Cannabis Tschechien setzt auf Legalisierung
Prag gilt manchen Cannabis-Konsumenten bereits als das "Amsterdam des Ostens". Jetzt plant die tschechische Regierung, die Droge weiter zu legalisieren. Die Pläne sind umfassender als in Deutschland - und ebenso umstritten.
Adam und seine Freunde beobachten den Sonnenuntergang in einem Prager Park. Anders als viele um ihn herum, hat der 18-Jährige kein Bier in der Hand, sondern einen Joint. "Alkohol mach die Leute aggressiv, Zigaretten schnell abhängig, aber Marihuana sorgt dafür, dass sie sich glücklich fühlen und am nächsten Tag arbeiten können", sagt er.
60 bis 70 Prozent der tschechischen Jugendlichen haben Erfahrung mit Cannabis, schätzen Experten. Das ist deutlich mehr als in Deutschland. In Umfragen halten fast zwei Drittel der Tschechinnen und Tschechen den Konsum dieser Droge für moralisch akzeptabel - deutlich mehr als noch vor ein paar Jahren.
Auch Adam ist dafür, dass Cannabis legalisiert wird. Denn in den vielen Hanfläden in Prag wisse er nie genau, was er bekomme. "Ich wende mich an einen Bekannten. Ich weiß, dass dieser Typ Pflanzen hat und das Cannabis nicht mit irgendeiner Droge versetzt ist", sagt er.
Anbau erlaubt, öffentlicher Konsum verboten
Vor 13 Jahren hat Tschechien den Konsum von Cannabis entkriminalisiert. Erlaubt wurde der Anbau von fünf Hanfpflanzen für den Eigenbedarf und ursprünglich 15 Gramm Marihuana. Wegen des gestiegenen THC-Gehalts liegt die Grenze inzwischen bei zehn Gramm. Bis zu dieser Menge stellt der Besitz von Cannabis nur eine Ordnungswidrigkeit dar. Der Konsum in der Öffentlichkeit ist dennoch offiziell verboten.
Jetzt will die Regierung weitergehen, erklärt der Drogenbeauftragte Jindrich Voboril: "Verbote sind keine Lösung, denn wir haben hier einen etablierten Schwarzmarkt. Ich bin fest davon überzeugt, dass ein streng kontrollierter Markt der bessere Weg für die Prävention ist."
Verkauf soll eingeschränkt erlaubt werden
Im April hat die tschechische Regierung einen neuen Plan zur besseren Bekämpfung von Drogensucht beschlossen. Ein Teil davon ist die Freigabe von Cannabis. Laut dem Drogenbeauftragten soll der kommerzielle Hanfanbau durch Lizenzen reguliert werden. Den privaten Anbau will Voboril auf drei Quadratmetern erlauben. Apotheken sollen Marihuana verkaufen dürfen, genau wie Clubs und Spezialgeschäfte. Dort sollen sich Nutzende ab 18 Jahren registrieren dürfen.
Mit den Einnahmen aus dem legalen Cannabisgeschäft will der Staat dann die Prävention stärken. Suchtexperten wie Petr Popov vom Prager Universitätskrankenhaus bleiben allerdings skeptisch. "Jede Legalisierung von Drogen hat in der Geschichte zu einem Anstieg der Zahl der Konsumenten geführt", sagt Popov. Das erwarte er jetzt auch. "Außerdem nimmt die Zahl der Cannabis-Patienten bei uns jetzt schon zu, weil die Droge heute deutlich mehr psychoaktive Substanzen enthält als früher."
Legalisierung bereits im kommenden Jahr?
Zurzeit arbeiten Experten an den Details des Gesetzes. Kommendes Jahr könnte die Legalisierung in Kraft treten, wenn wirklich alle Parteien der konservativ-liberalen Koalition zustimmen.
Und wenn das Vorhaben nicht an internationalem Recht scheitert, so der Drogenberater der Regierung, Jan Martin Pad'ouk. "Da sind auf der einen Seite UN-Konventionen und auf der anderen Seite die Schengen-Regeln." Jedes EU-Land versuche, das auf seine Weise zu lösen. "Deutschland scheint etwas zurückhaltender zu sein. Aber ich hoffe weiterhin, dass es bei uns funktionieren wird", so Pad’ouk.
In Tschechien gibt es laut der Regierung etwa 100 Unternehmen, die Cannabis anbauen und auch nach Deutschland exportieren könnten - falls die Bundesregierung den Import erlaubt.