COP29-Präsident Babayev Klimapolitik für einen Diktator
Der Präsident der diesjährigen UN-Klimakonferenz in Aserbaidschan kommt aus der Ölbranche. Allerdings engagierte er sich früh für den Umweltschutz.
Im Jahr 2008 waren Ölpumpen in sumpfigen Öllachen an der Küste des Kaspischen Meers in Aserbaidschan noch weit verbreitet. Zu sehen waren sie auch entlang der Straße vom internationalen Flughafen in die Hauptstadt Baku. 16 Jahre später säumt die Autobahn auf beiden Seiten eine Wohnhaussiedlung nach der anderen, dazwischen Abschnitte mit bepflanzten Mauern, die den Blick auf das Dahinter verdecken.
Dass sich die Umwelt in Aserbaidschan von der jahrzehntelangen Ausbeutung erholt und Rohstoffe künftig umweltfreundlicher abgebaut werden, ist Mukhtar Babayev ein Anliegen. So zumindest liest sich seine Biografie, in der die Präsidentschaft über die UN-Klimakonferenz COP29 der Höhepunkt einer langen Karriere bildet.
Umweltbewusstsein entwickeln
Im November 2008 veranstaltete Babayev eine erste Umweltkonferenz mit internationalen Teilnehmern, wie es so noch keine in Aserbaidschan gegeben habe. Das schrieben US-Diplomaten damals nach Washington, zu lesen in von WikiLeaks veröffentlichten Depeschen aus der US-Botschaft in Baku.
Er wolle in seinem Land Umweltbewusstsein entwickeln, ohne vom Ausbau der Ölindustrie abzurücken. Babayev bat demnach um Unterstützung, um künftig Umweltverschmutzung zu vermeiden und die Ölfördergebiete zu sanieren.
Babayev war damals als Vizepräsident der Staatlichen Erdölgesellschaft Aserbaidschans SOCAR für Umweltfragen zuständig. Den Posten hatte er 2007 übernommen.
Technokraten-Karriere
1967 in Baku geboren, durchlief Babayev eine für Technokraten typische Karriere. Nach Abschlüssen in Politik und Ökonomie an Universitäten in Baku und Moskau erhielt er 1994 eine Anstellung im Amt für Außenwirtschaftsbeziehungen von SOCAR.
Aserbaidschan erlebte nach Loslösung von der Sowjetunion politisch und wirtschaftlich instabile Zeiten. Ein "Jahrhundertvertrag" mit internationalen Energiekonzernen brachte dem Staat stetige Einnahmen aus dem Export von Öl. Bis heute ist es neben Gas die Haupteinnahmequelle Aserbaidschans.
Ausgehandelt hatte den Vertrag Heydar Alijew, der schon in den 1970er-Jahren an der Spitze der damaligen Sowjetrepublik stand. Nach seiner Rückkehr 1993 nach Aserbaidschan stabilisierte er das Land und begründete eine Familiendynastie in der von traditionellen Clanstrukturen geprägten Gesellschaft.
Wichtige Rolle für akademische Elite
Nach seinem Tod 2003 übernahm sein Sohn Ilham das Präsidentenamt. Er konnte sich in den Machtkämpfen mit den anderen Clans behaupten und platzierte seine Familie in wichtigen Positionen in Politik und Wirtschaft.
Die Alijews schränkten die allgegenwärtige Korruption in einigen Bereichen ein. Das erleichterte der Bevölkerung das Leben und soll Aserbaidschan attraktiver für ausländische Finanziers machen, die auch in Solar- und Windenergie sowie in die Infrastruktur investieren sollen. Um diese Modernisierung des Landes voranzubringen, setzen die Alijews auf die akademische Elite Bakus - einer von ihnen war Mukhtar Babayev.
Vom Manager zum Minister
Vom Posten des Vizepräsidenten bei SOCAR wechselte er 2010 als Abgeordneter der Regierungspartei "Neues Aserbaidschan" in das Parlament, wo er der Umweltthematik treu blieb. Er gehörte dem Ausschuss für natürliche Ressourcen, Energie und Ökologie an.
2018 wurde Babayev zum Umweltminister ernannt. Auch da sind seine Aufgaben die Bekämpfung der Umweltverschmutzung und der Schäden infolge der Industrialisierung. Neben der Förderung von Öl und Gas am und im Kaspischen Meer werden im Land Gold und Kupfer abgebaut. Daneben gibt es eine Chemieindustrie, ohne dass harte Umweltstandards eingehalten würden. Hinzu kommt Wasserknappheit. Der sinkende Wasserspiegel des Kaspischen Meeres als Binnenmeer verschärft vor allem in den Steppengebieten des Landes Probleme.
Proteste gegen Goldmine
Wie sehr auch die Umweltthematik der autoritären Führung Alijews untergeordnet ist, zeigte sich im Sommer 2023. Damals protestierten die Bewohner des Dorfes Söjüdlü gegen den Betreiber einer Goldmine. Ihr Vorwurf: Die hochgiftigen Rückstände aus der Goldgewinnung kontaminierten ihre Felder und das Dorf. Die Polizei schlug den Protest brutal nieder und riegelte das Dorf über Wochen ab.
Umweltminister Babayev erklärte zunächst, die Schadstoffgrenzwerte würden nicht überschritten, wie das Exilmedium Meydan TV damals berichtete. Doch etwas später übte Präsident Alijew Kritik am Minenbetreiber und ordnete eine Untersuchung an. Schließlich stellte eine Kommission unter Babayev fest, das Unternehmen habe Vorschriften verletzt und nötige Zustimmungen nicht eingeholt. Im November 2023 wurde der Abbau in der Mine wieder aufgenommen.
Umfangreiche Ressourcen für die Konferenz
Als designierter Präsident der COP29 trat Babayev in den vergangenen Monaten als das umweltfreundliche Gesicht des zunehmend diktatorisch geführten Aserbaidschan auf. In den vergangenen fünf Klimagipfeln nahm er bereits als Delegationsleiter Aserbaidschans teil.
Nun steht er einem großen Team mit diplomatischen Beauftragten für mehrere Themenbereiche vor, unter ihnen der Hauptverhandlungsführer Yalchin Rafiyev. Die Organisation der UN-Konferenz ist an die Präsidialadministration in Baku angedockt. Über diese wurden umfangreiche Ressourcen bereitgestellt, um die Vorbereitung in nicht mal einem Jahr zu stemmen und die erwarteten Zehntausenden Teilnehmer zu beherbergen.
Interessiert, lernbereit, kompetent
Babayev zeigte sich bei den Vorbereitungsgesprächen Teilnehmern zufolge interessiert und lernbereit. Bei Umweltthemen habe er Kompetenz gezeigt. Was die Ziele der Klimakonferenz angeht, so präsentiert sich Aserbaidschan eher zurückhaltend als Moderator und weniger als Verfechter ehrgeiziger Klimaziele, wobei die Führung um Alijew gern mit "Baku-Vereinbarungen" in die Geschichte eingehen würde, ähnlich dem "Pariser Klimaabkommen".
Dafür aber kommt es auch auf Babayevs Fähigkeiten zum Aushandeln von Kompromissen vor allem in den letzten Tagen und Stunden der Konferenz an - und darüber hinaus, wozu auch sein eigener Präsident am Ende bereit ist, der erklärtermaßen weiter auf Einnahmen aus Öl und Gas setzen will.