Britischer Buchpreis International Booker Prize für deutsche Autorin Erpenbeck
Die Schriftstellerin Jenny Erpenbeck hat als erste Deutsche den renommierten britischen International Booker Prize gewonnen. In ihrem Roman "Kairos" erzählt sie eine komplizierte Lebensgeschichte in der Endphase der DDR.
Die deutsche Schriftstellerin und Opern-Regisseurin Jenny Erpenbeck und der Übersetzer Michael Hofmann haben den International Booker Prize für Belletristik gewonnen. Sie wurden für den Roman "Kairos" ausgezeichnet.
Das ursprünglich auf Deutsch geschriebene Buch erzählt die Geschichte einer "zerstörerischen Affäre" einer jungen Studentin mit einem älteren Schriftsteller in Ost-Berlin in den 1980er-Jahren. Das von der gemeinsamen Liebe zu Musik und Kunst beflügelte Verhältnis der beiden geht jedoch in die Brüche, so wie auch der Staat um sie herum im Zerfall begriffen ist.
"Sowohl schön als auch unangenehm"
Das Buch sei außergewöhnlich, weil es "sowohl schön als auch unangenehm ist, persönlich und politisch", hieß es in der Begründung der Jury. Erpenbeck lade dazu ein, eine Verbindung herzustellen zwischen politischen Entwicklungen, die Generationen definierten, und einer zerstörerischen, sogar brutalen Liebesaffäre.
Die kanadische Autorin und Radiomoderatorin Eleanor Wachtel, die der fünfköpfigen Jury vorstand, hob Erpenbecks "leuchtende Prosa" hervor, die "die Komplexität einer Beziehung" und die Atmosphäre Ost-Berlins beschreibe. "Es beginnt mit Liebe und Leidenschaft, aber es geht mindestens genauso sehr um Macht, Kunst und Kultur."
Der Roman sei "eine reichhaltig strukturierte Beschwörung einer quälenden Liebesaffäre, der Verstrickung von persönlichen und nationalen Wandlungen", erklärte Wachtel. "Wie die DDR beginnt (das Buch) mit Optimismus und Zutrauen, und gerät dann ganz ins Wanken." Wachtel würdigte auch die Übersetzung durch Hofmann. Seine Arbeit fange die "Eloquenz und Exzentrizität" von Erpenbecks Prosa ein.
Erpenbeck erklärte, der Fall der Berliner Mauer 1989 sei eine Idee der Befreiung. Sie habe interessiert, dass diese Befreiung nicht das Einzige sei, was in einer solchen Geschichte erzählt werden könne. Es gebe Jahre davor und danach.
Preis soll Profil ausländischer Belletristik stärken
Der International Booker Prize gehört zu den prestigeträchtigsten Literaturpreisen in Großbritannien. Ausgezeichnet werden fremdsprachige Werke, die ins Englische übersetzt und in Großbritannien oder Irland veröffentlicht wurden.
Der Preis, der bei einer Zeremonie in der Londoner Galerie Tate Modern verliehen wird, gilt als Pendant zum Man Booker Prize für englischsprachige Literatur. Er wurde ins Leben gerufen, um das Profil der Belletristik in anderen Sprachen zu stärken - die nur einen kleinen Teil der in Großbritannien veröffentlichten Bücher ausmacht - und um die unterschätzte Arbeit von Literaturübersetzern zu würdigen.
Das Preisgeld in Höhe von 50.000 Pfund (rund 58.000 Euro) wird zwischen Autorin und Übersetzer aufgeteilt. Hofman ist der erste männliche Übersetzer, der den International Booker Prize seit seiner Einführung in seiner aktuellen Form im Jahr 2016 gewonnen hat.
"Kairos" setzte sich gegen fünf weitere Finalisten durch, die aus 149 eingereichten Romanen ausgewählt worden waren. Der Gewinner des letzten Jahres war ebenfalls ein Roman über den Kommunismus und sein Erbe in Europa, "Time Shelter" des bulgarischen Schriftstellers Georgi Gospodinov, übersetzt von Angela Rodel.