Expertin zu Getreideabkommen "Russland hat daran sehr wenig Interesse"
Die Sicherheitsexpertin Major bezweifelt, dass es eine Wiederaufnahme des russisch-ukrainischen Getreideabkommens geben wird. Auf Seiten Russlands sehe sie dazu "wenig Bereitschaft".
Die Sicherheitsexpertin Claudia Major schätzt die Chancen auf eine Wiederbelebung des ukrainischen Getreideabkommens mit Russland als gering ein. Angesichts neuer russischer Angriffe auf ukrainische Getreidehäfen kurz vor einem Treffen zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan scheine da "wenig Bereitschaft zu sein", sagte die Leiterin der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF.
Es sei schwer vorherzusagen, "ob es dem türkischen Präsidenten tatsächlich gelingt, Russland zu überzeugen, dieses Abkommen wieder aufzunehmen", sagte Major.
Moskau spielt "immer noch auf Sieg"
Die Expertin wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es regelmäßige Gesprächskanäle zu Russland und immer wieder Bemühungen um Verhandlungen gebe. "Doch Russland hat daran offensichtlich sehr wenig Interesse", sagte Major. Moskau spiele "immer noch auf Sieg".
Kremlchef Putin empfängt heute den türkischen Präsidenten Erdogan in der russischen Schwarzmeerstadt Sotschi. Bei ihren Gesprächen dürfte es vor allem um eine Wiederbelebung des Getreideabkommens gehen, das den Export von ukrainischem Getreide und anderer Lebensmittel über das Schwarze Meer ermöglicht hatte. Das Abkommen war unter Vermittlung Ankaras und der Vereinten Nationen zustande gekommen und im Juli von Moskau aufgekündigt worden.
Neue russische Drohnenattacken
Wenige Stunden vor dem geplanten Treffen der beiden Staatschefs griff Russland nach ukrainischen Angaben erneut die Hafeninfrastruktur am Schwarzen Meer und an der Donau an. "Dreieinhalb Stunden lang haben die russischen Terroristen den Süden des Gebietes Odessa mit Drohnen attackiert", schrieb der Militärgouverneur der Region, Oleh Kiper, bei Telegram. Zwar seien 17 Drohnen abgeschossen worden, es gebe aber auch mehrere Einschläge. So seien im Landkreis Ismajil Lagerräume, Produktionshallen, Industriebetriebe und landwirtschaftliche Geräte beschädigt worden.
Nach Angaben russischer Militärblogger wurde im Gebiet Odessa erneut die Hafeninfrastruktur im Donau-Delta attackiert. Dabei sei in der Hafenstadt Reni eine Ölanlage beschädigt worden. Unabhängig überprüfen lassen sich diese Angaben derzeit nicht.
Nach Auslaufen des Abkommens zur Ausfuhr ukrainischen Getreides über das Schwarze Meer hat Russland bereits mehrfach gezielt Häfen in der Ukraine beschossen. Daneben wurden am Morgen auch aus der Industrieregion Dnipropetrowsk Angriffe gemeldet. Durch einen Treffer in einem Infrastrukturobjekt sei ein Brand ausgebrochen, teilte Militärgouverneur Serhij Lyssak auf seinem Telegram-Kanal mit.
Nähere Angaben zu den Schäden machte er nicht. Sechs Drohnen seien abgeschossen worden. Tote und Verletzte soll es vorläufigen Angaben zufolge aber weder in der Region Odessa noch in Dnipropetrowsk gegeben haben.
Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete