Ahmed al-Scharaa in Damaskus.

Mögliche Lockerung der EU-Sanktionen Vorsichtige Annäherung an Syriens neue Machthaber

Stand: 13.01.2025 16:51 Uhr

Wie soll man umgehen mit Syrien nach dem Sturz des Assad-Regimes? Vor dieser Frage steht auch die EU, die mit Beginn des Kriegs Sanktionen verhängt hatte. Zumindest einige dürften wohl bald fallen.

Es gehe jetzt erstmal um die Sanktionen, die den Aufbau des Landes behindern, sagt die Außenbeauftragte der EU, Kaja Kallas: zum Beispiel der Zugang zu Finanzdienstleistungen. Seit rund 14 Jahren bestehen die Sanktionen der Europäischen Union gegen Syrien. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Gewalt des Assad-Regimes gegen die Zivilvbevölkerung hatte die EU die Maßnahmen im Mai 2011 beschlossen. Sie hat Vermögenswerte eingefroren, verbietet Investitionen in Ölindustrie und neue Kraftwerke, auch die Einfuhr von Rohöl aus Syrien in die EU ist untersagt. Außerdem bestehen Reiseverbote gegen mehr als 300 Personen. 

Wenn da was erleichtert werden soll, müsse man Kategorien unterscheiden, erklärt ein Sprecher der Kommission: "Manche sind auf Wirtschaftsbereiche bezogen, die anderen sind die Restriktionen für einzelne Personen des Assad-Regimes oder seiner Unterstützer. Beide Kategorien müssen eigenen Bewertungen unterzogen werden."

HTS-Miliz noch immer auf EU-Terrorliste

Mit der Lockerung von Sanktionen will die EU vorsichtig auf die neuen Machthaber zugehen und die demokratischen Kräfte stärken. Aber es ist eine Gratwanderung, denn niemand weiß, wie sich die Lage noch entwickeln wird. Wir hören das Richtige, sagt Kallas, müssen aber sehen, ob auch Taten folgen. Jedenfalls stehen die Mitglieder der jetzt regierenden HTS-Miliz immer noch auf der Terrorliste der EU und der Vereinten Nationen.

Konkret wird offenbar an die Aussetzung von Sanktionen in den Bereichen Verkehr, Energie und Banken gedacht, um den Wiederaufbau des Landes voranzubringen. Erleichterungen bei zivilen Flügen gehören zum Beispiel dazu, oder die Möglichkeit, moderne Öl- und Gastechnologie ins Land zu bringen.

Beratungen der EU-Außenminister Ende des Monats

Mehrere EU-Länder sollen diesen Weg inzwischen unterstützen, darunter Deutschland und Frankreich. In zwei Wochen wollen die Außenminister der EU darüber entscheiden, ob und welche Sanktionen gegen Syrien aufgehoben werden. Zu Einzelheiten der Vorschlagsliste will sich der Kommissionssprecher heute allerdings noch nicht äußern. Dafür sei es viel zu früh. 

Wie es nach ersten Erleichterungen weitergeht, das hänge vom Fortschritt der Dinge im Land ab, sagt die Außenbeauftragte Kallas: "An erster Stelle steht die Inklusivität der Regierung, also die Einbeziehung der vielen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen", erklärt Kallas. "Wir wollen auch keine Radikalisierung sehen. Und wir wollen die Einbeziehung von Frauen sehen. Das sind die Dinge, die wir bewerten werden."

Es sei an der Zeit, fügt Kallas hinzu, dass die neue Führung Syriens die Hoffnung erfüllt, die sie geweckt habe.

Thomas Spickhofen, ARD Brüssel, tagesschau, 13.01.2025 14:50 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR aktuell am 13. Januar 2025 um 17:07 Uhr.