Israels Kampf gegen die Hisbollah "Wir bereiten uns auf einen Krieg im Norden vor"
Während die Hamas in Gaza zusehends geschwächt wird, droht der Konflikt mit der Hisbollah zu eskalieren. Nun bereitet sich Israel an der Grenze zum Libanon auf einen möglichen Krieg vor.
Die Sicherheitslage für die Bewohnerinnen und Bewohner in der Nähe zum Gazastreifen entspannt sich langsam etwas. Geschuldet ist das vor allem der inzwischen deutlich geringeren Feuerkraft der militant-islamistischen Hamas. Allerdings verschärft sich die Situation an Israels Nordgrenze zusehends.
Aus dem Libanon gab es erst gestern wieder heftigen Beschuss von der pro-iranischen Terrormiliz Hisbollah. Der israelische Staatsbürger Avner Peretz hatte bis zuletzt versucht, in Kiryat Schmona, einer Stadt direkt an der libanesischen Grenze, auszuharren. Nun gibt er auf und zieht weg. Es werde ihm zu gefährlich, erzählt er im israelischen TV-Kanal 12.
"Wir wollen so behandelt werden wie alle anderen Bürger im Zentrum des Landes auch - und nicht wie Bürger zweiter Klasse", erklärt Peretz. "Wir wollen nicht ständig in Angst leben müssen. Ich dachte, es würde ein oder zwei Wochen dauern. Und dann steht man völlig machtlos da." Dass er bald schon wieder in sein Haus zurück kann, ist eher unwahrscheinlich.
Hisbollah soll ins Landesinnere zurückgedrängt werden
Die Hisbollah lässt die Muskeln spielen und zeigt Israel, dass ihre militärischen Möglichkeiten nicht zu unterschätzen sind. Entsprechend fällt die Bilanz der vergangenen Tage aus. Eine Soldatin starb, nachdem Geschosse der Hisbollah in der nordisraelischen Stadt Safed einschlugen. Zudem wurden zahlreiche Menschen verletzt. Safed liegt 15 Kilometer von der libanesischen Grenze entfernt.
Israels Generalstabschef Herzi Halevi lässt keinen Zweifel an Israels Entschlossenheit, darauf zu antworten. "Wir bereiten uns auf einen Krieg im Norden vor", sagt Halevi. Ohne Ergebnisse werde der Konflikt nicht zu Ende gehen.
Israel wolle die Hisbollah von der Grenze ins Landesinnere zurückdrängen. "Hier wird es viel mehr Stabilität und Ruhe geben und dann können wir den Bewohnern sagen, dass sie zurückkehren können", verspricht der Generalstabschef. "Ob das schon morgen geschehen wird? Wohl nicht. Das wird noch dauern."
Israel macht auch den Libanon für Hisbollah-Angriffe verantwortlich
Entsprechend heftig fiel Israels Antwort auf den jüngsten Beschuss aus. Das Militär flog mehrere Angriffe tief in den Libanon hinein. Mindestens zehn Menschen wurden getötet - darunter auch Kämpfer der Hisbollah-Miliz. Der Libanon meldet allerdings auch tote Zivilisten. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben derzeit nicht.
Bei israelischen Gegenangriffen in der Nacht zu Donnerstag sind nach libanesischen Angaben auch Zivilisten getötet worden.
Die Hisbollah hatte schon wenige Tage nach Beginn des Nahost-Kriegs Israel angegriffen und immer wieder in Scharmützel verwickelt. Scharmützel, die allerdings das Potenzial haben, dass dieser Konflikt eskaliert.
Benny Gantz, Minister im aktuellen israelischen Kriegskabinett, macht klar, dass eine militärische Auseinandersetzung zwischen Israel und der Hisbollah Auswirkungen auf den gesamten Libanon hat. "Man muss sich im Klaren sind: Die Partei, die für die Schüsse vom Libanon aus verantwortlich ist, ist nicht nur die Terrormiliz Hisbollah, sondern auch die Regierung des Libanon und der Staat Libanon, der die Schüsse von seinem Territorium aus zulässt", betont Gantz. "Es gibt kein Ziel und keine militärische Infrastruktur im Libanon, die wir nicht im Visier haben."
Kleinkrieg an der Grenze droht zu eskalieren
Die Hisbollah zeigt zwar mit Waffengewalt Solidarität mit der verbündeten Hamas im Gazastreifen, noch hält sie sich aber militärisch zurück. Die Frage ist, bleibt das so, wenn die Hamas in absehbarer Zeit militärisch unterliegt? Oder wenn Israels militärischer Kurs im Gazastreifen von den islamistischen Verbündeten als zu grausam erachtet wird?
Die Gefahr jedenfalls bleibt, dass dieser Kleinkrieg an der israelisch-libanesischen Grenze zu einem größeren Konflikt eskaliert.