Schüsse auf Fico Slowakischer Premier nach Attentat in Lebensgefahr
Der slowakische Regierungschef Robert Fico ist bei einem Attentat lebensgefährlich verletzt worden. Auf ihn wurden fünf Schüsse auf offener Straße abgegeben. Der Innenminister spricht von einem politischen Motiv.
Der slowakische Regierungschef Robert Fico ist bei einem Attentat mit einer Schusswaffe lebensgefährlich verletzt worden. Der 59-Jährige sei mit einem Helikopter in ein Krankenhaus geflogen worden, erklärte das Büro der slowakischen Regierung. Am Abend sagte Verteidigungsminister Robert Kalinak auf einer Pressekonferenz, Fico werde zur Stunde noch operiert. Sein Zustand sei weiterhin sehr schlecht.
Das Attentat ereignete sich gegen 14.45 Uhr in der Stadt Handlova, rund 150 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Bratislava. Ein Reporter der Tageszeitung "Dennik N" berichtete, dass Rettungskräfte Fico in einen Wagen trugen, nachdem er niedergeschossen worden war. Der slowakische Innenminister Matus Sutaj Estok erklärte, ein Verdächtiger sei noch am Tatort in Gewahrsam genommen worden. Der Minister geht von einer politischen Motivation für die Tat aus.
Augenzeugin: Täter hat auf Fico gewartet
Augenzeugen schilderten ihre Beobachtungen der Tat: "Kurz bevor ich ihm die Hand geben wollte, habe ich vier Schüsse gehört. Robert fiel auf den Boden", sagte ein Mann dem slowakischen Sender RTVS. Der Täter habe von hinten geschossen. Eine Frau sagte dem öffentlich-rechtlichen Sender, der spätere Täter habe eine Weile auf Fico gewartet.
Als Fico aus einem Haus kam und dort wartenden Menschen die Hände schütteln wollte, habe ihn der erste Schuss in die Brust getroffen, berichteten andere Zeugen dem Sender TA3. Ein RTVS-Reporter, der den Täter nach der Festnahme aus der Nähe sehen konnte, schilderte ihn als älteren Mann. Er habe desorientiert gewirkt. Laut TA3 soll es sich bei dem Täter um Juraj C., einen ehemaligen Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes handeln. Offiziell bestätigt wurde das zunächst nicht.
Sicherheitskräfte halten den mutmaßlichen Täter nach dem Angriff fest.
Europäische Politiker reagieren entsetzt
Der Angriff löste international Bestürzung aus. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach auf der Plattform X von einem "feigen Attentat", das ihn sehr erschüttere. "Gewalt darf keinen Platz haben in der europäischen Politik", so Scholz weiter. Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, verurteilte den Angriff auf X als "abscheulich". Derartige Gewalttaten würden die Demokratie untergraben, schrieb von der Leyen.
Auch US-Präsident Joe Biden äußerte sich zu dem Attentat. Er verurteilte die "schreckliche Gewalttat". "Unsere Gedanken sind bei seiner Familie und dem slowakischen Volk", hieß es aus dem Weißen Haus. Russlands Präsident Wladimir Putin ließ mitteilen: "Ich kenne Robert Fico als mutigen und willensstarken Mann. Ich hoffe sehr, dass diese Eigenschaften ihm helfen, diese schwierige Situation zu überstehen."
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der ukrainische Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj und weitere europäische Spitzenpolitiker reagierten ebenfalls schockiert auf das Attentat. Polens Regierungschef Donald Tusk schrieb auf X: "Robert, meine Gedanken sind in diesem sehr schwierigen Moment bei dir."
Parlamentssitzung unterbrochen
Der stellvertretende slowakische Parlamentspräsident Lubos Blaha bestätigte den Zwischenfall während einer Sitzung im Abgeordnetenhaus, die daraufhin auf unbestimmte Zeit unterbrochen wurde, wie die Nachrichtenagentur TASR berichtete.
Ficos Partei SMER hatte die Parlamentswahlen Ende September 2023 mit einem russlandfreundlichen Programm gewonnen. Er hatte unter anderem angekündigt, er wolle "keine Patrone" mehr an Waffen an die Ukraine liefern. Der Linkspopulist war bereits von 2006 bis 2010 und von 2012 bis 2018 Premierminister der Slowakei.
Ficos Kurs in der Kritik
Kritiker befürchten, dass die Slowakei unter Fico ihren prowestlichen Kurs aufgeben und sich an Ungarn und dessen populistischen Regierungschef Viktor Orban orientieren könnte. Zuletzt hatte es immer wieder Proteste in der Slowakei gegen die Politik Ficos gegeben. Das Klima zwischen Regierung und Opposition gilt als vergiftet.
In Folge des Attentats sagten die größten Oppositionsparteien - die Progressive Slowakei und die Partei Freiheit und Solidarität - eine geplante Demonstration gegen eine von der Regierung geplante, umstrittene Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ab. Politiker beider Parteien verurteilten das Attentat, unter ihnen auch die Staatspräsidentin Zuzana Caputova. "Jegliche Gewalt ist inakzeptabel. Die hasserfüllte Rhetorik, derer wir in der Gesellschaft Zeuge geworden sind, führt zu hasserfüllten Aktionen", sagte Caputova in einer Fernsehansprache.
Der Innenminister Matus Sutaj Estok rief angesichts der Tat zur Mäßigung auf. Die Schüsse seien ein "Attentat auf die Demokratie". Es sei nun die gemeinsame Aufgabe aller in der Slowakei, die Verbreitung politischen Hasses sofort zu beenden. Über den Schützen gibt es bislang keinerlei Informationen.