Humanitäre Hilfe nach Erdbeben UN werfen Assad "umfassendes Versagen" vor
Syriens Präsident Assad hat bei den Hilfen nach den Erdbeben "umfassend versagt" - so das Urteil eines UN-Berichts. Lebensnotwendige Unterstützung erreichte viele Regionen des Landes zu spät. Kritik üben die UN auch an der anhaltenden Gewalt.
Eine Untersuchungskommission der Vereinten Nationen (UN) hat die Reaktion des syrischen Regimes auf die Erdbeben im Februar scharf kritisiert. Die Regierung von Präsident Baschar al-Assad habe bei der raschen Bereitstellung lebensrettender Hilfe für die Opfer umfassend versagt, sagte Paulo Pinheiro, Vorsitzender der Kommission.
Unmittelbar nach dem Erdbeben Anfang Februar im türkisch-syrischen Grenzgebiet habe das syrische Regime eine ganze Woche benötigt, um grenzüberschreitende Hilfe aus der Türkei zu genehmigen, kritisierte die Untersuchungskommission, die im Auftrag des UN-Menschenrechtsrates arbeitet.
Sowohl die Regierung als auch Widerstandsgruppen hätten die grenzüberschreitende Hilfe für die betroffenen Gemeinden behindert. Aber auch im Inland erfolgte die Hilfe oft nur schleppend. So habe die Extremistengruppe Hayat Tahrir al Sham im Nordwesten Syriens Hilfe aus Damaskus verweigert.
Auch Kritik an internationaler Gemeinschaft
Die Syrer hätten sich von denjenigen verlassen und vernachlässigt gefühlt, die sie in ihrer Not beschützen sollen, heißt es in dem UN-Bericht. Versagt hätten die internationale Gemeinschaft, die syrische Regierung sowie andere Konfliktparteien.
Dass der Flughafen von Aleppo nach einem israelischen Angriff vor einer Woche zeitweise außer Betrieb genommen wurde, war laut UN für die humanitäre Hilfe "ziemlich kritisch". "Diese Art von Aktionen trägt auch nichts dazu bei, das Wohlergehen und die Interessen der Zivilbevölkerung nach diesem schrecklichen Ereignis zu schützen", sagte UN-Expertin Lynn Welchman.
Es stünden zudem Vorwürfe im Raum, wonach Konfliktparteien die humanitäre Hilfe für die betroffenen Gemeinden absichtlich behindert hätten, sagte Kommissionsmitglied Hanny Megally.
UN fordern Ende der Gewalt
Trotz der verheerenden Erdbeben und der massiven Zerstörung wird in vielen Region wieder gekämpft. Die Kommission fordert in ihrem Bericht eine Einstellung aller Gewalt. "Wir untersuchen jetzt neue Angriffe - sogar in den von den Erdbeben verwüsteten Gebieten", sagte Pinheiro. Er kritisierte dabei auch israelische Luftangriffe auf Syrien.
Israel bombardiert immer wieder Ziele im benachbarten Syrien, um zu verhindern, dass der Iran dort seinen militärischen Einfluss mit Hilfe verbündeter Milizen ausbaut. Der Iran ist ein wichtiger Verbündeter der syrischen Regierung.
Bombardements anderer Konfliktparteien seien ebenfalls nicht hilfreich, sagte Welchman. Auch die Türkei hatte in ihrem Kampf gegen kurdische Milizen etwa die vom Erdbeben betroffenen Regionen in Nordwestsyrien angegriffen.
Berichte über Erschießungskommandos
DIe UN-Kommission prüfe zudem weiterhin willkürliche Inhaftierungen, Folter und Entführungen durch die Regierung sowie durch Milizen. Die Experten gingen Berichten nach, denen zufolge die Miliz Hayat Tahrir al Sham Menschen von Erschießungskommandos hinrichten lässt.
Bereits vor den Erdbeben vom 6. Februar seien mehr als 15 Millionen Syrer auf humanitäre Hilfe angewiesen - mehr als zu jedem anderen Zeitpunkt seit Beginn des Konflikts Mitte März 2011, der sich zu einem Bürgerkrieg entwickelte.
Der Nordwesten Syriens wird - wie einige andere Gegenden - von Assad-Gegnern kontrolliert. Die Untersuchungskommission arbeitet im Auftrag des UN-Menschenrechtsrates.