Tote Helfer im Gazastreifen Internationale Rufe nach Aufklärung
Mehrere Staaten haben entsetzt auf den Tod von Mitarbeitern der Hilfsorganisation World Central Kitchen im Gazastreifen reagiert. EU-Chefdiplomat Borrell verurteilte den Angriff scharf. Israel kündigte eine Untersuchung an.
Nach dem Tod von sieben Mitarbeitern der Hilfsorganisation World Central Kitchen (WCK) bei einem Luftangriff im Gazastreifen wird international eine Aufklärung gefordert.
EU-Chefdiplomat Josep Borrell schrieb auf der Plattform X: "Ich verurteile den Angriff und fordere eine Untersuchung." Trotz aller Forderungen zum Schutz von Zivilisten und humanitären Helfern gebe es neue unschuldige Opfer. Dies zeige, dass die Resolution des UN-Sicherheitsrates, in der ein sofortiger Waffenstillstand, ein uneingeschränkter humanitärer Zugang und ein verstärkter Schutz der Zivilbevölkerung gefordert werden, unverzüglich umgesetzt werden müsse.
Die Opfer stammten nach Angaben der Hilfsorganisation zum einen aus Australien, Polen und Großbritannien. Außerdem zählten zu ihnen eine Person mit doppelter Staatsangehörigkeit aus den USA und Kanada sowie mehrere Palästinenser.
Staaten äußern sich entsetzt
Das Weiße Haus sei "tief bestürzt", schrieb die Sprecherin des US-Sicherheitsrats, Adrienne Watson, auf der Plattform X. Mitarbeiter von Hilfsorganisationen "müssen geschützt werden, wenn sie dringend benötigte Hilfe ausliefern", betonte sie.
Der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski erklärte auf X: "Ich habe den israelischen Botschafter Yacov Livne persönlich um dringende Erklärungen gebeten." Polen sei "mit der mangelnden Einhaltung des humanitären Völkerrechts und des Schutzes der Zivilbevölkerung, einschließlich humanitärer Helfer, nicht einverstanden", erklärte das polnische Außenministerium. Man überprüfe die Information vom Tod eines polnischen Staatsbürgers mit großer Dringlichkeit.
"Das ist vollkommen inakzeptabel", erklärte der australische Regierungschef Anthony Albanese. "Wir verlangen vollständige Rechenschaft." Er bestätigte den Tod der australischen Helferin Lalzawmi "Zomi" Frankcom. Die junge Frau ist auf einem Video vom 25. März zu sehen, wie sie erklärt, dass sie "wunderbar duftenden Reis" an die Hilfsbedürftigen austeilen werde.
Der Nothilfekoordinator der Vereinten Nationen, Martin Griffiths, schrieb auf X: "Sie waren Helden. Sie wurden getötet, während sie versucht haben, hungernde Menschen zu ernähren."
Israel verspricht Untersuchung durch unabhängiges Gremium
Das israelische Militär kündigte an, den Tod der Helfer untersuchen zu wollen. Armeesprecher Daniel Hagari sagte, er habe mit dem WCK-Gründer Chef José Andrés gesprochen und ihm das "tiefste Beileid der israelischen Verteidigungskräfte gegenüber den Familien und der ganzen WCK-Familie ausgesprochen". "Wir werden eine Untersuchung eröffnen, um diesen schwerwiegenden Vorfall weiter zu prüfen. Dies wird uns dabei helfen, die Gefahr zu verringern, dass sich so ein Vorfall wiederholt." Er sprach dabei von einer Untersuchung durch ein unabhängiges und professionelles Expertengremium.
Die US-Organisation WCK hatte am Morgen den Tod der sieben Mitarbeiter bestätigt. WCK sei mit einem Konvoi aus zwei gepanzerten Fahrzeugen mit dem Logo der Hilfsorganisation und einem ungepanzerten Fahrzeug unterwegs gewesen. Die Organisation machte die israelische Armee dafür verantwortlich.
WCK erklärte, der Konvoi sei "trotz Koordinierung der Bewegungen mit der IDF (israelischen Armee)" getroffen worden, als er das Lagerhaus in Deir al-Balah im Zentrum des Gazastreifens verlassen habe. Das Team habe dort Hundert Tonnen Nothilfe abgeladen, die auf dem Seeweg geliefert worden seien. Die Organisation kündigte an, ihre Arbeit im Gazastreifen vorerst einzustellen.
Auf Filmaufnahmen aus dem Al-Aksa-Krankenhaus in Deir al-Balah waren fünf Leichen zu sehen. Mehrere von ihnen trugen Schutzkleidung mit dem World-Central-Kitchen-Logo.
WCK-Gründer: Israel muss "wahlloses Töten stoppen"
WCK-Gründer Andrés erklärte in der Nacht im Onlinedienst X, die Gruppe habe "mehrere unserer Schwestern und Brüder" bei einem Angriff der israelischen Armee im Gazastreifen "verloren". Er sei untröstlich und trauere mit ihren Familien und Freunden. "Die israelische Regierung muss dieses wahllose Töten stoppen", forderte er. "Sie muss aufhören, die humanitäre Hilfe einzuschränken, Zivilisten und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen zu töten und Lebensmittel als Waffe einzusetzen."
WCK liefert Lebensmittel und bereitet Mahlzeiten für Bedürftige zu. Nach eigenen Angaben hat die Organisation im vergangenen Monat in 175 Tagen mehr als 42 Millionen Mahlzeiten im Gazastreifen ausgegeben. Auf X erklärte WCK, dass ihre Teams täglich im gesamten Gazastreifen unterwegs seien, um Essen an Palästinenser zu verteilen. "Unsere mehr als 60 Küchen im südlichen und zentralen Gazastreifen kochen jeden Tag Hunderttausende von Mahlzeiten", so WCK.