Nach Umsturz in Syrien Al-Baschir soll Übergangsregierung führen
Wenige Tage nach Assads Sturz wird etwas klarer, wie sich die Islamistengruppe HTS einen Machtwechsel vorstellt. Sie will eine Übergangsregierung einsetzen, die bis März im Amt bleiben soll. Geleitet wird sie von einem Politiker aus ihren Reihen.
Syrien bereitet sich nach dem Sturz von Präsident Bashar al-Assad auf einen Machtwechsel vor. Das Land soll bis März 2025 von einer Übergangsregierung geführt werden.
Geleitet werden soll diese vom bisherigem Regierungschef der Rebellenhochburg Idlib, Mohammed al-Baschir. Berichten zufolge studierte al-Baschir Elektronikingenieurwesen und islamisches Recht. Er ist Anfang 40.
Die islamistische Gruppe Hayat-Tahrir al-Scham (HTS), die den Aufstand gegen den Assad angeführt hatte, hatte al-Baschir die Aufgabe angetragen, das Übergangskabinett zu führen. Mitglieder der scheidenden syrischen Regierung sollen in den kommenden Wochen schrittweise die Macht dem neuen Übergangskabinett übertragen.
Idlib-Institutionen mit Ministerien zusammenführen
Al-Baschir deutete an, dass in den knapp drei Monaten Vertreter der sogenannten Heilsregierung der Rebellenhochburg Idlib eine wichtige Rolle einnehmen werden.
Die HTS hatte in ihrem Machtbereich in Idlib Ministerien und weitere regierungsähnliche Institutionen aufgebaut. Diese sollen nun nach den Worten al-Baschirs mit den Ministerien des gestürzten Regimes zusammengeführt werden. Was nach dem 1. März auf die Übergangsphase folgen soll, teilte er nicht mit.
Wie der arabische Sender Al-Jazeera berichtete, sollen als nächste Schritte die Geheimdienste des Assad-Regimes aufgelöst und die Terrorismusgesetze aufgehoben werden.
Außerdem hieß es, HTS-Anführer Muhammad al-Dscholani habe angeordnet, dass sich die Kämpfer seiner Miliz aus den Städten Syriens zurückziehen. Sie sollen durch Polizeieinheiten und Sicherheitskräfte ersetzt werden, die der HTS nahestehen.
Der Beauftragte der Vereinten Nationen für Syrien, Geir Pedersen, rief die HTS und ihre Verbündeten auf, ihren "positive Botschaften" der Einheit an das syrische Volk nun Taten folgen zu lassen. Derzeit werde Syrien von einem "Flickenteppich" aus Gruppen kontrolliert. Es sei wichtig, dass es nicht zu Konflikten zwischen diesen Gruppen komme, sagte Pedersen auf einer Pressekonferenz in Genf.
Jubel und allmähliche Rückkehr zum Alltag in Damaskus
In der Hauptstadt Damaskus feierten auch heute wieder Tausende Menschen den Fall des Assad-Regimes auf den Straßen. In einem ersten Schritt in Richtung Normalität kehrten Angestellte der syrischen Zentralbank Augenzeugen zufolge an ihre Arbeitsplätze zurück.
Anwohner beobachteten, wie die Mitarbeiter das Gebäude in der Hauptstadt Damaskus betraten. Die Mitarbeiter der Zentralbank waren der Arbeit wohl angesichts der unsicheren Lage zunächst ferngeblieben.
Am Sonntag hatten einige Menschen Augenzeugen zufolge die Hauptniederlassung der Zentralbank in Damaskus geplündert. Hilfsorganisationen warnten daraufhin, dass dies die Hilfe für das Land erschwere, da zuverlässige Geldtransfers nicht möglich seien. Ministerien forderten ihre Mitarbeiter auf, wieder zur Arbeit zu gehen.
Andernorts gehen Kämpfe weiter
In anderen Landesteilen lieferten sich unterschiedliche Gruppen weiter Gefechte. Rund um die Stadt Manbidsch östlich von Aleppo bekämpfen sich protürkische Milizen der sogenannten Syrischen Nationalarmee und kurdische Milizen. Seit der Eroberung von Aleppo durch die Aufständischen Anfang des Monats sind Tausende Kurden in die von den kurdischen Milizen kontrollierten Gebiete im Nordosten des Landes geflohen.
Mit Informationen von Moritz Behrendt, ARD Kairo