Ein mit einer Drohne aufgenommenes Luftbild zeigt das überflutete Klodzko-Tal im süden Polens.

Hochwasser in Mitteleuropa Wie ein Paar in Polen den Fluten trotzt

Stand: 15.09.2024 14:45 Uhr

Im Grenzgebiet zwischen Tschechien und Polen müssen immer mehr Menschen vor den Fluten fliehen. Der Strom ist mancherorts ausgefallen. Einige bleiben und kämpfen gegen die Wassermassen. Ein Betroffener berichtet.

Am Samstagabend ist Grzegorz noch optimistisch. Gemeinsam mit anderen lädt er Sandsäcke von einem Transporter, um sein Haus in Laka Prudnicka an der polnisch-tschechischen Grenze zu schützen. Auf der Straße laufen sie da schon durchs Wasser, der Hof ist noch trocken. 

"Heute morgen war die Feuerwehr da, jetzt versuchen wir, allein klarzukommen. Die Bedingungen sind nicht gut, wir tun, was wir können", sagt er. Er bleibe, weil er hier Tiere habe. "Die Kinder haben wir zu meinen Eltern gebracht. Meine Frau und ich bleiben. Vielleicht wird es besser. Wir hoffen darauf."

Es wird nicht besser. In der Nacht auf Sonntag regnet es weiter. Die Flüsse führen bereits Hochwasser, wenn sie aus Tschechien nach Polen kommen. Hier gehen sie über die Ufer. Wir erreichen Grzegorz am Vormittag per Telefon.

"Es geht ja nicht nur um die Tiere"

"Gestern war ich noch optimistischer, aber das Hochwasser ist stärker als 1997. Es geht ja nicht nur um die Tiere. Das hier ist unser Lebenswerk", sagt er. "So etwas hat hier noch niemand gesehen, nicht mal die ältesten Nachbarn. Das ist mein Familienhaus, meine Großeltern und Eltern haben hier gewohnt und jetzt haben wir die Tragödie. Das Wasser geht im Hof bis zum Knie und ist ins Haus geflossen."

Er muss auflegen. Der Strom ist weg, der Akku fast leer. In Laka Prudnicka sieht es aus wie inzwischen in den meisten grenznahen Orten in Südpolen. Das Wasser steht in den Straßen und steigt weiter. Grzegorz kann sich noch aussuchen, ob er bleibt. Wer in direkter Nähe der Flüsse wohnt, wird immer öfter zwangsweise evakuiert.

Die Karte zeigt das polnische Laka Prudnicka an der Grenze zu Tschechien.

Auch die Armee ist im Einsatz

Neben Feuerwehr und Polizei ist auch die Armee im Einsatz, erklärt am Vormittag Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz: "Wo Bedarf ist, wird die Armee eingesetzt. Es stehen elf Hubschrauber zur Verfügung. Ein Teil konnte danke momentan ruhiger Wetterbedingungen schon ins bedrohte Gebiet fliegen."

Auch Amphibien- und Transportfahrzeuge stünden zur Verfügung, um Eingeschlossene zu retten. Premierminister Donald Tusk ist seit Freitagnacht im Katastrophengebiet. Die Menschen sollten jetzt gehen, in ein paar Stunden sei es vielleicht nicht mehr möglich, hatte er am Samstagabend appelliert. Am Sonntagmorgen muss er den ersten Todesfall bekannt geben.

Tausende von Stromausfällen betroffen

"Wir haben den ersten bestätigten Todesfall durch Ertrinken im Landkreis Klodzko." Es gebe Stromausfälle, die beträfen im Landkreis 17.000 Menschen. "Im Moment gibt es keine Möglichkeit, das schnell zu reparieren. Die Feuerwehr organisiert jetzt die Lieferung von Stromaggregaten. An vielen Orten gibt es auch kein Internet und Mobilfunk mehr", sagt Tusk.

Auch das Leitungswasser ist oft nicht mehr trinkbar. Grzegorz hatte berichtet, in der Nacht sei das Wasser kurz zurückgegangen, danach aber umso schneller angestiegen. Das liegt möglicherweise daran, dass erste Staubecken abgelassen werden müssen oder - wie in Miedzygorze - inzwischen schlicht überlaufen.

Während die Menschen im Grenzgebiet gegen das Wasser kämpfen oder fliehen, bereiten sich die Orte weiter flussabwärts vor. In Breslau/Wroclaw soll die Hochwasserwelle Mitte der Woche ankommen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 15. September 2024 um 13:13 Uhr.