schützen.

Die Europäische Union rief alle Seiten zu Zurückhaltung auf. Die EU erkenne zwar das Recht Israels auf Selbstverteidigung an, rufe aber alle Parteien "zu äußerster Zurückhaltung" auf, um eine "unkontrollierbare Eskalation" im Nahen Osten zu vermeiden, hieß es in einer Erklärung der 27 EU-Mitgliedstaaten.

Auch Großbritanniens Premierminister Keir Starmer reagierte. Israel habe das Recht, sich gegen iranische Aggression zu verteidigen, und gleichzeitig müsse eine weitere Eskalation in der Region vermieden werden, sagte er.

Frankreich mahnte ebenso Zurückhaltung an. "Frankreich ruft die Parteien inständig dazu auf, von jeder Eskalation und Handlung, die die in der Region herrschende extreme Anspannung verschlimmern könnte, abzusehen", hieß es in einer Mitteilung des Außenministeriums.

Russland warnte vor einer weiteren "explosiven Eskalation" der Kampfhandlungen zwischen beiden Ländern. Es gebe eine "wirkliche Bedrohung der Stabilität und Sicherheit der Region", teilte das russische Außenministerium mit.

Wie reagiert Deutschland?

Der Krisenstab der Bundesregierung will im Auswärtigen Amt zusammentreten. Das kündigte das Auswärtige Amt auf der Plattform X an. "Wir beobachten die weitere Lageentwicklung genau", hieß es.

Bundeskanzler Olaf Scholz warnte die Führung in Teheran vor jeder weiteren Eskalation. "Meine Botschaft an den Iran ist klar: Es darf nicht immer weitergehen mit massiven Reaktionen der Eskalation. Das muss jetzt ein Ende haben", erklärte der SPD-Politiker auf X. Dann biete sich die Möglichkeit für "eine friedliche Entwicklung im Nahen Osten".

Vizekanzler Robert Habeck hofft auf eine Beruhigung der Situation. "Die Lage im Nahen Osten ist natürlich sehr, sehr angespannt, aber der Schlag von Israel gegen den Iran war präzise", sagte er. "Und jetzt hoffe ich, dass die Situation sich beruhigt. Ich fordere auch alle auf, dass sie die Situation deeskalieren. Es muss jetzt wieder Richtung Frieden gehen."

Wie ist die Lage in Israel?

Laut eines israelischen Armeesprechers gibt es derzeit keine besonderen Anweisungen des Zivilschutzes. Die defensiven und offensiven Fähigkeiten seien voll mobilisiert, erklärte das Militär. "Wir werden alles Notwendige tun, um den Staat Israel und das israelische Volk zu verteidigen."

Warum hat Israel den Iran angegriffen?

Israel sieht die Angriffe als Vergeltung. Denn der Iran hatte am 1. Oktober rund 200 ballistische Raketen auf Israel abgefeuert. Der Angriff erfolgte nach einer Reihe von gezielten Tötungen durch Israel, die sich gegen zentrale Akteure in Irans Netzwerk nichtstaatlicher Verbündeter wie der libanesischen Hisbollah-Miliz und der islamistischen Hamas richteten.

Israel kündigte daraufhin eine entschiedene Reaktion an. "Wie jedes andere souveräne Land der Welt hat der Staat Israel das Recht und die Pflicht zu reagieren", erklärte das israelische Militär. Israel werde es dem Iran nicht erlauben, "sich weiter hinter seinen Stellvertretern zu verstecken", schrieb Israels UN-Botschafter Danny Danon.

Benjamin Weber, ARD Istanbul, tagesschau, 26.10.2024 11:56 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 26. Oktober 2024 um 09:00 Uhr.