Alexander Van der Bellen

Koalitionsverhandlungen in Österreich ÖVP und SPÖ setzen Gespräche zu zweit fort

Stand: 03.01.2025 20:25 Uhr

Nach den gescheiterten Gesprächen über ein Dreierbündnis wollen ÖVP und SPÖ nun zu zweit verhandeln - das gab Österreichs Bundespräsident Van der Bellen bekannt. Beide Parteien hätten jedoch nur eine Stimme Mehrheit im Parlament.

In Österreich wollen die ÖVP und die SPÖ zu zweit weiter über eine Regierungskoalition verhandeln. Das hätten die Chefs beider Parteien mitgeteilt, sagte Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Zuvor hatten die liberalen NEOS die seit Mitte November laufenden Gespräche über ein Dreierbündnis abgebrochen.

Van der Bellen hatte ÖVP-Chef und Kanzler Karl Nehammer nach der Wahl mit der Bildung einer Regierung beauftragt. Die soll nun wohl ohne die NEOS entstehen. Van der Bellen sagte, er wolle schnelle und umfassende Klarheit.

Zuvor hatte SPÖ-Chef Andreas Babler in Richtung ÖVP gesagt, seine Hand bleibe ausgestreckt. Nehammer äußerte sich öffentlich nicht konkret. In einem Video-Statement auf sozialen Netzwerken sagte er lediglich, Österreich brauche eine Zusammenarbeit der Kräfte der politischen Mitte.

ÖVP und SPÖ haben im Parlament eine Stimme Mehrheit. Ein Zweierbündnis gilt deshalb als instabil. Ob sie nun versuchen, die Grünen als dritten Partner zu gewinnen, blieb offen.

Gespräche mit NEOS geplatzt

Die FPÖ hatte die Nationalratswahl Ende September gewonnen, aber keine Koalitionspartner gefunden. ÖVP, SPÖ und NEOS verhandelten daraufhin über eine Regierungsbildung, doch am Vormittag ließ NEOS-Parteichefin Beate Meinl-Reisinger die Gespräche platzen.

Sie verglich die Verhandlungen mit dem Feilschen auf einem Bazar: "In den letzten Tagen aber ist der Eindruck in uns entstanden, dass in den zentralen Fragen - Sie wissen, dass es vor allem um die budgetären Fragen geht - leider nicht nur keine Fortschritte erzielt wurden, sondern eigentlich Rückschritte gemacht wurden."

Die ÖVP warf der SPÖ vor, für das Aus der Verhandlungen mit den NEOS verantwortlich zu sein. SPÖ-Chef Babler beschuldigte die NEOS, Parteitaktik vor Staatsinteressen gestellt zu haben.

Der größte Knackpunkt war der Haushalt. Österreich steckt in einer Rezession, die Wirtschaft muss angekurbelt werden. Doch dafür fehlt das Geld, das Land hat hohe Schulden. Die NEOS wollten deshalb die Ausgaben kürzen, die SPÖ wollte hingegen die Einnahmen erhöhen - durch die Einführung neuer Steuern.

FPÖ liegt in Umfragen vorne

Einigen sich ÖVP und SPÖ nicht auf die Regierungsbildung, könnten Neuwahlen anstehen. Dann wäre wohl mit einem erneuten Wahlsieg der rechten FPÖ unter ihrem umstrittenen Parteichef Herbert Kickl zu rechnen. Die FPÖ führt die Umfragen aktuell deutlich an.

Ihr Generalsekretär Michael Schnedlitz betonte, dass die Partei bereit sei zu regieren: "Wir Freiheitliche, wir stehen in alle Richtungen bereit. Denn wir wissen, dass nur ein Kanzler Herbert Kickl, ein freiheitlicher Kanzler, diesem Chaos ein Ende bereiten kann." Schnedlitz forderte den Rücktritt von Bundeskanzler Nehammer.

Nehammer hatte sich stets gegen eine Koalition mit der FPÖ unter Kickl ausgesprochen. Kickl von der Macht fernzuhalten, galt als ein Ziel der anvisierten Dreier-Koalition und dürfte nun auch ein Grund für die Entscheidung von ÖVP und SPÖ sein, weiter zu verhandeln.

Mit Informationen von Silke Hahne, ARD Wien

Silke Hahne, ARD Wien, tagesschau, 03.01.2025 20:00 Uhr

  

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 03. Januar 2025 um 21:20 Uhr.