Menschenrechtsorganisation zu Taliban "In Afghanistan läuft ein Krieg gegen Frauen"
Seit der Machtübernahme der Taliban hat sich die Lage der Afghaninnen deutlich verschlechtert: Ihnen drohen Einschüchterungen, Entführungen und Folter. Menschenrechtler sprechen gar von einem "Krieg gegen Frauen".
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International legt den in Afghanistan regierenden Taliban wegen der Missachtung von grundlegenden Frauenrechten Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Last. Zusammen mit der Internationalen Juristenkommission (ICJ) forderte Amnesty, deshalb den Internationalen Strafgerichtshof einzuschalten. Alle Kriterien für eine geschlechtsspezifische Verfolgung und somit auch ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit seien erfüllt, heißt es in einem in Genf veröffentlichten Bericht.
Seit der Rückkehr der militanten Islamisten an die Macht im Sommer 2021 werden Frauen und Mädchen in Afghanistan wieder aus dem öffentlichen Leben gedrängt. Der Besuch von Universitäten und höheren Schulen ist ihnen untersagt. Auch viele Berufe dürfen sie nicht mehr ausüben. Zu weiteren Beschränkungen gehört ein Besuchsverbot für öffentliche Parks und Fitnessstudios.
Verfolgung aufgrund des Geschlechts
ICJ-Generalsekretär Santiago Canton sagte: "Die Taliban verfolgen Frauen und Mädchen schwerwiegend und systematisch aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit." Frauen, die gegen die Beschränkungen protestieren, drohten willkürliche Verhaftungen, Verschwinden oder Folter. Amnesty dokumentierte auch Fälle, in denen Frauen und Mädchen mit Drohungen dazu gedrängt wurden, Taliban-Mitglieder zu heiraten.
Amnesty-Expertin Theresa Bergmann sprach von einem "organisierten, großflächigen und systematischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit". An die Bundesregierung appellierten beide Organisationen, die Aufnahme von Menschen aus Afghanistan zu beschleunigen.
Internationale Gemeinschaft zum Handeln aufgefordert
"Wir können es uns einfach nicht leisten, die Frauen und Mädchen in Afghanistan im Stich zu lassen", so Canton weiter. Seine Amnesty-Kollegin Agnès Callamard urteilte, in Afghanistan laufe ein "Krieg gegen Frauen", der einem "organisierten, weit verbreiteten und systematischen internationalen Verbrechen" gleichkomme. Die internationale Gemeinschaft müsse dieses "System der Unterdrückung und Verfolgung" beenden. Wie das geschehen soll, führte Callamard nicht weiter aus. Ein internationaler Kampfeinsatz gegen die Taliban war 2021 nach 20 Jahren gescheitert.