Kämpfe in Saporischschja Ukraine befreit angeblich Pjatychatky
Das Dorf Pjatychatky in der Region Saporischschja soll von der Ukraine zurückerobert worden sein. Das behauptet ein von Russland eingesetzter Statthalter. Doch vieles zur Situation bleibt unklar und widersprüchlich.
Aus dem Gebiet Saporischschja werden schwere Gefechte zwischen vorstoßenden ukrainischen Einheiten und der russischen Armee gemeldet. Dabei soll das Dorf Pjatychatky von ukrainischen Einheiten befreit worden sein. Dies meldet zumindest der von Russland eingesetzte Verwaltungsbeamte Wladimir Rogow in seinem Telegram-Kanal. "Die wellenartigen Offensiven des Feindes waren trotz enormer Verluste erfolgreich." Hunderte ukrainische Soldaten seien getötet worden.
Der Ort werde nun von russischer Artillerie beschossen, teilte Rogow weiter mit. Ziel sei es, die Truppen einzukesseln und zu vernichten.
Russland hatte die Region Saporischschja in Teilen eingenommen und annektiert. Die gleichnamige Gebietshauptstadt und andere Teile stehen noch unter ukrainischer Kontrolle.
Zwei ukrainische Angriffskorridore?
Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" gibt es im Gebiet Saporischschja zwei Angriffsachsen der ukrainischen Armee, die beide Richtung Süden zeigen. Der weiter westlich liegende Vorstoß rund um Orichiw habe vermutlich die schwer befestigte Stadt Tokmak zum Ziel. In diesem Kampfgebiet liegt Pjatychatky.
Nach Einschätzung des Militärexperten Gustav Gressel von der Denkfabrik ECFR wird jeder ukrainische Angriff derzeit mit russischen Gegenangriffen beantwortet, so dass Ortschaften teils mehrfach erobert und wieder verloren werden. Dabei setze die russische Seite vielfach auf besser ausgebildete Einheiten.
Die zweite Angriffsachse rund um Welyka Nowosilka verzeichnete nach Darstellung der Ukraine bisher die größeren Gebietsgewinne. Von knapp einer Woche wurde die Befreiung einiger Dörfer vermeldet.
Keine Details aus Kiew
Eine Bestätigung der Einnahme Pjatychatkys von ukrainischer Seite gibt es nicht. Dies ist nicht ungewöhnlich, da die Kiewer Behörden derzeit generell weniger öffentlich machen, um die vermutlich begonnene Gegenoffensive nicht zu gefährden.
Die ukrainischen Streitkräfte berichteten lediglich von Kämpfen an mehreren Abschnitten der Front. Russische Einheiten griffen bei Bachmut, Awdijiwka, Marinka und Lyman an. Außerdem wurden Aufnahmen verbreitet, die einen Angriff auf ein russisches Munitionsdepot nahe der Stadt Henitschek im besetzten des Teil des Gebiets Cherson zeigen sollen.
Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
Nach Darstellung des Verteidigungsministeriums in Moskau wurden sowohl im Gebiet Saporischschja als auch weiter östlich Richtung Donezk alle ukrainischen Angriffe zurückgeschlagen.
Als Beleg wurden erneut Drohnenvideos von Militärfahrzeugen gezeigt, die durch Artilleriebeschuss oder Drohnenangriffe zerstört werden. Die Aufnahmen lassen sich weder zeitlich noch örtlich zuordnen.
Freuding: Russische Verteidigung gut vorbereitet
Bundeswehr-General Christian Freuding warnte im Bericht aus Berlin vor zu hohen Erwartungen an die ukrainische Gegenoffensive. Zwar sehe man erste Angriffserfolge der ukrainischen Einheiten, aber die russische Verteidigung sei sehr gut vorbereitet.
Langfristig wollte er sich bei den Erfolgsaussichten nicht festlegen. Die Ukraine zahle seit mehr als 400 Tagen einen hohen Preis, da müsse man aufpassen, nicht von der "Berliner Sommerterrasse" aus die Taktik und das Vorgehen zu bewerten.
London: Hohe Verluste auf beiden Seiten
Nach der öffentlichen Einschätzung des britischen Verteidigungsministeriums kommt die ukrainische Gegenoffensive nur langsam und unter hohen Verlusten auf beiden Seiten voran. Die heftigsten Kämpfe tobten in der Region Saporischschja, um Bachmut und weiter westlich in der Region Donezk, twitterte das Ministerium.
Die ukrainischen Truppen hätten kleinere Fortschritte erzielt, die russische Verteidigung sei im Süden jedoch recht wirkungsvoll.
Ukrainischer Offizier mit gedämpften Hoffnungen
Ein an der Front eingesetzter ukrainischer Offizier warnte indes davor, die ukrainische Gegenoffensive mit Erwartungen an ein Kriegsende zu verbinden. "Bis dahin ist es noch ein langer Weg", sagte der an der Front im Donbass eingesetzte Oberstleutnant Serhij Osatschuk dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Zum Verlauf der Angriffe in seinem Frontabschnitt äußerte er sich positiv - die Streitkräfte rückten jeden Tag weiter vor. Vergleiche man den Krieg in der Ukraine mit dem Ersten Weltkrieg, "dann befinden wir uns im Jahr 1916, nicht weiter", sagte der promovierte Historiker.