Svenja Schulze

Schulze in Damaskus Hilfe für Syriens Kliniken - unter Bedingungen

Stand: 15.01.2025 17:04 Uhr

Nach dem Ende der Assad-Herrschaft muss auch das syrische Gesundheitssystem wiederaufgebaut werden. Entwicklungsministerin Schulze verspricht Hilfe, etwa mit Klinikpartnerschaften. Sie stellt aber auch Bedingungen.

Entwicklungsministerin Svenja Schulze spricht von einem historischen Zeitfenster - sie würdigt in Damaskus die Leistung der Syrer, die es geschafft haben, das diktatorische Assad-Regime zu stürzen. Jetzt gelte es, die Chance zu nutzen, damit Syrien ein "demokratischer, offener und toleranter Staat" wird.

Wenn es nach ihr geht, sollte Deutschland das Land dabei unterstützen - und zwar möglichst bald. Dafür hat sie auch ein konkretes Angebot im Gepäck: den Aufbau von Partnerschaften zwischen Krankenhäusern in Deutschland und in Syrien.

Dabei hat sie auch Syrer im Blick, die in Deutschland leben: "Sehr viele Menschen, die hier aus dem Bürgerkrieg fliehen mussten, leben in Deutschland, sind Teil zum Beispiel unseres Gesundheitssystems. Sehr viele Ärzte, Pflegekräfte kommen ursprünglich aus Syrien", sagt Schulze.

Diese Ärzte und Pflegerinnen könnten dabei helfen, die von ihrem Ministerium geförderten Klinikpartnerschaften mit Leben zu füllen, so die SPD-Politikerin. Mit ihren Kompetenzen und ihren Sprachkenntnissen, wenn es um Fortbildungen oder Trainings an neuen Geräten geht.

Krankenhäuser durch Bombenangriffe beschädigt

Während des Krieges soll das Assad-Regime in von Aufständischen kontrollierten Gebieten gezielt Krankenhäuser und Gesundheitszentren bombardiert haben - viele Krankenhäuser sind weiterhin nur eingeschränkt funktionsfähig.

Hier könne Deutschland unterstützen, sagte Schulze in Damaskus. Die Hilfe sei aber nicht bedingungslos - weder im Gesundheits- noch im Bildungssektor.

"Wenn wir Schulen unterstützen, müssen alle Kinder in die Schule gehen dürfen. Egal, welche Religion sie haben oder ob sie Mädchen oder Jungen sind", sagte Schulze. "Wenn wir hier Klinikpartnerschaften machen, dann ist für uns vollkommen klar, dass alle die Klinik nutzen können müssen. Und das ist etwas, was der Gesundheitsminister gerade auch zugesagt hat - und wo wir jetzt starten müssen."

Gesundheitsminister und Machthaber sind Brüder

Der Gesundheitsminister Syriens heißt Maher al-Scharaa, er ist der Bruder des aktuellen Machthabers. Der wiederum - ohne konkrete Funktion - noch über den Ministern der Übergangsregierung steht.

Sie alle kommen aus der Haiat Tahrir al-Scham, einem islamistischen Milizenbündnis. Viele von ihnen haben eine Vergangenheit bei brutalen dschihadistischen Gruppierungen wie dem IS oder Al Kaida.

Werden die neuen Machthaber mit ihrer Politik eine islamistische Agenda verfolgen? Rima Najib hat da durchaus Sorgen. Sie leitet eine Mädchenschule in Damaskus und sagt: "Ich wünsche mir, dass wir Religion und Staat komplett voneinander trennen. Wir müssen die Vielfalt in unserem Land respektieren, damit unser Land sich weiterentwickelt und damit niemand unterdrückt wird. Ansonsten würden wir nur eine Kopie des alten Regimes erschaffen."

Bei aller Skepsis scheint für Entwicklungsministerin Schulze der ideologische Hintergrund der Führung in Damaskus kein Hindernis für die Unterstützung beim Wiederaufbau zu sein. Ähnlich hatte sich auch schon Außenministerin Annalena Baerbock bei ihrem Besuch in Damaskus vor knapp zwei Wochen geäußert.

EU-Sanktionen behindern schnelle Hilfe

Ein tatsächliches Hindernis für schnelle Hilfe sind aber EU-Sanktionen gegen Syrien, die noch immer in Kraft sind. In der EU wird aktuell über ihre Aufhebung debattiert.

Schulze positioniert sich hier klar: "Aus der entwicklungspolitischen Sicht ist es wichtig, dass der Wiederaufbau jetzt nicht durch Sanktionen behindert wird, dass man das Gesundheitssystem stabilisieren kann, dass Bildungssysteme vorangebracht werden können. Das ist etwas, wofür Deutschland sich einsetzt."

Auch andere Länder - wie die Türkei und Saudi-Arabien - engagieren sich stark für den Wiederaufbau in Syrien. Sie verfolgen dabei ihre eigenen Interessen und sind nicht an EU-Sanktionen gebunden. Das Zeitfenster, von dem Schulze immer wieder spricht, könnte sich irgendwann schließen. Ob Syrien tatsächlich ein demokratischer und toleranter Staat wird, ist ungewiss.

Dieses Thema im Programm: Dieser Beitrag lief am 15. Januar 2025 um 17:37 Uhr auf NDR Info.