Von der Leyen in den tagesthemen "Wir müssen für Europa aufstehen"
Europa hat aus dem Brexit gelernt - auch etwas über seine Stärken, sagt EU-Kommissionschefin von der Leyen in den tagesthemen. Diese Stärke brauche die EU auch, denn Herausforderungen gebe es genug.
Rund dreieinhalb Jahre liegt es zurück, dass die Briten "No" zur EU gesagt hatten. Dreieinhalb Jahre wurde in Brüssel über den Austritt verhandelt. Eine Zeit, aus der auch die EU ihre Lehren gezogen hat, wie die Chefin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, im Interview mit den tagesthemen betonte.
"Wir müssen für Europa aufstehen, sonst haben wir es irgendwann nicht mehr", betonte die frühere Bundesverteidigungsministerin. Zur Zeit des Referendums in Großbritannien habe niemand für die EU gesprochen und "die Geschichte erzählt, was die EU für das Vereinigte Königreich bringt".
Der Brexit hat "die glühenden Europäer" geweckt
Was sich in den Jahren der Verhandlungen ebenfalls gezeigt habe, sei "der hohe Wert der Einigkeit", sagte von der Leyen weiter. Es habe sich ausgezahlt, "zusammenzustehen, einig zu sein und die Verhandlungen mit Ruhe und mit Fairness zu führen".
Dass Europa durch den Brexit "infrage gestellt wurde", habe die EU auch gestärkt, denn "alle glühenden Europäer sind aufgestanden und haben für Europa Partei genommen", fügte die Kommissionschefin mit Blick auf die vergangenen Jahre hinzu.
Die EU-Gegner hingegen hätten die sogenannten Exit-Optionen "klammheimlich wieder aus ihren Programmen herausgenommen". Von der Leyen zeigte sich überzeugt:
Die Menschen in Europa haben gelernt, was die Stärke und Schönheit Europas ist und was man erreichen kann, wenn man zusammensteht.
Viele große Ziele - vom Klima bis zur Migration
Mit Blick auf die Zukunft steht für von der Leyen fest, dass "Europa jetzt liefern muss". Und zwar bei allen "großen Fragen", wie etwa dem Klimawandel, dem die EU bereits den "Green Deal" entgegensetzt - mit dem Ziel bis 2050 klimaneutral zu sein. Die EU müsse gerade beim Thema Umweltschutz "Vorreiter und Vorbild in der Welt sein".
Aber auch für die Frage der Digitalisierung müsse die EU Lösungen entwickeln. "Wir können diejenigen sein, die Wissen und neue Technologien exportieren können", sagte von der Leyen. Auch der Umgang mit China oder den USA stellt die EU vor die Herausforderung, was sie tun könne, um die Welt sicherer zu machen.
Ein weiteres Ziel: ein "nachhaltiges, menschliches Konzept für die Migration", bestimmt von den gemeinsamen Werten, die die EU verteidigen müsse, etwa die Würde des Einzelnen zu schützen. Hierfür müsse die EU beim Thema Migration Verantwortung übernehmen, "und zwar die ganze Kette der Verantwortung", betonte von der Leyen: Diese beginne bei Verbesserungen in den Herkunftsländern der Flüchtlinge und reiche über sichere Grenzen der EU bis hin zu fairen Asylverfahren.
Mitglied oder nicht - ein großer Unterschied
Das Thema Brexit ist für die EU übrigens noch lange nicht abgeschlossen. Nun geht es in die monatelangen Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zu Großbritannien. Und die britische Regierung müsse sich darauf einstellen, dass es "ein großer Unterschied ist, ob man Mitglied ist oder nicht", stellte von der Leyen klar. So werde der Zugang zum europäischen Binnenmarkt für Großbritannien schwieriger werden.
Dass die sogenannte Übergangsphase bis zum Ende des Jahres keine leichte wird, ist der EU-Kommissionspräsidentin jetzt schon bewusst:
Wir werden Tag und Nacht arbeiten. Wir haben eine starke Ausgangsposition - und wir werden erst unsere Unterschrift unter einen Vertrag setzen, wenn alles verhandelt ist und wir ein ausbalanciertes Paket haben.